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Trauerweiden

Trauerweiden

Titel: Trauerweiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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schenken würde, war tatsächlich völlig unbegründet gewesen. Nun gut, immerhin etwas. Vielmehr hatte er ihr einen goldenen Hintern zum Umhängen geschenkt. Wie passend.
    »Horaffen kann man auch essen, denn es gibt sie als leckeres Hefegebäck. Und Heiko weiß eben, dass ich das Zeug liebe.«
    Lisa bat Heiko, ihr die Kette umzulegen, und er brauchte lange, um mit seinen großen Fingern den Verschluss zuzunesteln. Bogdan kam und brachte die Speisekarten. Der kleine Serbe mit der enormen Nase war bereits eine Institution in Crailsheim. Was wohl daran lag, dass die serbische Küche der hohenlohischen Vorstellung von einem Essen – nämlich »a Bolla Fleisch und a Rängele Eebira« (ein großes Stück Fleisch und eine Menge Kartoffeln beziehungsweise Kohlehydrate dazu) – sehr entgegen kam.
    »Hvala ljepa«, sagte Lisa und demonstrierte damit ihre Kenntnisse einer weiteren Sprache. Schon beim letzten Fall hatte sie Heiko mit ihren Italienisch-, Spanisch-und sogar Arabischkenntnissen beeindruckt.
    Bogdan strahlte. »Molim«, sagte er freundlich und verschwand.
    »Ich nehme den ›Räuberspieß‹«, entschied Heiko.
    Frau Luft nickte. Wie überaus passend. Besser hätte nur noch ein »Bauernschnitzel« gepasst, sofern es das geben würde.
     
    Eine halbe Stunde später hatten alle ihr Essen und taten sich daran gütlich. Besonders Lisas Vater war ganz angetan von seinen Cevapcici.
    »Wirklich ganz hervorragend«, lobte er immer wieder.
    Frau Luft beobachtete Heikos Tischmanieren ganz genau, und zu ihrer heimlichen Verblüffung und vielleicht auch Enttäuschung legte er nicht den Ellenbogen auf und beugte sich auch nicht wie ein Schwein über den Teller, auf dem sein Räuberspieß lag. Besteck benutzte er auch. Na ja. Hatte ihm seine Mutter eben doch was beigebracht. Vielleicht. Für ihre Lieselotte war er trotzdem nichts.
    »Und wie lange seid ihr zwei schon zusammen?«, fragte Lisas Vater jetzt kauend.
    »Och, so ein knappes halbes Jahr«, informierte Lisa.
    »Wir hätten ja gern mal Enkel«, schaltete sich Heikos Mutter ein.
    »Na, das kann noch ein bisschen warten«, sagte Heiko sofort, während Lisa zwar nickte, aber verzückt strahlte.
    »All meine Freundinnen sind schon Oma«, schmollte Doris.
    Frau Luft lächelte beflissen. »Ich wünsche mir natürlich auch einmal Enkel«, meinte sie ausweichend und setzte in Gedanken »zivilisierte Enkel« hinzu.
    »Schmeckt’s?«, fragte Werner Wüst Lisas Vater, und der nickte zufrieden kauend.
    »Und, wie läuft euer neuer Fall?«, fragte nun Doris ihren Sohn.
    »Wir checken grad das Umfeld des Mordopfers. Aber wir müssen alles nochmal ganz genau analysieren. Irgendetwas haben wir übersehen.«
    »Wissen Sie, Frau Wüst, ich hätte mir für meine Lieselotte ja gewünscht, dass sie Jura studiert. So auf der Straße gefährliche Verbrecher jagen – also ich weiß nicht, aber das ist doch kein Beruf für eine Frau. Anwältin, Richterin vielleicht. Da lässt sich das große Geld machen, und man ist nicht in Gefahr. Ich stehe ja immer Todesängste um meine Kleine aus.« Sie langte über den Tisch und zwickte Lisa in die Backe, sodass ein hässlicher roter Fleck zurückblieb. Heiko versteckte sein Grinsen hinter dem Weinglas. Wie Lisa dreinschaute, wenn ihre Mutter sie Lieselotte nannte, war wirklich unbezahlbar.
    »Finde ich auch, das ist auch für Kerle gefährlich, aber bei dem da« – Doris ruckte den Kopf in Richtung ihres Sohnes – »redet man gegen eine Wand. Wenn der was will, dann macht der das, ganz egal, was man sagt.«
    Die nächsten Minuten drehte sich das Gespräch um die »bösen Kinder«, die einfach nicht einsehen wollten, dass die »Erwachsenen« es gut mit ihnen meinten. Schließlich, als alle mit Essen fertig waren, brachte Bogdan seinen berühmten »Rakija«.
    »Sdravej«, sagte Lisa, und alle tranken.
    »Unsere Lieselotte ist ja so sprachbegabt. Sie hat im Urlaub Kroatisch gelernt, stimmt’s, Kind?«
    »Aber Mutter, ich kann doch nur was zu essen bestellen.«
    »Immerhin was. Dein Freund kann das bestimmt nicht.«
    »Der kann dafür Autos reparieren.«
    »Ach was.«
    »Lisa sagt, Sie haben einen M3?«, ließ sich nun Herr Luft vernehmen, der ansonsten eher still gewesen war, vielleicht aber auch nur deshalb, weil er einfach nicht zu Wort kam.
    »Ja, möchten Sie ihn einmal sehen?«, fragte Heiko.
    Herr Luft nickte, und die beiden erhoben sich. Das war Heiko nur recht. Er hatte schon nach einem Alibi gesucht, um abhauen zu können. Er musste dringend

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