Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
und rausche an ihr vorbei. Schneller, als man es ihr zutrauen würde, wuselt sie um ihren Tisch herum. Stellt sich mir in den Weg. Was denkt die Frau sich eigentlich?
„Das geht nicht. Herr Krämer hat mir explizite Anweisungen gegeben, dass Sie hier nicht mehr erwünscht sind.“
„Hat er das?“ Mit hochgezogenen Augenbrauen mustere ich sie herablassend. Das kann ich gut, auch wenn ich mich innerlich wie ein kleines Mädchen fühle, das sich am liebsten hinter dem Rockzipfel seiner Mutter verstecken würde.
„Ja. Bitte gehen Sie jetzt, sonst muss ich die Wachleute rufen.“ Wie ein kampfbereiter Terrier sieht sie mich mit eisernem Blick an. Die Frau ist zu allem bereit, um Ron vor mir zu schützen. Er kann sich glücklich schätzen. Mit einem Seufzer trete ich den Rückzug an. Das hatte ich mir anders vorgestellt, aber ich bin noch nicht bereit aufzugeben. Also wende ich mich nach links, kaum dass ich das Gebäude verlassen habe, und schleiche mich den schmalen Gang entlang, der in den Hinterhof führt. Vielleicht hat Ron sein Fenster aufgelassen. Da die Räume im Erdgeschoss liegen, könnte ich so in sein Büro gelangen. Ein bisschen mulmig ist mir bei dieser Idee, aber andererseits geht es darum, mein Leben zurückzugewinnen.
Da ist es. Das Fenster zu Rons Büro. Und es ist offen! „Danke, Gott“, murmele ich, froh darüber, dass Ron Klimaanlagen hasst. Jetzt muss ich nur noch hineinkommen. Aber das ist nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte. Trotz der Lage im Erdgeschoß ist der Fenstersims ziemlich hoch. Mit einem Ächzen stemme ich mich empor, bekomme die Knie auf die Fensterbank und bin gerade dabei, die Scheibe sachte zurückzustoßen, damit ich hineinkann, als … Scheiße!
Hastig trete ich den Rückzug an, schramme mir das Knie auf, als ich unsanft auf dem Beton lande. Ich warte nicht ab, ob Frau Gardner mich gesehen hat, sondern spurte los zu meinem Auto. Nichts wie weg hier.
Gedankenverloren schlängele ich mich durch den Irrgarten des Frankfurter Westends, reagiere automatisch auf den Verkehr, während ich über meine Aktion nachdenke. Das war ein Reinfall. Hoffentlich hat sie mich nicht gesehen! Allein der Gedanke daran, wie ich an dem Sims hing, gerade durch das Fenster einsteigen wollte, lässt eine heiße Röte in mir hochsteigen. Am liebsten würde ich vor Scham im Erdboden versinken. Und das nicht nur, weil mir die ganze Aktion peinlich ist. Nein, Ron soll nichts davon erfahren. Es ist mir wichtig, ihn im Ungewissen zu lassen. Wenn er erst einmal weiß, dass ich hinter ihm herschnüffele, wird er sehr vorsichtig werden.
Mit einer unzufriedenen Grimasse bremse ich vor einer roten Ampel, warte mit etwa fünfzig anderen Autofahrern auf die Grünphase. Nachdem dieser Plan fehlgeschlagen ist, werde ich mir etwas anderes überlegen müssen. Ich war mir ohnehin nicht sicher, ob ich in Rons Büro etwas finden würde. Es wäre mir allerdings lieber gewesen, herauszufinden, ob sich mein kleiner Einbruch gelohnt hätte.
Nachdem ich diesen Punkt nicht zu meiner Zufriedenheit klären konnte, gehe ich in meiner gedanklichen Liste weiter. Es gilt herauszufinden, wer seine neue Freundin ist. Da wir dabei sind, unser Haus zu verkaufen und ich nicht mehr dort wohne, wird auch Ron seine Freizeit nicht mehr in unseren vier Wänden verbringen. Ron ist kein Einzelgänger und vor allem kein Mann, der seine eigene Wäsche wäscht oder sich sein Essen selbst zubereitet. Nein. So wie ich ihn kenne, wird er bei seiner Freundin wohnen oder im Hotel. Und ich möchte wissen, wo das ist. Was er außerhalb der Arbeitszeiten treibt.
Mit ein bisschen Glück kann ich ihn dabei beobachten, wie er sich mit zwielichtigen Gestalten trifft , denke ich zynisch. Und vielleicht belastende Gespräche auf Tonband aufnehmen. Mit einem Schulterzucken schüttele ich diese Gedanken ab. Ironische Selbstgespräche helfen mir nicht weiter. Besser ist, wenn ich mich auf die Fakten konzentriere, die ich noch herausfinden kann. Und dazu gehört, dass ich mich für heute Abend mit Ron verabrede.
31
Wann kommt er endlich? Nicht zum ersten Mal in meinem Leben warte ich auf Ron. Und genau wie sonst auch, macht es mich wütend. Was bildet sich dieser Idiot eigentlich ein? Wenn ich nicht herausfinden wollte, wo er sich zurzeit aufhält, wäre ich längst wieder verschwunden. So aber sitze ich im Auto und warte darauf, dass er zu unserem Treffen nach Höchst kommt.
Ich parke in einer versteckten kleinen Parkbucht, die in
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