Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
mich wie ein Kind, das vor Monstern Angst hat. Nur sind es in meinem Fall ausgewachsene, muskulöse Monster, die vor nichts zurückschrecken.
Das ist lächerlich. Aber trotzdem. Nur um sicherzugehen, werfe ich einen Blick unter das Bett. Ein paar Staubbälle, mehr finde ich nicht. Anscheinend wird dort nur selten saubergemacht.
Jetzt fehlen nur noch der Schrank und das kleine Badezimmer. Ich will mich gerade dorthin bewegen, als mir etwas einfällt. Die Pistole! Mit zwei schnellen Schritten bin ich bei meinem Koffer, wühle in der Unterwäsche, und dann liegt sie auch schon kalt und schwer in meiner Hand.
Langsam gehe ich auf den Schrank zu, die Waffe senkrecht in der Luft, so wie man es immer im Fernsehen sieht. Ziehe vorsichtig die Tür auf. Und atme erleichtert aus. Hier ist niemand. Bleibt nur noch das Badezimmer. Auf Zehenspitzen schleiche ich zur Tür. Bleibe stehen. Versuche herauszufinden, ob sich jemand in dem kleinen Raum versteckt, bevor ich hineingehe. Nichts. Ich starre auf den Duschvorhang, der unbeweglich vor mir hängt.
Wie hieß noch mal der scheußliche Hitchcock-Thriller? Ich muss schlucken, als ich an den Film denke. Strecke die Pistole aus und berühre mit ihr den Vorhang, schiebe ihn beiseite. Leer. Gut! Ich kann wieder atmen. Hatte gar nicht gemerkt, dass ich die Luft angehalten habe.
Etwas ruhiger mache ich mich daran, in meinem Koffer nach etwas zum Anziehen zu suchen. Etwas, was den Temperaturen des deutschen Sommers angemessener ist als das schwarze Kleidchen, das ich auf Ibiza getragen habe.
Nachdem ich mich geschminkt und gestylt habe, fühle ich mich besser. Ist doch erstaunlich, was die Platinkollektion von Shiseido bewirken kann, denke ich, als ich in den Spiegel schaue und zufrieden registriere, wie gut die Schatten unter meinen Augen vom Make-up verdeckt werden. Ich sehe aus, als hätte ich mehrere Stunden erholsamen Schlaf hinter mir.
Als Nächstes mache ich etwas, was ich schon in etlichen Filmen gesehen habe. Ich verteile Haare von mir, und zwar so, dass es mir auffallen wird, wenn jemand in diesem Raum war, der hier nichts zu suchen hat. Und so klebe ich ein Haar quer über die Schranktür, eines über die Tür zum Badezimmer und dann sichere ich den Koffer auf die gleiche Weise. Vor die Tür hänge ich das Schild „Bitte nicht stören“, damit das Zimmermädchen nicht auf die Idee kommt, sauber zu machen.
Nachdem ich das erledigt habe, setze ich mich mit meinem Netbook an den kleinen Tisch, der am Fenster steht. Von hier aus habe ich freie Sicht auf die Seitenstraße, in der das Hotel liegt. Nachdenklich mustere ich die wenigen Fußgänger, die dort unterwegs sind. Ich muss zu einem Entschluss kommen, meine nächsten Schritte planen. Wie ich Antonio versprochen habe, werde ich zur Polizei gehen, aber nicht heute. Erst muss ich herausfinden, wer hinter all dem steckt und dann der Polizei die Hinweise zukommen lassen. Auf diese Weise hoffe ich, einer Anklage zu entgehen.
„Vielleicht versucht Ron, dir etwas anzuhängen“, hallen Antonios Worte in meinem Kopf nach. Seit ich den Pullover gefunden habe, bin ich davon ausgegangen, dass er der Täter sein muss. Dann aber geht mir eine andere Bemerkung von Antonio durch den Kopf: „Gehe niemals von irgendwelchen Annahmen aus. Nur weil etwas logisch erscheint, muss es noch lange nicht die richtige Lösung sein. Suche nach den Fakten.“
Mit einem Seufzer öffne ich mein Word-Programm, um die Fakten zu notieren. Als ich die Liste schwarz auf weiß vor mir sehe, wird mir eines klar: Ich brauche mehr Informationen.
30
Der nächste Morgen beginnt regnerisch. Im Stillen wünsche ich mich nach Ibiza zurück. Stattdessen stecke ich mitten in der Großstadt, in der Hochbetrieb herrscht. Die samstägliche Einkaufswut sorgt dafür, dass in der nahe gelegenen Innenstadt ein Verkehrschaos herrscht. Auch hier in der kleinen, relativ ruhigen Nebenstraße im Westend kann man den Verkehr hören, der sich nicht weit von mir entfernt die Bockenheimer Landstraße entlangwälzt. Hier aber fahren nur wenige Autos. Das undurchsichtige Gewirr der Einbahnstraßen im Westend sorgt dafür, dass sich selten Fahrer hineinwagen.
Den Z3 habe ich in der Nähe der Tiefgarage abgestellt, in der Ron seinen Mercedes parkt. Ich möchte seinem Büro einen Besuch abstatten, in der Hoffnung, an Rons Safe zu kommen. Vielleicht bewahrt er dort Unterlagen auf, die mir weitere Informationen liefern können. So wie ich Ron kenne, hat er diesen Safe
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