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Trauerweiden

Trauerweiden

Titel: Trauerweiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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sie.
    »Ja, wir müssen doch deinen Geburtstag auch noch ein bisschen feiern, oder soll das mit deinen Eltern schon alles gewesen sein?«
    Sita erschien in der Tür, peilte die Lage, setzte zum Sprung an und landete schließlich mit einem mehr oder weniger eleganten Satz auf dem Bett.
    Da befahl Heiko: »Such, Sita! Wo ist die Lisa! Ja, wo ist die Lisa!«
    Und während der Hund die kreischende Lisa glücklich beschnupperte und ihr schließlich hingebungsvoll über das Gesicht leckte, lachte Heiko glucksend in sich hinein.
     
    Eine Stunde später saßen das hohenlohisch-westfälische Liebespaar und der Hund im M3. Heiko hatte Lisa von seinen Überlegungen von gestern Nacht erzählt, und auch Lisa fand es sinnvoll, in dieser Richtung weiter zu ermitteln. Für heute war allerdings erst mal Pause. »Sagst du mir jetzt, wo es hingeht?«, fragte Lisa zum x-ten Mal. »Nein«, beharrte Heiko. »Überraschung.« Lisa seufzte und lehnte sich zurück. Es war ein wunderschöner Frühherbsttag. Zwar schon zu kalt für ein T-Shirt, aber ein dünner Pullover genügte. Eine tiefstehende Sonne tauchte die Landschaft in goldenes Licht und betonte die warmen Farben des Mischwaldes, den sie durchfuhren. Sie hatten Westgartshausen, Ofenbach, Lohr und Käsbach passiert und näherten sich nun Weipertshofen. Lisa liebte die Hohenloher Landschaft. Die sanften Hügel. Die Wälder, die teils dunkel, teils lichtdurchflutet waren. Die blühenden Wiesen, die auch jetzt im Herbst noch mit dem intensiven Purpur des Wiesenstorchschnabels prunkten. Und die kleinen, knorrigen Obstbäume am Straßenrand, die sich unter der Last ihrer roten und gelbgrünen Früchte bogen. Und über allem schwebte das klare, azurfarbene Blau des Himmels. Schließlich erreichten sie Weipertshofen, und Heiko bog in der Ortsmitte nach links ab. Sie passierten ein Feld mit hohem Mais und einen brachliegenden Acker. Und endlich näherten sie sich ihrem silberblau glitzernden Ziel: dem Reiglersbachsee.
     
    Sie parkten den Wagen und stiegen aus. Zufrieden lauschte Heiko dem volltönenden Klacken der BMW-Türen. Der Hund hüpfte bereits aufgeregt um sie herum. Begleitet von Lisas neugierigen Blicken lief Heiko zum Kofferraum und holte einen Picknickkorb heraus. »Oh, was für eine schöne Idee«, strahlte Lisa, als sie den Korb entdeckte. »Ein Picknick am See.« Sie knuddelte Heiko, der verlegen und irgendwie bärenartig brummte.
     
    Sie hatten sich auf der Decke niedergelassen, die Heiko sorgfältig auf dem Rasen ausgebreitet hatte. Sie waren ganz allein. Kein Mensch weit und breit. Die Leckereien aus dem Korb lagen auf der Decke, und die beiden hatten alle Hände voll zu tun, Sita vom sofortigen Verzehr abzuhalten. Lachend jagten sie den aufdringlichen Hund fort, bis Heiko schließlich ein Machtwort sprach und »das Vieh« auf einen Platz außerhalb der begehrten Decke verwies. Nun hatte Lisa endlich Muße, die Köstlichkeiten in Augenschein zu nehmen. Es gab warme Croissants, dazu Erdbeermarmelade, in Hohenlohe »Breschdlingsxälz« genannt, wie sie schon wusste, Tomaten-Mozzarella-Salat, Rühreibrot und diverse Antipasti, offenbar vom Türken, dazu ein riesiges Baguette und kleine Spießchen mit Melone und Schinken.
    »Wow«, entfuhr es Lisa. »Wann hast du das alles denn vorbereitet?«
    »Heut Morgen«, antwortete Heiko knapp. Dann küsste er seine Lisa, innig, nicht so flüchtig wie sonst oft einmal, nicht nur so zwischendurch, sondern richtig.
    »Alles Gute zum Geburtstag«, wünschte er noch einmal, und Sekunden später knallte der Korken der mitgebrachten Champagnerflasche.
     
    Sie verbrachten Stunden im Gras, schlemmten, tranken Champagner, fütterten Sita, kuschelten. Sie bewunderten die glitzernde, tiefblaugrün funkelnde Oberfläche des Reiglersbachsees. Lisas Finger wühlten in Heikos schwarzem Haar, und der nahm sie endlich in die Arme. Schließlich kreisten noch einige Drachenflieger über ihnen, Hobbyflieger vom nahe gelegenen Flugplatz, die den schönen Tag und die gute Thermik ausnutzen wollten. Lisa blinzelte und hörte die letzten Grillen und das Hecheln des Hundes, spürte die wärmenden Sonnenstrahlen, roch das duftende Gras. Sie sah den Drachenfliegern am Himmel zu, die sich in starken Kontrasten von der klaren, blauen Luft absetzten. Sie fühlte Heikos Haar zwischen ihren Fingern und war plötzlich rundum glücklich.
     
    Es klingelte. Florian hatte keine Ahnung, wer es sein konnte. Er hockte hier, schon seit gestern Abend, er war müde und

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