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Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)

Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)

Titel: Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
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psychischen Aufarbeitung dieser Handlungen dekompensiert sie („Ich habe das Recht auf Leben verwirkt.“).
„Russisches Roulette“ als einzige Form, Entscheidungsmöglichkeit zu spüren (siehe auch Kapitel 7).
Bislang „kontrollierte“ Selbstverletzung gerät in einer bestimmten Krisensituation außer Kontrolle, zum Beispiel: Wo sie früher nur „geritzt“ hat, beginnt sie sich jetzt zu zerfleischen ...
„Dammbruch“ in Richtung Selbsttötung, ausgelöst durch den kumulativen Effekt mehrerer aufeinandertreffender Krisen bzw. kritischer Bedingungen: Einnahme psychisch wirksamer Substanzen (Drogen, Medikamente, Alkohol), akute Lebenskrise, externer Stress, schwere Erkrankung, Schwangerschaft, Überflutung mit traumatischen Erinnerungen ...
„Tunnelartige Verengung“: Lange Gewöhnung an Suizidgedanken, die im Geist oft durchgespielt werden, Abbruch sozialer Kontakte, Arbeitslosigkeit ... bewirken den plötzlichen „Dammbruch“ – oder das „sanfte Hinübergleiten“ von der Phantasie zur Tat.
Manchmal ist Suizidalität ein Hinweis auf weiter fortgesetzte Traumatisierung, über die nicht gesprochen werden darf; etwa bei Kindern aus Misshandlungsfamilien oder auch bei Frauen, die entweder noch mit Tätern aus der Herkunftsfamilie verbunden sind oder einen aktuell misshandelnden Partner haben.
    Erwin Ringel (bekannter österreicher Suizidforscher) schrieb über Menschen, die sich nach Suizidversuchen in psychiatrische Behandlung begeben (mussten): „Die meisten Patienten waren während der ganzen Kindheit traumatisiert worden, und man fand bei ihnen größtenteils statt Urvertrauen Urmisstrauen, statt Selbstständigkeit Unsicherheit und statt Initiative eine beträchtliche Hemmung, oft mit Schuldgefühlen verbunden.“ (Bronisch et al., 2000)
    Sie sehen, wir brauchen die Kategorie „Appell und Erpressung“ gar nicht zu bemühen, um viel zu verstehen. Meiner Meinung nach sollten wir Menschen in ihrer Verzweiflung nicht auch noch denunzieren. Wer die Verzweiflung eines anderen Menschen nicht an sich heranlassen kann und ihn oder sie mit so zynischen Begriffen wie „Erpressung“ belegen muss, sollte sich in unserem Beruf dringend eine Supervision suchen, denn es wird sich um eine massive Gegenübertragungsreaktion handeln. Oder vielleicht auch um ein eigenes Problem mit Suizidalität? Hierzu folgende Befunde:
Suizid als Verzweiflung der Helfer?
     
Kinder, die sich suizidieren, sind oft überdurchschnittlich intelligent, kreativ und sozial. Sie gelten als besonders empfindsam und verletzbar.
Erwachsene Helfer in allen Berufen sind besonders suizidgefährdet.
Ärzte haben ein zwei- bis dreimal so hohes Suizidrisiko wie die Normalbevölkerung.
Ärztinnen ein fünf- bis sechsmal so hohes!
Unter allen Ärzten ist die Rate bei Psychiatern am höchsten.
(Quinnet, 2000; Otzelberger, 2000; Bronisch, 2000)
    Meine berufliche Erfahrung mit suizidalen Krisen – und welche Klientin, die schwer traumatisiert wurde, hat sie nicht irgendwann, auch und gerade im Laufe der Therapie, nämlich spätestens dann, wenn Traumamaterial durchgearbeitet wird! –, meine Erfahrung also ist: In den wenigsten Fällen ist Erpressung das Motiv. Im Gegenteil. Ich glaube, sehr viele suizidale Menschen leiden darunter, dass sie Menschen hinterlassen, die sie mochten und die ratlos, verzweifelt und mit Schuldgefühlen zurückbleiben (würden). Meiner Vermutung nach ist dies der Hauptgrund dafür, warum so viele Suizidversuche von Frauen doch nicht gelingen: Sie haben da noch einen Menschen, dem oder der sie das nicht antun können, und doch gibt es diese Verzweiflung ... Ist das nicht ein viel logischerer Gedanke, der weniger theoretische Vorannahmen braucht, als das Paradox des „Suizids als Erpressung“ erklären zu müssen?
    Sehr wohl aber ist es manchmal richtig, dass neben der wichtigeren aktuellen Verzweiflung auch ein gewisses Rachemotiv eine Rolle spielen mag, und zwar in Bezug auf die Eltern oder in einer schwierigen Partnerschaft: „Da seht ihr mal, was ihr angerichtet habt“ – sozusagen der bittere Triumph des Opfers.
    Doch ich bin davon überzeugt, dass dies die untergeordnete, sekundäre Motivation ist im Vergleich zur aktuellen und meist bereits chronisch vorhandenen Verzweiflung in den genannten Varianten.
    Und was ist, wenn „es“ passiert ist? Wenn ein Mensch sich suizidiert hat, und man bleibt zurück als Angehörige/r, KollegIn, FreundIn, PartnerIn, TherapeutIn? Dann bleibt nur die Trauer, und auch die will

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