Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
Journalistin bei einer Gartenzeitschrift nicht die Stelle, von der ich immer geträumt habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand freiwillig über Blumen, Saatgut und Baumschulen schreibt. Die Leute sagen dann immer, sie sind da so reingerutscht. In meinen Augen alles Lüge. In Wahrheit ist es doch so, dass sie niemand anderes haben wollte. Ich habe es gar nicht erst versucht und die Stelle bei Johanns Vater gleich nach dem Abschluss meines Studiums angenommen.
Johann und ich leben jetzt seit zwei Jahren zusammen. Wir haben eine Wohnung ganz in der Nähe von Johanns Elternhaus. Das ist praktisch für Johann, so kann er, wann immer ihm danach ist oder er mit seinen Eltern etwas Geschäftliches besprechen muss, einfach rüber gehen. Und er tut das häufig. Davon abgesehen ist es eine richtig grüne und bezaubernde Gegend. Die Häuser haben hier alle so hübsche Vorgärten, zu jeder Haustür führt ein kleiner Steinweg, und alle paar Meter steht ein Baum im Bürgersteig. Jeder hier achtet peinlich darauf, seine Kehrwoche nicht zu vergessen. Manchmal frage ich mich, warum es die Stadtreinigung in Freiburg überhaupt noch gibt, wo doch die Bürger dieser bezaubernden Kleinstadt alles selbst erledigen und dies noch gründlicher und besser. Wahrscheinlich ist das auch der Grund warum die Firma Hartmann diesen Standort zu ihrem Hauptsitz erklärt hat. Wo sonst findet man so viele gepflegte private Grünanlagen, deren Besitzer ihr ganzes Geld für den Garten statt für schöne Klamotten oder teure Schuhe auszugeben. Aber das muss jeder selbst wissen. Ich persönlich investiere lieber in schöne Kleider und ein gepflegtes Äußeres. Das ist mindestens genauso wichtig – und macht zudem auch noch Spaß.
Die angesetzte Redaktionskonferenz für heute Abend fällt überraschend aus und so mache ich früher Schluss. Der Artikel über die Hortensie kann schließlich warten, es gibt wichtigere Dinge zu tun. Zum Beispiel meine Hochzeit organisieren.
Bevor ich gehe, schaue ich noch mal bei Johann im Büro vorbei. Seine Sekretärin lässt mich wissen, dass er zu einem wichtigen Kunden gefahren sei. Na, dann eben nicht.
Als ich zur Haustür hereinkomme liegt im Hausflur ein ganzer Stapel Post für uns. Schnell sortiere ich ihn durch.
Langweilig ...
Langweilig ...
Lilly Brautmoden . Ha!
Langweilig ...
Ich schnappe mir den Brautmoden-Katalog und stecke ihn in meine Tasche. Nicht, dass ich vor Johann etwas zu verbergen hätte, aber ich habe gerade erst einen interessanten Artikel in einer Frauenzeitschrift gelesen mit der Überschrift: »Weniger ist manchmal mehr«. Darin ging es darum, dass wir Frauen gerne dazu neigen, unserem Partner alles zu erzählen, um ihn an unserem Leben teilhaben zu lassen. Der Autor – ein echter Psychologe – warnt in seinem Artikel ausdrücklich davor, den Partner bloß nicht mit jedem klitzekleinen Vorkommnis zu belasten. Männer würden sich dadurch häufig überfordert fühlen.
Na, wenn der es nicht weiß, wer dann? Der Typ ist schließlich einer von ihnen und noch dazu Psychologe.
Deshalb habe ich in der letzten Zeit, ehrlich gesagt seit der Bekanntgabe unserer Verlobung, eine ganze Menge an Post rund um das Thema Hochzeit herausgefiltert. Wenn man es genau nimmt, schütze ich Johann damit sogar. Er hat schließlich genug mit der Firma seines Vaters zu tun, da muss ich ihn nicht noch mit Dingen belasten, die ich genauso gut selbst entscheiden kann. Den Rest der Post klemme ich mir unter den Arm und gehe dann die Treppe hoch zu unserem Appartement.
Als ich im dritten Stock ankomme, höre ich durch die Wohnungstür leise Musik und auf einmal habe ich ein freudiges Kribbeln im Bauch. Johann hat bestimmt früher Schluss gemacht, um mich mit einem romantischen Abendessen zu überraschen! Sofort habe ich das Bild von Johann in seinem schicken neuen Anzug von Armani vor mir, den wir zusammen bei unserem letzten Besuch in Hamburg gekauft haben. Wie er liebevoll die letzten Rosenblütenblätter auf dem perfekt gedeckten Tisch verteilt und die Flasche Rotwein öffnet, die uns sein Vater anlässlich unserer Verlobung aus seinem privaten Weinkeller geschenkt hat. Ich seufze leise. Ach, mein Johann ist einfach der perfekte Mann zum Heiraten, so viel ist sicher!
Ich schließe die Tür auf und rufe fröhlich „Hallo!“
Keine Antwort.
Ich öffne die Tür zu unserem modernen Wohnzimmer. Simply Red plärrt aus dem Radio und das Erste was ich sehe ist Johanns weißer Hintern,
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