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Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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dich geschickt hat. Und am Ende soll er so mausetot sein, wie jemals jemand tot war.«
    Das war kein Scherz. Er meinte es ernst.
    »Kein Problem«, sagte ich.

61
    Die weißen Neonröhren an der grauen Decke, die weißen Dokumente auf dem grauen Blechtisch, der körnige Schnee, der weiß aus einem grauen Tag ans Fenster wehte, während der Kugelschreiber mit einem unendlich leisen Flüstern übers Papier glitt …
    Punchinellos Wärter und sein Kollege, der uns heraufbegleitet hatte, dienten als Zeugen. Sie setzten ihre Unterschrift unter die meines Bruders.
    Eine Ausführung des Schriftstücks überließ Lorrie Punchinello, die beiden anderen steckte sie wieder in ihre Handtasche. Die Abmachung war besiegelt, wenngleich die Bedingungen nicht schriftlich niedergelegt waren.
    Wir gaben uns nicht die Hand. Ich hätte es getan, wenn er es gewollt hätte, eine kleine Unannehmlichkeit im Austausch für Annies Leben. Aber Punchinello hatte offenbar nicht das Gefühl, dass es einen Händedruck brauchte.
    »Wenn alles vollbracht ist und es Annie wieder gut geht«, sagte er, »dann wäre es nett, wenn ihr sie ab und zu mal zu Besuch bringt, wenigstens an Weihnachten.«
    »Nein«, erwiderte Lorrie knapp und ohne zu zögern, während ich alles gesagt hätte, was er hören wollte.
    »Schließlich bin ich ihr Onkel«, sagte er. »Und ihr Retter.«
    »Ich will dich nicht anlügen«, sagte Lorrie, »und Jimmy wird das auch nicht tun. Du wirst nie auch nur die kleinste Rolle in ihrem Leben spielen.«
    »Na ja, die kleinste Rolle vielleicht schon«, sagte Punchinello
und griff sich, so gut er es mit seinen Fesseln konnte, an den Rücken, um dorthin zu zeigen, wo sich seine linke Niere befand.
    Lorrie starrte ihn drohend an.
    Nach einer Weile grinste er. »Du bist eine ganz schön harte Nuss.«
    »Du aber auch«, sagte sie.
    Wir ließen ihn stehen und gingen hinaus zu Charlene Coleman, um ihr die frohe Nachricht von seinem Sinneswandel zu überbringen.
    Vom Gefängnis aus fuhren wir direkt nach Denver, wo Annie bereits vorsorglich im Krankenhaus lag, während wir ein Hotelzimmer genommen hatten.
    Der geschundene Himmel spuckte körnigen Schnee aus, der mir vorkam wie Splitter zerbrochener Zähne.
    In der Stadt war das Straßenpflaster mit frisch gefrorenen Pfützen gesprenkelt. Der Wind ließ die Rockschöße der Fußgänger flattern.
    Charlene war am Morgen zu uns ins Hotel gekommen. Nun umarmten wir uns, sagten danke und »Pass auf dich auf!«, und dann machte sie sich auf den Heimweg nach Snow Village.
    Lorrie saß am Steuer, als wir zu zweit zum Krankenhaus fuhren.
    »Du hast mir einen Heidenschrecken eingejagt, als du gesagt hast, Annie würde Punchinello nie zu Gesicht bekommen«, sagte ich.
    »Es war ihm doch sowieso klar, dass wir das nie zulassen würden«, erwiderte sie. »Wenn wir zugestimmt hätten, dann hätte er gewusst, dass wir lügen, und dann hätte er auch angenommen, dass du lügst, wenn du zustimmst, Vivacemente umzubringen. Aber jetzt meint er, du wirst es wirklich tun, weil du, wie er gesagt hat, ja dasselbe mit dem großen Beezo getan hast. Und wenn er meint, du wirst es tun, hält er sich an seinen Teil der Abmachung.«

    Wir schwiegen eine Weile, dann fragte ich: »Ist er eigentlich wahnsinnig oder bösartig?«
    »Die Unterscheidung ist mir völlig schnuppe. So oder so, wir müssen mit ihm fertig werden.«
    »Wenn er zuerst wahnsinnig war und dann bösartig geworden ist, wäre das eine gewisse Erklärung. Dann könnte man fast Mitgefühl mit ihm haben.«
    »Kommt nicht in Frage«, sagte Lorrie, denn sie fühlte sich wie eine Löwin, deren Junges in Gefahr war, und würde keine Rücksicht auf den Feind nehmen.
    »Wenn er aber zuerst bösartig war und ihn das dann in den Wahnsinn getrieben hat, schulde ich ihm nichts, was man sich sonst unter Brüdern schuldet.«
    »Offenbar hast du darüber ziemlich lange nachgedacht.«
    »Stimmt.«
    »Dann mach mal halblang. Vergiss es einfach. Die Frage hat schon das Gericht beantwortet, als man damals entschieden hat, er ist psychisch gesund genug, um verurteilt zu werden.«
    Sie hielt vor einer roten Ampel.
    Von der Querstraße her glitt ein schwarzer Leichenwagen über die Kreuzung. Die Seitenfenster waren aus Rauchglas. Vielleicht wurde da eine tote Berühmtheit befördert.
    »Ich werde Vivacemente übrigens nicht umbringen«, versicherte ich Lorrie.
    »Gut. Aber falls du doch je auf den Gedanken kommen solltest, zum Mörder zu werden, dann lauf nicht einfach durch die

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