Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
der Nähe des Abstellplatzes liegt, auf dem die Restaurantgäste normalerweise ihre Autos lassen. Von hier aus kann ich Ron beobachten, der dort seinen Wagen abstellen wird, denn es ist der einzige Ort, von dem aus man das kleine Weinlokal bequem per Fuß erreichen kann.
Und dann werde ich ihm folgen, nachdem er im Restaurant vergeblich auf mich gewartet hat und sich auf den Heimweg macht. So, wie es im Moment aussieht, bin ich allerdings diejenige, die sich vergeblich hierher bemüht hat.
Allmählich werde ich nervös. Ich will diese Sache hinter mich bringen und mein Leben neu beginnen. Aber scheinbar ist das nicht so einfach. Der Parkplatz ist fast leer, die Geschäfte haben geschlossen, nur die Kneipen und Restaurants ziehen jetzt noch Besucher an. Wo bleibt Ron?
Die Minuten ziehen sich wie Kaugummi. Gott, ist das langweilig! Ich gebe ihm noch fünf Minuten, dann fahre ich ins Hotel und hake die Sache ab. Noch vier Minuten. Noch drei. Noch … Ein Auto fährt auf den Parkplatz, ein schwarzer BMW. Fast geräuschlos gleitet er über den Asphalt. Fährt dichter an mir vorbei, als mir lieb ist. Ich rutsche in dem Sitz nach unten. Hoffentlich sehen sie mich nicht. Meine Hoffnung, Ron würde alleine kommen, weil er mit diesen dunklen Gestalten nichts zu tun hat, zerplatzt wie eine Seifenblase.
Und dann höre ich auch schon Rons Mercedes. Das leise Schnurren ist unverwechselbar. Der schwarze Schatten schiebt sich neben den BMW und hält an. Ron steigt aus. Die Fahrertür des anderen Autos öffnet sich ebenfalls. Ein dunkelhaariger Mann kommt zum Vorschein. Ron geht auf den Mann zu, unterhält sich mit ihm, um dann wenig später zu unserem Treffpunkt zu gehen.
Galle steigt meine Kehle empor. Ein schwarzer BMW, der gleiche wie auf Ibiza. Schon wieder. Im Geiste höre ich das Kreischen der Reifen in der Tiefgarage, die Stimme des alten Mannes. „Diese jungen Leute heutzutage. Kaum haben sie den Führerschein, schon denken sie, sie wären Michael Schumacher.“ Nur, dass sich dieser Mann nicht für Michael Schumacher hielt, sondern offenbar in Rons Auftrag handelte.
Ich hole tief Luft. Trinke einen Schluck aus der Wasserflasche, die ich dabei habe. Versuche, mich zusammenzureißen, denn ich muss nachdenken. Ron kann ich nicht mehr folgen, jetzt, nachdem sein Komplize auf mich wartet. Wie komme ich von hier weg, ohne dass er mich sieht und mich verfolgt, um das zu Ende zu bringen, was das letzte Mal nicht geklappt hat? Was, wenn er beginnt, die Autos nach mir abzusuchen?
Noch einmal tief durchatmen. Keine Panik. Ich muss von hier verschwinden, und zwar schnell, denn der Dunkelhaarige dreht sich gerade um, mustert die wenigen Fahrzeuge, die auf dem Parkplatz stehen. Bald wird er auch in meiner Parkbucht nachsehen.
Rons Komplize lässt sich Zeit, betrachtet jedes Fahrzeug ganz genau. Als er mir den Rücken zukehrt, nutze ich die Gelegenheit. Öffne vorsichtig die Autotür, schlüpfe hinaus und lehne sie sachte an. Kein Geräusch jetzt . Ich drücke mich an den Wagen und taste mich langsam nach hinten. Dann bin ich ganz nah an dem rettenden Gewirr der Gässchen, die sich gleich hinter mir erstrecken.
Ich wage einen Blick zurück. Was ein Fehler ist, denn jetzt sehe ich, dass er neben seinem Wagen steht und angespannt in meine Richtung schaut. Steig wieder ein. Los, steig ein! Ich bin’s nicht, rufe ich ihm in Gedanken zu .
Ich muss weg von hier. Schnell. Aber meine Beine reagieren nicht, bleiben wie angewurzelt stehen. Und dann kommt er auf mich zu. Kommt näher. So nahe, dass ich die Narben in seinem Gesicht erkennen kann. Endlich reiße ich mich los. Drehe mich um und renne.
Nur wenige Lampen erhellen die Dämmerung, die allmählich in Nacht übergeht. Meine Schritte hallen auf dem Kopfsteinpflaster. Ich renne so schnell ich kann, aber ich bin nicht in Höchstform. Ein Blick über meine Schulter zeigt, wie er aufholt. Schneller. Ich muss schneller sein als er. Mein Atem kommt nur noch stoßweise, vermischt sich mit Schluchzern, denn ich weiß, ich kann das Tempo nicht mehr lange durchhalten. Es ist nur noch eine Frage von Minuten, bis er mich einholt.
Ich kann seine Schritte hören, dicht hinter mir. Ich schaue zurück, muss wissen, wie viel Vorsprung ich habe, muss …
„Hoppla, junge Frau.“
Der Aufprall wirft mich fast um, ich taumele zurück. Japse nach Luft.
„Es … es tut mir leid“, presse ich schließlich heraus.
„Ist ja nichts passiert.“ Der Unbekannte klopft mir unbeholfen auf die
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