Trauerweiden
zuckte die Achseln. »Ich nehme an, Monika? Ich kenne keine Marianne.«
»Aber es könnte auch Monika heißen, nicht?«, beharrte Heiko.
»Hm, aber wenn ich mir das genau überlege, ist das doch eher unwahrscheinlich, dass es »Monika« heißen soll. Steht ja auch »Kaffeetrinken« dabei, und die Mädels waren zwar inzwischen wieder so weit, dass sie miteinander geredet haben, aber Kaffeetrinken wären die niemals zusammen gegangen.«
Florians Finger trommelten auf die Tischplatte, neben der tickenden Wanduhr das einzige Geräusch im Raum.
Lisa räusperte sich. »Entschuldigen Sie, wo ist denn Ihr Bad?« Florian blinzelte.
»Ach so, ja, in den Gang und dann die zweite Tür rechts.« Die Kommissarin erhob sich. Sie betrat den Flur und fand die zweite Tür rechts. Es war kein Trick, sie musste tatsächlich aufs Klo. Und trotzdem fischte sie nur eine Minute später etwas aus dem Mülleimer, das ihr seltsam vorkam, sehr seltsam.
Lisa kam zurück, und Heiko interviewte den jungen Hinterbliebenen gerade zum Junggesellenabschied.
»Können Sie uns eine Liste der Leute geben, die anwesend waren?«
»Sicher, aber die meisten habe ich nicht gekannt.«
»Hm. Fangen Sie mal mit denen an, die Sie kennen.«
Florian richtete die Augen zum Himmel und begann, aufzuzählen. »Also, da war der Klaus, das ist unser gemeinsamer Schulfreund. Der Robert, den kennen wir vom P1. Der Manfred, das ist der Freund von der Annalena, die von den Majoretten. Und sonst … also da fällt mir niemand ein.«
Heiko brummte unzufrieden. Die bisherige Auswahl hörte sich reichlich unspektakulär an. »Und wem haben Sie erzählt, dass Sie dorthin gehen?«
Ehrmann dachte nach. Wieder tickte die Wanduhr. Es war eine weiße Kunststoffuhr mit schwarzen Zeigern. »Meinen Eltern, der Jessi natürlich, und … ja, sonst eigentlich niemandem. Denken Sie, ich bin schuld?«
»Wie?«
»Ob ich schuld bin, dass sie tot ist, weil ich da hin bin, zu diesem scheißblöden Junggesellenabschied.«
Lisa legte beruhigend eine Hand auf seinen Arm. »Aber nein, machen Sie sich keine Gedanken. Schuld ist ganz allein der Mörder.«
»Oder die Mörderin«, setzte Heiko hinzu.
Florian schniefte. »Sie denken, es war eine Frau?«
»Wer weiß?«
»Könnte denn die Frau Silberschmidt vielleicht … ich meine, hätte sie ein Motiv?«, fragte Heiko.
Ehrmanns Kopf flog hin und her. »Auf gar keinen Fall. Die Monika könnte das nicht. Die haben sich eine Weile angezickt, ja, aber umbringen könnte die niemanden.«
Lisa und Heiko stiegen in den M3. Die Türen klackten volltönend, als sie ins Schloss fielen. Heiko hatte Lisa einmal erzählt, dass es extra Autotürenzuschlaggeräuschsingenieure gab, deren einzige Aufgabe es war, den Türen zu einem satten Klacken zu verhelfen. Verrückt. Und gut, dass Frauen solche Probleme nicht hatten.
»Und, was hast du?«, fragte Heiko.
»Wie bitte?« Lisa blinzelte.
»Jetzt rück schon raus damit.«
»Bin ich so durchschaubar?«
»Ja.«
Lisa kramte grinsend in ihrer Hosentasche.
»Das habe ich aus Florian Ehrmanns Mülleimer, aus dem im Bad, um genau zu sein.«
Heiko besah sich das ölverschmierte Papiertüchlein. »Und?«
»Was denkst du, was das ist?«
»Maschinenöl, was sonst?«
Lisa schnalzte mit der Zunge. »Falsch. Das ist Wimperntusche.«
»Wimperntusche?«
»Wimperntusche. Auch Mascara genannt.«
»Aber das würde ja bedeuten … «
»Das bedeutet entweder, dass sich Florian Ehrmann tief in seinem Inneren als Frau fühlt, was ich persönlich nicht glauben kann, oder dass er Damenbesuch hatte, und zwar kürzlich.«
»Wieso kürzlich?«
»Weil das Ding ganz oben lag. Und es ist noch ein bisschen feucht«, sagte Lisa und verschmierte die schwarze Masse mit dem Finger.
»Kluges Mädchen«, lobte Heiko.
Lisa warf ihm einen erbosten Blick zu. Sie hasste es, diminuiert zu werden. Heiko dachte kurz nach und trat dann auf die Bremse. Sofort wendete er den Wagen.
Sie parkten eine Straße weiter, damit Florian Ehrmann den Wagen nicht sofort entdecken konnte. Denn der junge Mann würde seine Verfehlung garantiert nicht zugeben. Stattdessen schlichen sich die beiden durch einen gepflegten, alten Obstgarten mit akkurat gefegten Gartenwegen aus akribisch verlegten Steinplatten. Knallbunte Rosenkugeln steckten in den Blumenbeeten und gleißten im Sonnenlicht auf. Die Kommissare klopften an der Hintertür, und wenig später erschien der braune Dutt. Ein Strahlen erschien auf dem Gesicht von Martha Kirchner.
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