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Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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ihn mit einem einzigen zu scharfen Wort durchschneiden konnte.

    Lorrie fuhr fort, als hätte er nichts gesagt. »Ohne Nieren muss sie an ein Dialysegerät angeschlossen werden, dreimal pro Woche und jeweils vier Stunden lang.«
    »Mit sechs Jahren«, sagte Punchinello, »hat sie ja noch keinen Job oder so. Da hat sie eine Menge Zeit.«
    Ich wusste nicht recht, ob er nur genauso geschmacklos wie lieblos war, oder ob er uns veräppeln wollte und das genoss.
    »Der wichtigste Teil des Dialysegeräts ist ein großer Kanister, den man als Dialysator bezeichnet«, sagte Lorrie.
    »Ob diese Charlene wegen dem, was sie damals getan hat, wohl Probleme bekommen könnte?«, überlegte Punchinello laut.
    Fest entschlossen, mich nicht dazu verleiten zu lassen, die Geduld zu verlieren, sagte ich: »Nur wenn meine Eltern sie anzeigen würden, und das wollen sie nicht.«
    Lorrie machte unbeirrt weiter. »Der Dialysator enthält eine Membran aus unzähligen winzigen Fasern, durch die das Blut gefiltert wird.«
    »Normalerweise mag ich keine Schwarzen«, sagte Punchinello, »aber die fand ich ganz nett.«
    »Außerdem enthält er eine Lösung, eine Reinigungsflüssigkeit, die Schadstoffe und überschüssiges Salz aufnimmt.«
    »Allerdings ist sie eine wahre Tonne«, sagte Punchinello. »Die schlingt täglich offenbar dermaßen viel in sich rein, dass man sich fragt, ob sie das Baby aufgegessen hat, statt es zu begraben.«
    Lorrie schloss die Augen. Atmete tief durch. Dann: »Es ist zwar sehr selten, aber manchmal ist ein Dialysepatient allergisch gegen einen der chemischen Stoffe in der Reinigungslösung.«
    »Also, Vorurteile gegen Schwarze hab ich natürlich nicht. Sie sollten dieselben Rechte haben wie wir alle und so weiter. Ich mag bloß nicht, dass sie nicht weiß sind.«
    »Das Dialysat, so nennt man die Lösung, enthält nämlich mehrere Chemikalien. Nur eine winzige Menge davon gerät
mit dem Blut in den Körper, und normalerweise ist das völlig harmlos.«
    »Zum Beispiel gefällt mir nicht, dass ihre Hände an der Unterseite hell sind und oben drauf dunkel«, sagte Punchinello. »Auch ihre Fußsohlen sind hell. Das sieht so aus, als würden sie sich als Schwarze maskieren, aber nicht sehr geschickt.«
    »Wenn man anfangs ein Dialysat verwendet, das nicht so gut funktioniert, wie es sollte, oder wenn der Patient es nicht verträgt, kann die Zusammensetzung verändert werden.«
    »Dass es Schwarze auf der Welt gibt, ist eigentlich sogar einer der Gründe, weshalb sie nicht in Ordnung ist. Die Konstruktion wäre überzeugender, wenn alle Menschen weiß wären.«
    Wahrscheinlich ohne es zu merken, hatte er damit um ein Haar eingestanden, dass er die Welt für eine Bühne hielt, für eine Illusion, die geschaffen war, um ihn zu täuschen, und dass er selbst das einzig wirklich Gelungene darin war.
    Lorrie warf mir einen Blick zu. Ihr Gesicht war ruhig, doch ihre Augen waren fiebrig vor Enttäuschung. Ich nickte, um sie zu ermutigen.
    Mit jeder Minute sah ich die Chance schwinden, zu Punchinello durchzudringen, doch wenn wir aufgaben, dann hatte Annie gar keine Hoffnung mehr.
    »Sehr, sehr selten kommt es aber vor«, sagte Lorrie, »dass ein Dialysepatient so stark allergisch gegen die kleinste Menge unbedingt notwendiger Stoffe ist, dass man keine geeignete Zusammensetzung finden kann. Dann wird die allergische Reaktion mit jedem Mal schlimmer, bis das Risiko eines anaphylaktischen Schocks besteht.«
    »Ja, Mensch, dann gib ihr doch eine von deinen Nieren!«, sagte Punchinello. »Ihr beide müsst doch kompatibel sein.«
    »Dank deinem Vater«, erinnerte sie ihn, »habe ich bloß noch eine.«

    »Und wie steht’s mit dir?«, fragte er mich.
    »Ich hätte mich schon längst auf den Operationstisch gelegt, wenn ich könnte«, erwiderte ich, »aber als man mir Blut abgezapft hat, um die Kompatibilität zu testen, hat man festgestellt, dass ich an beiden Nieren Hemangiome habe.«
    »Wirst du etwa auch sterben?«
    »Hemangiome sind gutartige Tumore. Man kann damit ganz normal leben, aber als Organspender ist man nicht geeignet.«
    Das Letzte, was Opa Josef auf dem Totenbett gesagt hatte, war: Nieren! Verdammt noch mal, warum sind Nieren bloß so wichtig? Es ist absurd, das Ganze ist total absurd!
    Damals hatte mein Vater gedacht, mein Großvater sei wieder verwirrt gewesen, weshalb diese letzten Worte keine Bedeutung hätten.
    Wir wissen, was der Dichter William Cowper dazu zu sagen hätte, wenn er nicht schon exakt im Jahre 1800

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