Traumfaenger
Augenblick, dass jemand mich aufforderte, stehenzubleiben. Doch ich erreichte die Tür ohne Zwischenfall und drängte mich an einigen Besuchern vorbei, nach draußen.
»Ich habe dir doch gesagt, dass es zu gefährlich ist«, schalt mich Mr. Wang. Er nahm das Sieb aus der Kanne und schenkte mir Tee ein. Ich saß am Tisch und starrte verloren auf einen Punkt an der Wand. Bruce und Lee hatten sich ebenfalls zu uns gesetzt und mit offenen Mündern zugehört, als ich erzählte, was geschehen war.
»Warum hast du nicht versucht, ihm diesen Gegenstand wegzunehmen?«, fragte Lee leichthin.
»Hallo? Wie sollte ich das denn machen? Der Typ war um einiges größer als ich und obendrein hatte ich ja keine Ahnung, um was es sich bei diesem Gegenstand überhaupt handelt. Er hat sich nur auf die Brust geklopft, als er verriet, dass er es immer bei sich trägt. Außerdem war ich damit beschäftigt, seiner Spritze zu entkommen«, schnaubte ich.
»Aber du hättest mit einem Mal alles beenden können«, widersprach Bruce vorwurfsvoll. Jetzt wurde ich langsam wirklich sauer. Was dachten sich diese Bengel eigentlich? Natürlich hätte ich mich liebend gern auf Dr. Conner gestürzt, ihm den Gegenstand entrissen und ihn zerstört. Aber wie hätte ich das anstellen sollen?
»Es war schon waghalsig genug, überhaupt in das Krankenhaus zu gehen«, stellte Mr. Wang fest und legte seine Hand auf meine. Diese Geste des Zuspruchs tat mir gut und ich schenkte ihm ein gequältes Lächeln.
»Vielleicht haben die Jungs ja recht. Womöglich habe ich nicht genug getan und hätte alles versuchen müssen, um an diesen Gegenstand zu kommen«, flüsterte ich.
»Und dich damit selbst in Gefahr bringen?«, Mr. Wang schüttelte energisch den Kopf. »Damit hättest du Matt und deiner Schwester sicher nicht geholfen. Du musst jetzt einen klaren Kopf bewahren und genau abwägen, was du tun wirst«, mahnte er. Er hatte recht, ich musste jetzt besonnen handeln und durfte nichts überstürzen. Als ich über Mr. Wangs Worte nachdachte, fuhr meine Hand zu der Kette, an der Matts Knopf hing und meine Finger fassten ins Leere. Vor Entsetzen laut aufkeuchend tastete ich hektisch meinen ganzen Hals ab, aber sie war nicht da.
»Wo ist Matts Knopf?«, schrie ich hysterisch und untersuchte das Innere meines Shirts. Bruce, Lee und Mr. Wang sahen stirnrunzelnd zu, wie mein Kopf im Ausschnitt verschwand und ich laut fluchend jeden Zentimeter meines Pullovers unter die Lupe nahm.
Als ich wieder aus dem Innenleben meiner Kleidung auftauchte, waren meine Haare zerzaust und ich hätte heulen können. Die Kette mit dem Knopf war verschwunden. Plötzlich erinnerte ich mich an das Geräusch, als dieser Dr. Conner mich am Kragen gepackt hatte. Ich war mir sicher etwas gehört zu haben, das auf den Boden gefallen war und nun wusste ich auch, um was es sich dabei gehandelt hatte. Er hatte mir die Kette vom Hals gerissen.
Ich vergrub das Gesicht in meinen Händen und begann lautstark zu heulen. Wenn ich Matts Knopf nicht bei mir trug, würde ich nicht an seiner Seite in die Traumwelt eintreten, sondern dort, wo wir uns vor Tagen befunden hatten. Mir wurde schlecht bei dem Gedanken, dass ich den ganzen Weg alleine bewältigen sollte. Der einzige Ort, der mir keine Angst machte, war die Schlucht, in der sich die Feuerwölfe befanden, aber vorher musste ich völlig allein durch den Wald.
»Hrm … hrm«, vernahm ich ein Räuspern. Ich sah auf und wischte mir die Tränen aus den Augen. Die Zwillinge standen direkt vor mir und Bruce hielt mir ein kleines, schwarzes Kästchen vor die Nase.
»Was ist das?«, wollte ich wissen, während ich es ihm abnahm.
»Mach es auf«, sagte Lee. Ich klappte den Deckel nach oben und gab einen entzückten Laut von mir.
»Die Träne des Drachen, richtig?«, versuchte ich mich zu erinnern, während ich das Schmuckstück von der Samtunterlage nahm, um sie mir genauer anzusehen.
»Du hast einen weiten und schweren Weg vor dir. Deshalb dachten wir, es könnte nichts schaden, wenn auch du so einen Glücksbringer trägst«, erklärte Bruce grinsend. Ich ließ die Kette durch meine Finger gleiten und hielt mir den Anhänger näher an die Augen. Wie ich feststellen musste, war er noch um einiges filigraner gearbeitet, als die Exemplare der Zwillinge. Dieser Stein besaß wesentlich mehr Facetten und wirkte dadurch noch wertvoller.
»Wo habt ihr den her?«, erkundigte ich mich neugierig.
»Es ist ein Familienerbstück und gehört Onkel Wang«,
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