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Traumfänger

Traumfänger

Titel: Traumfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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erwachen.

8 •   Drahtloses Telefon
    Der Tag hatte fast genauso begonnen wie alle anderen zuvor, deshalb konnte ich nicht ahnen, was auf mich wartete. Wir frühstückten, was nicht üblich war. Am vorangegangenen Tag waren wir an einem Mühlstein vorbeigekommen. Es war ein riesiger, ovaler Fels, deutlich zu schwer, um transportiert zu werden. Er lag einfach für die Reisenden bereit, die in der glücklichen Lage waren, Samen oder Körner dabeizuhaben. Die Frauen hatten Pflanzenstengel zu einem feinen Mehl verarbeitet, es mit Salzgras und Wasser verrührt und daraus kleine Pfannkuchen gebacken.
    In unserer morgendlichen Gebetszeremonie blickten wir nach Osten und sagten Dank für alle Gaben. Wir schickten unsere tägliche Botschaft in das Reich, das uns mit Nahrung versorgte.
    Diesmal trat einer der jüngeren Männer ins Zentrum des Halbkreises. Man erklärte mir, daß er sich angeboten habe, an diesem Tag eine besondere Aufgabe zu übernehmen. Er verließ das Lager schon früh und eilte uns voraus. Nachdem wir mehrere Stunden gewandert waren, sank der Älteste auf die Knie. Alle sammelten sich um ihn, während er mit ausgestreckten Armen und einer leicht schwankenden Bewegung in dieser knienden Haltung verweilte. Ich fragte Ooota, was dies zu bedeuten hatte. Mit einer Handbewegung wies er mich an, ruhig zu sein. Niemand sagte ein Wort, aber in allen Gesichtern stand Spannung geschrieben. Schließlich wandte Ooota sich mir zu und erklärte, der junge Kundschafter hätte uns gerade eine Botschaft geschickt. Er bat um Erlaubnis, einem Känguruh, das er gerade erlegt hatte, den Schwanz abschneiden zu dürfen.
    Langsam dämmerte mir, warum es immer so ruhig war, wenn wir wanderten. Diese Menschen verständigten sich die meiste Zeit lautlos mit Hilfe einer Art Telepathie. Jetzt hatte ich es mit eigenen Augen gesehen. Es war nicht das kleinste Geräusch zu hören, aber es wurden Botschaften zwischen Menschen ausgetauscht, die zwanzig Meilen voneinander entfernt waren.
    »Warum will er dem Tier den Schwanz abschneiden?« fragte ich.
    »Weil der Schwanz der schwerste Körperteil des Känguruhs ist, und unser Mann ist zu krank, um das ganze Tier zu tragen. Es ist größer als er selbst, und er hat gesagt, daß das Wasser, das er unterwegs gefunden und getrunken hat, faul war. Sein ganzer Körper ist jetzt überhitzt, und auf seinem Gesicht haben sich Perlen von Flüssigkeit gebildet.«
    Eine lautlose telepathische Antwort wurde auf den Weg gebracht. Ooota erklärte, wir würden für diesen Tag das Wandern einstellen. In Erwartung eines riesigen Fleischbrockens hoben einige der Aborigines eine Grube aus. Andere begannen unter den Anweisungen des Medizinmanns und der Heilerin mit der Herstellung einer Kräutermedizin.
    Mehrere Stunden später kam der junge Mann in unser Lager, auf seinem Rücken das riesige schwanzlose und ausgeweidete Känguruh. Nach dem Ausnehmen hatte er es mit angespitzten Hölzern wieder zugesteckt, und die Eingeweide dienten jetzt als Seil zum Zusammenbinden der vier Beine des Tieres. Es waren über hundert Pfund Fleisch, die er da auf Kopf und Schultern getragen hatte. Der Bursche schwitzte und war ganz offensichtlich krank. Ich sah zu, wie der Stamm sich daranmachte, den Kranken zu behandeln und unser Mahl zu bereiten.
    Zunächst wurde das Känguruh über das lodernde Feuer gehalten, so daß der Geruch von verbranntem Fell in der Luft hing wie der Smog über Los Angeles.
    Man schnitt dem Tier den Kopf ab und brach ihm die Beine, so daß die Sehnen entfernt werden konnten.
    Dann ließ man den Braten in die Grube herab, die von allen Seiten mit glühenden Kohlen ausgelegt war. In eine Ecke des tiefen Lochs wurde ein Wasserbehälter gestellt, aus dem ein langes Rohr nach oben ragte. Auf den Braten häufte man noch mehr Brennholz. Während der nächsten Stunden beugte sich der Hauptkoch immer wieder über den Rauch und blies in das lange Rohr, um weiter unten das Wasser zum Überfließen zu bringen. Sofort konnte man den Dampf sehen.
    Als wir zu essen begannen, waren nur die ersten Zentimeter des Fleisches durchgebraten; weiter innen war es noch blutig. Ich sagte, ich wolle meine Portion einfach wie ein Würstchen aufspießen und ins Feuer halten, bis es gar war. Kein Problem! Sie bastelten mir schnell einen passenden Spieß.
    In der Zwischenzeit war der junge Jäger behandelt worden. Zuerst gab man ihm einen Kräutertrank. Als nächstes nahm man den kühlen Sand, der aus einem gerade gegrabenen tiefen

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