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Traumfabrik Harvard

Titel: Traumfabrik Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiterer
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dagegen selbst die Gehälter akademischer Popstars ärmlich ausnehmen. Damit das Unternehmen Hochschule floriert, bedarf
     es aber nicht nur einer klugen Führung, sondern alle ihre Mitglieder müssen auch einen »sense of purpose« teilen und an einem
     Strang ziehen. Hier kommen die nun feierlichen Rituale und die blumige, fast autosuggestive Gemeinschaftsrhetorik amerikanischer
     Hochschulen ins Spiel. Sie sollen helfen, die unvermeidliche Spannung zwischen wissenschaftlichen Orientierungen, Ausbildungsauftrag
     und betrieblicher Organisation zu überbrücken und sich der »Identität« der Institution in symbolischen Praktiken immer wieder
     neu zu versichern.
     
    4.
Vielfalt der Finanzierungsquellen:
Kulturelle Faktoren und das
institutional
setting
für die markanten Unterschiede zwischen den Hochschulwelten der USA und Deutschlands verantwortlich zu machen, darf nicht
     zu dem Schluss verleiten, dass materielle Dinge unwichtig seien. »Culture matters«, gewiss, aber »money matters« ebenso. Abgesehen
     davon, dass sowohl die Gesamtausgaben für die Hochschulbildung in den USA als auch die Vermögen und Budgets vieler amerikanischer
     Universitäten und Colleges deutlich höher sind, haben
alle
Hochschulen dort bereits durch ihren Finanzierungsmodus deutschen Hochschulen etwas voraus: Keine bezieht ihr Geld ausschließlich
     aus einer Quelle. Das gilt selbst für staatliche Einrichtungen, wenngleich in unterschiedlichem Maße. Während Community Colleges
     und regionale Gesamthochschulen in hohem Maße von den Zuwendungen öffentlicher Träger abhängen, beziehen Forschungsuniversitäten
     weniger als die Hälfte ihrer Einnahmen aus dem Staatssäckel. Anders gesagt müssen alle amerikanischen Hochschulen zusehen,
     woher sie ihr Geld bekommen und wie sie ihre Finanzbasis verbreitern können.
    Das hat mindestens drei Folgen: Erstens kommt es der
agency
der Hochschulen zugute, wenn ihr Gedeih und Verderb nicht von der Finanzlage der öffentlichen Hand und von politischen Prioritäten
     der Exekutive oder Legislative abhängen. Wo
higher education
keine staatliche Veranstaltung |235| ist, bleibt die Definitionsmacht der Politik gegenüber den Hochschulen gering und ihre Einflussnahme auf deren Arbeit begrenzt.
     So bekommen die Hochschulen nicht nur mehr Möglichkeiten, ihre Agenda selbst zu definieren, sondern sind sogar dazu gezwungen,
     das zu tun, weil sie nicht auf den fürsorglichen Schutz, auf Gewährleistungen und die regulierende Hand des Staates vertrauen
     können. Zweitens eröffnet ihnen ein Finanzmix zumindest theoretisch viele Optionen, eigene Wege zu gehen, Gewichtungen zu
     verlagern und Zumutungen einzelner
stakeholder
abzuwehren, Einkommensarten und finanzielle Risiken auszubalancieren: Finanzielle Diversifizierung erlaubt höhere Freiheitsgrade
     und mehr Experimente, indem sie die Öffnung der Hochschulen gegenüber gesellschaftlichen Anforderungen und Anliegen erzwingt
     – aber eben nicht in Form einer blinden, willfährigen Anpassung, sondern im Wechselspiel mit institutionellen Eigeninteressen.
     Obwohl die Programme, Arbeit und Leistungen jeder einzelnen Hochschule einem ständigen »reality check« ausgesetzt sind, führt
     das nicht zu einem Einheitsbrei marktgängiger Angebote und zu sinkenden Qualitätsansprüchen, wie es die Anhänger einer staatlichen
     Patronage als Folge einer Entstaatlichung des Hochschulwesens oft befürchten. Im Vergleich zu staatlichen Steuerungssystemen
     mit ausgeklügelten politischen Planungsvorgaben und Zielvereinbarungen, finanziellen Anreizen und Sanktionen bietet ein von
     den Hochschulen selbst verantwortetes Programm stattdessen deutlich interessantere und oft auch bessere Ergebnisse.
    Drittens schließlich hat sich der Finanzierungmix zumindest in den USA wider Erwarten als robuster erwiesen als eine ausschließlich
     staatliche Alimentierung der Hochschulen. Unabhängigkeit von staatlichen Zuwendungen bedeutet dort
mehr
Geld für die Hochschulen und nicht etwa weniger. Befürchtungen, das würde sie an den Bettelstab treiben oder den Marotten
     potenter Sponsoren ausliefern, lassen sich durch den Blick auf die USA jedenfalls nicht bestätigen. Selbstverständlich hat
     die Übertragbarkeit des Modells Grenzen, weil es auf einer speziellen »moral and institutional economy« aufsetzt. Fragt man
     nach den wichtigsten Voraussetzungen und Ingredienzien für das leistungsstarke und außerordentlich umweltoffene Hochschulsystem
     in den USA, gehört

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