Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
verspreche ich dir.“
29
Der Zug fährt ruckelnd an, wird durch mehrere Weichen geleitet und gewinnt langsam an Fahrt. Erschöpft starre ich aus dem Fenster. Es ist kurz nach ein Uhr mittags, und ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan. Vor mir liegt eine lange Reise, über zwanzig Stunden braucht der Zug von Valencia nach Frankfurt. Zum Glück war José so nett, mich hierher zu fliegen, denn von Denia aus hätte ich noch länger gebraucht. Mein Auto habe ich auf Ibiza zurückgelassen. Ich werde es, sobald dieser Alptraum hinter mir liegt, abholen oder jemanden anheuern, der es nach Frankfurt fährt.
Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn irgendwann lässt mich ein ungewohntes Geräusch hochschrecken. Wo bin ich? Der Blick aus dem Fenster zeigt einen grauen Himmel. Felder, die vorbeisausen. Das Getöse wird lauter, bis ich endlich das Handy finde, das Anna mir gegeben hat, und den Wecker abstellen kann. Ich muss bald umsteigen. Schlaftrunken rappele ich mich auf. Zum Glück habe ich nur meine Handtasche dabei und muss mich nicht mit einem Koffer abschleppen. Der Zug wird langsamer und kommt mit einem lauten Schnaufen zum Stehen.
Draußen auf dem Bahnsteig ist es kalt. Offiziell ist Sommer, aber hier in Narbonne ist davon nichts zu merken. Ich friere in meinem dünnen Kleid, stolpere müde in einen anderen Zug. Finde ein leeres Abteil und setze mich ans Fenster. Ich habe noch eine lange Fahrt vor mir. Dieses Mal gelingt es mir nicht einzuschlafen. Stattdessen suche ich nach der Antwort auf die Frage, wie Ron in dieses Puzzle passt. Ich bin noch nicht allzu weit gekommen, als mein Handy klingelt.
„Wie geht es dir?“, fragt Anna, kaum dass ich das Gespräch entgegengenommen habe.
„Gut. Müde. In ein paar Stunden bin ich in Frankfurt. Hat Antonio noch irgendetwas rausgekriegt?“
„Nein. Er hat die beiden ziemlich lange verhört, aber sie haben alles abgestritten. Sagten, sie wollten nur bei einem Freund vorbeischauen und hätten sich im Haus geirrt. Von der Beschreibung her, die du ihm gegeben hast, glaubt er, dass es Blondie und Rambo waren. Ihre Namen lauten natürlich anders. Leider sind sie nicht als Kriminelle im System erfasst. Was nicht viel heißen muss.“
„Schade, ich hätte zu gerne gewusst, wie sie mich gefunden haben.“
„Ja, das wollte Antonio auch herausfinden. Er ist sich aber ziemlich sicher, dass sie dich über dein Handy geortet haben. Dein Auto ist jedenfalls in Ordnung, dort war kein Sender versteckt.“
„Okay, da kann man nichts machen. Danke für eure Hilfe! Ich weiß gar nicht, wie ich das jemals wieder gutmachen soll.“
„Mach dir keine Sorgen, mir wird schon was einfallen. Sieh du lieber zu, dass du gesund nach Hause kommst. Und pass auf dich auf!“
Anna beendet das Gespräch, und ich verstaue das Handy, bin bei Weitem nicht so gelassen, wie ich mich ihr am Telefon gegenüber gab. Ich habe Angst davor zurückzukehren, aber ich weiß nicht, was ich sonst tun soll. Eines ist mir klargeworden, ich muss herausfinden, was hier gespielt wird, wenn ich wieder ein normales Leben führen möchte.
Um elf Uhr am nächsten Morgen komme ich endlich in Frankfurt an. Ich fühle mich staubig von der langen Reise, verdreckt, und freue mich auf eine Dusche in meinem Hotel. Als Erstes aber miete ich mir einen Wagen. Zum Glück habe ich Rons Sixt-Platincard bei mir. Diese beschert mir nicht nur das beste Auto, das die Mietwagenfirma zur Verfügung stellen kann, sondern gewährleistet außerdem, dass sein Name als Mieter in den Papieren auftaucht.
Kurz darauf kehre ich in mein Hotel zurück. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen gehe ich die Stufen hinauf. Niemand weiß, dass ich wieder in Frankfurt bin, versuche ich mich selbst zu beruhigen. Aber ich glaube mir nicht. In Ibiza haben sie mich auch gefunden, wispert eine Stimme in meinem Kopf. Ich habe Angst und muss mich zwingen, die wenigen Schritte den Flur entlang zu meinem Zimmer zurückzulegen.
Vorsichtig öffne ich die Tür, bleibe auf der Schwelle stehen und lausche. Dann mache ich einen Schritt nach vorne, sodass ich hineinschauen kann. Erst als ich mir sicher bin, dass sich niemand darin aufhält, wage ich mich ganz hinein. Mein Herz klopft heftig in meiner Brust, als ich mich vorwärts taste, bis ich endlich mitten im Zimmer stehe.
Der kleine Raum ist leer und verlassen. Es ist ruhig hier oben, nur von der Straße schallen Geräusche herauf. Vielleicht sollte ich unter dem Bett nachschauen? Ich fühle
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