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Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)

Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)

Titel: Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
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verleihen würden, kann es hier zur Kurzschlusshandlung kommen, im Sinne eines „So, jetzt erlaube ich es mir endlich, mich aus dem Leben zu beamen“. Anne Rivers Siddons Romanfigur, die es so tröstlich findet, dass der eigene Vater sich suizidiert hat, sodass sie die „Freiheit“ empfand, es „jederzeit zu tun“ – was ihr auch die Freiheit gab, es eben nicht zu tun –, diese Figur wird das erste Mal wirklich ernsthaft suizidal, als eine Krebserkrankung wieder aufflammt. Glücklicherweise lässt die Autorin ihre Protagonistin konkrete Konflikte durchstehen, was sie in ihrer Persönlichkeit so weit reifen lässt, dass ihre Suizidalität verschwindet.
    Bei der Depression steht oft ein „Wear-out-Effekt“ im Zentrum: Schon so lange hat sie darüber nachgedacht, es in allen Variationen durchgespielt – nun resigniert sie zunehmend, plant die Tat bis ins Letzte und führt sie konsequent durch. Offenbar hatte ich Frau Aller noch nicht lange genug gekannt, um ihre heitere Gelassenheit als den „festen Entschluss zum Schlussmachen“ zu erkennen. Dies ist typisch für Therapeutinnen, die solche depressiven Heiterkeiten noch nicht erlebt haben – Kolleginnen, die genügend Psychiatrie-Erfahrung haben, sind da oft schon eher gewieft, „la belle indifference“ – die schöne Gleichgültigkeit, hier eines suizidalen Menschen –, rechtzeitig wahrzunehmen.
    Eine Variation dieses Themas ist die Selbst-Euthanasie tödlich kranker Menschen, die keine Hoffnung mehr auf Besserung kennen und äußerste Beeinträchtigungen bzw. Schmerzen sowie das Angewiesensein auf andere Menschen unaushaltbar finden.
    Wobei für das Motiv der „Selbst-Euthanasie“ nicht immer eine reale tödliche Erkrankung ursächlich sein muss, sondern es kann auch sein, dass nach (jahrelanger) Traumatisierung in der Person das tief sitzende Gefühl verankert ist: „Eigentlich hätte damals das Leben schon zu Ende sein müssen. Ich muss es – darf es – nur noch vollenden.“
    Was Suizid aus Täteridentifikation anrichten kann, haben wir durch Amokläufe, durch Selbstmordattentate fast täglich durch die visuellen Medien vor Augen; auch der 11. September 2001 zeigte, dass es Menschen gibt, die bereit sind, aus Hass und durch Hass motivierte Ideologie sich selbst und andere in den Tod zu reißen.
    In kleinerem Maßstab berichten auch unsere örtlichen Tageszeitungen häufig über sogenannte Familientragödien. Dies sind in der Regel nichts anderes als Gewaltakte von Männern gegen die mit ihnen verbundene Frau und die gemeinsamen Kinder und stellen eine Art „Amoklauf mit dem Ziel des erweiterten Suizids“ dar. Doch auch individuelle Taten können manchmal dieses Grundmotiv haben: Man kann sich selbst so sehr hassen, dass man sich selbst einen grausamen Tod „bescheren“ will. Gerade Opfer von Sadisten haben diesen Hass oft so verinnerlicht, dass sie sich am liebsten selbst foltern und schließlich zerfleischen wollen. Bei Menschen mit einer dissoziativen Identitätsspaltung kann es auch dazu kommen, dass voll abgespaltene Täter-identifizierte Anteile „die anderen da“ endlich töten wollen – wobei „die anderen da“ im eigenen Körper wohnen, aber diese abgespaltenen Anteile das nicht wissen oder nicht glauben, dass sie dann auch selbst sterben müssen.
    Suizidalität begünstigende Faktoren
    Es gibt aber auch noch andere, externe und interne, Gründe dafür, warum eine Persönlichkeit sich eher dem Tode als dem Leben zuneigt.
    Suizidalität kann durch verschiedene Faktoren begünstigt werden, dazu gehören:
     
Vorherige Suizide und vorzeitige Todesfälle in der Familie. (Es ist also doch kein Schutz, sondern eher eine besondere Vorbelastung, wenn sich andere Familienangehörige suizidiert haben!)
KlientIn wurde  „verflucht“  („Du stirbst früh“, „Du hast es nicht verdient zu leben“, „Du wirst die Nächste sein“).
„Programmierungen“ durch Täter im Bereich organisierter Kriminalität („Wenn du uns verrätst, wirst du anschließend ein Messer nehmen ...“; „An deinem 30. Geburtstag wirst du ...“); (dazu mehr in Kapitel 8 und in Band 2).
Bei Persönlichkeitsspaltung (etwa dissoziativer Identitätsspaltung): Suizidale Selbstanteile als „teilautonome“ Bereiche in der Persönlichkeit, mit eigenem Willen und vom Alltagsbewusstsein völlig verschiedener Gedankenwelt ausgestattet, können leicht übersehen werden bzw. außer Kontrolle geraten.
KlientIn ist selbst Täterin gewesen, bei der Realisierung und

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