Trauerweiden
eine rauchen.
»Die Frauen reden manchmal ganz schön viel, nicht wahr?«, meinte Herr Luft, als sie nebeneinander her in Richtung Parkplatz liefen.
Heiko machte »Hm« und zündete sich eine Zigarette an.
»Wissen Sie, meine Frau mag Sie nicht.«
Heiko rauchte. »Das ist mir noch gar nicht aufgefallen«, meinte er dann trocken und grinste.
»Meine Frau mag überhaupt nicht viele Menschen. Aber sie meint es nicht so. Ihr oberstes Ziel ist, dass es Lisa gut geht. Und sie hat sich nun mal in den Kopf gesetzt, dass dieser Stefan der ideale Mann für unsere Lisa wäre.«
Heiko blies Rauch aus und machte ein weiteres »Hm«.
Herr Luft räusperte sich. »Ist das Ihrer?«, fragte er und wies auf Heikos BMW.
Heiko nickte, die Spitze der Zigarette glühte auf, als er abermals daran zog.
»Schönes Auto«, lobte Herr Luft und tätschelte anerkennend den schwarzen Lack. Heiko murmelte ein »Danke«.
Luft räusperte sich. »Aber ich will Ihnen jetzt was sagen, junger Mann: Ich mag Sie, und Sie sind mir sehr sympathisch. Sie sind mir vom ersten Moment an sympathisch gewesen, und zwar viel mehr als dieser blöde Lackaffe Stefan, den meine Frau so toll findet. Aber warten Sie ab, geben Sie ihr eine Chance, und seien Sie ihr nicht böse, bitte. Sie meint es nicht so.«
»Ich hab da kein Problem damit.«
»Ich bin sicher, sie wird Sie eines Tages mögen.«
Heiko wiegte den Kopf. »Na, ich weiß nicht.«
»Doch, glauben Sie mir. Ich sehe, dass Sie es ehrlich mit Lisa meinen, und das gefällt mir. Und Lisa liebt Sie auch, das ist ganz offensichtlich.«
»Was habt ihr geredet, als ihr nach dem Mittagessen draußen wart?«, fragte Lisa und brachte den Kaffee. Die Eltern waren schon wieder abgereist, und nun hatten sie die verbliebenen Stunden des Tages für sich. Endlich allein. Sie stellte die Tasse vor Heiko ab und setzte sich neben ihn aufs Sofa.
»Nix«, log Heiko.
»Komm.«
»Was?«
»Wie, nix?«
Heiko trank Kaffee. »Übers Auto halt.«
»Und?«
»Was, und?«
Lisa seufzte und verdrehte die Augen. »Und außerdem?«
»Und über deine Mutter«, gab Heiko zu und legte den Arm um Lisa. »Dass sie mich nicht leiden kann.«
Lisa schluckte und sparte sich ein Leugnen. »Macht dir das was aus?«, fragte sie stattdessen. Heiko zuckte die Achseln. »Weiß nicht. Ach, egal.«
»Die ändert sich nicht so schnell. Aber glaub mir, eines Tages wird sie dich mögen.«
Wieder hob Heiko die Schultern. »Ist doch unwichtig.«
»Hm.«
»Hm. Gefällt dir die Kette?«
Lisa betastete den Anhänger und lächelte. »Sehr schön«, sagte sie und gab Heiko einen Kuss. Es blieb nicht bei dem einen.
Später lagen sie eng aneinandergekuschelt im Bett. Lisa atmete tief und hatte den Kopf auf seinen linken Arm gelegt. Ihre gleichmäßigen Atemzüge verrieten, dass sie schlief. Heiko strich ihr eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht. Schön war sie, seine Lisa. Und er war glücklich. Er drehte den Kopf und sah zur Decke. Immerzu musste er an den Fall denken. Sie hatten etwas übersehen. Aber was? Also: Das Opfer geht allein nach Hause und trifft seinen Mörder, praktisch mitten in der Stadt. Gut, es war Nacht, und immerhin bestand die Chance für einen Mord ohne Zeugen. Aber woher konnte der Mörder wissen, dass das Opfer allein sein würde? Dafür gab es nur eine einzige Erklärung: Der Mörder musste gewusst haben, dass Florian Ehrmann an diesem Abend unterwegs sein würde, und, noch genauer, dass er auf dem Junggesellenabschied seines Kumpels sein würde. Ja. Genau. Das war es. Da würden sie ansetzen müssen. Wer hatte gewusst, dass der Junggesellenabschied an jenem Volksfestfreitag stattfinden würde und noch dazu, dass Florian Ehrmann dort eingeladen war?
Sonntag, 29. September
Heiko beugte sich über Lisa, die immer noch friedlich schlummerte. Sie sah so süß aus, wenn sie schlief. Umwerfend. Seine Freundin gab einen missbilligenden Laut von sich und zog die Nasenwurzel kraus. »Lass mich noch«, murmelte sie, »ich bin noch so müde.« Heiko strich ihr das Haar aus der Stirn und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. Ein kleines Lächeln stahl sich auf Lisas Gesicht und sie blinzelte erstmalig, um die Augen, geblendet von dem hellen Licht, gleich wieder zuzumachen.
»Komm, Lisa, du weißt doch, die Überraschung!«
Lisa öffnete nun doch die Augen und richtete sich leicht auf. Ihre ungekämmte, blonde Mähne hing in wilden Strähnen wie ein Wildwasserfall auf das Betttuch.
»Hm?«, fragte
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