Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
gibt Gas, noch bevor wir angeschnallt sind, und fährt mit quietschenden Reifen los. Anna zieht ihr Handy aus der Tasche und beginnt zu telefonieren, rattert wie ein Maschinengewehr Erklärungen herunter. Zumindest glaube ich, dass es Erklärungen sind, denn auch jetzt spricht sie spanisch. Dann beendet sie das Gespräch, wählt sofort erneut, noch bevor ich etwas sagen kann. Wieder ertönt ein Gewirr an spanischen Sätzen. Nach einer Weile ist sie fertig, dreht sich zu mir und grinst.
„Dein mysteriöser Verfolger wird eine böse Überraschung erleben“, verkündet sie und lehnt sich zufrieden zurück.
„Hast du Antonio angerufen?“
Anna nickt. „Ja. Er wird dafür sorgen, dass er die Nacht in einer Zelle verbringt. Um nüchtern zu werden.“
„Woher weiß er, dass er betrunken ist?“
„Wenn er ihn schnappt, wird er betrunken sein. Glaube mir.“
„Er ist bestimmt ziemlich wütend auf mich, weil ich dich in die ganze Sache hineingezogen habe.“
Anna zuckt mit den Schultern. „So richtig erfreut war er nicht, das ist ja klar. Aber er macht sich natürlich auch um dich Sorgen. So wie es aussieht, bist du nicht einmal hier sicher. Er ist der Meinung, du solltest so schnell wie möglich nach Frankfurt zurückkehren und zur Polizei gehen.“
„Wahrscheinlich hat er recht“, stimme ich zögernd zu. Auch wenn mir die Idee nicht gefällt. Und ich mit Sicherheit nicht zur Polizei gehen werde. Aber ich muss weg von hier. Ich will Anna nicht auch noch in Gefahr bringen.
„Antonio hat seinen Freund José kontaktiert. Er wird dich aufs Festland fliegen.“
„Jetzt? Mitten in der Nacht?“
„Ja. Antonio muss deinen Verfolger morgen früh wieder laufen lassen. Bis dahin will er, dass du von der Insel verschwunden bist. Zu deiner eigenen Sicherheit.“ Und Annas ergänze ich in Gedanken. Aber ich muss ihm recht geben, auch wenn mir alles ein wenig zu schnell geht.
„Er hat außerdem gesagt, du sollst dein Handy nicht benutzen. Möglicherweise haben sie dich über das Gerät geortet. Morgen werden sie auch noch dein Auto nach Sendern absuchen, aber solange sie nicht wissen, wie man dich gefunden hat, solltest du vorsichtig sein. Hier, du kannst solange mein Handy benutzen.“
„Danke. Ich gebe es dir so bald wie möglich wieder.“
Anna winkt ab. „Ich habe noch ein anderes. Es eilt nicht.“
Bevor ich etwas entgegnen kann, kommt das Taxi zum Stehen. Vor uns liegt eine kleine Finca, die von mehreren großen Mandelbäumen fast verdeckt wird. Und dann sehe ich noch etwas. Einen Hubschrauber. Einen sehr kleinen Hubschrauber. Ein ungutes Gefühl macht sich in meinem Magen breit. Als Anna sagte, dass dieser José mich aufs Festland fliegen würde, hatte ich an ein normales Flugzeug gedacht. Aber nicht an das! Ich bin noch nie mit einem Helikopter geflogen. Mein Vater hielt nichts davon, sein Geld für einen solchen Unsinn, wie er es nannte, zu verschleudern.
„So, da sind wir.“ Anna klingt fröhlich, als sie aussteigt und auf den Helikopter zeigt. Kein Wunder, sie muss nicht damit fliegen. Ich folge ihr zögerlich. Ich wusste nicht, dass die Dinger so klein sein können.
„José wird dich nach Denia bringen.“ Anna deutet mit ihrer Hand zu einem Mann hinüber, der trotz seines spanischen Namens wie ein Tourist aussieht. Blondes, dickes Haar, blaue Augen, braungebrannt.
José streckt mir die Hand entgegen und sagt: „Ist mir ein Vergnügen. Bin schon lange nicht mehr übers Meer geflogen.“
Auch das noch. Hoffentlich weiß er, was er tut. Mir wird schon mulmig, wenn ich den Hubschrauber nur anschaue. Dann fällt mir auf, dass er keine Türen hat, und mein Magen macht einen unfreiwilligen Salto. „Was ist mit den Türen?“, frage ich mit zittriger Stimme.
„Du kannst José vertrauen. Er ist ein netter Kerl und ein hervorragender Pilot. Er wird dich sicher nach Denia bringen.“
Ich versuche ein Lächeln und drehe mich zu ihr um. Nur nichts anmerken lassen. Sie soll nicht denken, dass ich Angst davor habe, in diese fliegende Sardinenbüchse zu steigen. „Okay, vielen Dank noch einmal für alles, Anna.“ Mit einem tiefen Seufzer umarme ich sie. „Es tut mir leid. Ich hätte dich nicht in diese Sache hineinziehen sollen“, flüstere ich und muss aufsteigende Tränen zurückdrängen.
„Mach dir keine Sorgen. Mir geht es gut, und Antonio passt auf mich auf. Hey, dafür sind Freunde da.“ Anna klopft mir auf den Rücken und macht sich von mir los. „Auf jetzt. José wird gleich fertig
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