Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumfänger

Traumfänger

Titel: Traumfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
Vom Netzwerk:
Regierungsbeamten -, er könne sich dank dieses Angestellten immer sicher sein, daß alles vor Sauberkeit glänzte. Ich merkte, daß dies nicht einfach dahingesagt war, er meinte es wirklich so. Und obwohl ich nur zufällig Zeugin dieser Szene geworden war, konnte ich erkennen, wie das Gesicht des Hausmeisters vor Stolz aufleuchtete. Echte Führungskräfte, das erkannte ich an diesem Morgen, müssen in der Lage sein, Grenzen zu überschreiten. 
    Mein Vater sagte immer: »Die Leute arbeiten nicht für eine Firma. Sie arbeiten für andere Menschen.« Im Verhalten des Stammesältesten hier draußen im Outback erkannte ich alle Charakteristika einer echten Führungskraft.
    Nachdem der Älteste zu mir gekommen war, um das seltsame Spektakel einer blondhaarigen »Veränderten« mit dunkelbraunen Haarwurzeln zu begutachten, erlaubte er allen anderen, sich dieses Wunder anzusehen. Ihre Augen schienen aufzuleuchten, und jeder strahlte vor Vergnügen. Ooota erklärte mir, sie freuten sich deshalb so, weil sie das Gefühl hatten, daß ich mich immer mehr in eine Aborigine verwandelte.
    Als sie alle ihren Spaß gehabt hatten, nahm das Komitee seine Arbeit an meinem Haar wieder auf. Die Frauen flochten Samen, kleine Knochen, Pflanzenkapseln, Gräser und Sehnen von einem Känguruh in mein Haar ein. Als sie damit fertig waren, krönten sie mich mit dem aufwendigsten Haarband, das ich jemals gesehen hatte. Lange Haarstränge, in welche die Gegenstände geflochten waren, hingen von dem Band bis an mein Kinn hinab. Sie erklärten mir, daß die mit Korkschwimmern versehenen australischen Fischerhüte, die in der Regel von Sportlern benutzt werden, diesem Fliegenschutz der Ureinwohner nachempfunden waren. Später am Tag begegnete uns ein riesiger Schwärm Buschfliegen, und mein neuer Kopfschmuck erwies sich als wahre Gottesgabe.
    Als wir an einem anderen Tag von einem Riesenschwarm fliegender und beißender Insekten heimgesucht wurden, rieben sie mich mit Schlangenöl und Asche von unseren Lagerfeuern ein und forderten mich auf, mich im Sand zu wälzen. Diese Kombination verscheuchte das lästige Ungeziefer. Das war es allemal wert, wie ein dreckverkrusteter Clown herumzulaufen. Aber die Fliegen, die trotzdem den Weg in meine Ohren fanden und in meinem Kopf herumzukrabbeln schienen, bereiteten mir nach wie vor Höllenqualen. Ich fragte mehrere Aborigines, wie sie es aushielten, einfach regungslos dazustehen und die Insekten über sich krabbeln zu lassen. Sie lächelten mich nur an. Dann richtete man mir aus, der Älteste, den sie Königlicher Schwarzer Schwan nannten, wolle mich sprechen.

    »Verstehst du, was für immer bedeutet?« fragte er.
    »Es ist eine sehr, sehr lange Zeit. Die Ewigkeit. Wir wissen, daß die Menschen in eurer Gesellschaft sich der Zeit sehr bewußt sind und sich immer Termine setzen. Deshalb frage ich dich, verstehst du, was für immer bedeutet?«
    »Ja«, sagte ich. »Das verstehe ich.«
    »Gut«, antwortete er. »Dann kann ich dir etwas erklären. Alles, was die Göttliche Einheit erschaffen hat, erfüllt einen Zweck. Alles hat seinen Sinn, alles paßt zueinander, es gibt keine Mißbildungen, Versehen oder Zufälle. Es gibt nur Dinge, die die Menschen nicht verstehen können. Du denkst, daß die Buschfliegen schlecht sind, eine Plage, und darum sind sie es für dich auch. Aber sie sind es nur, weil dir das notwendige Verständnis und die Weisheit fehlten. In Wahrheit sind sie wichtige und nützliche Kreaturen.
    Sie krabbeln in unsere Ohren und reinigen sie von dem Wachs und dem Sand, der sich während unseres Schlafs dort ansammelt. Hast du nicht gemerkt, wie gut wir hören? Sie krabbeln sogar in unsere Nasen und reinigen sie.« Er deutete auf meine Nase und sagte:
    »Du hast sehr kleine Nasenlöcher und nicht so eine große Koalanase wie wir. Es wird in den nächsten Tagen noch viel heißer werden, und du wirst unter der Hitze sehr leiden, wenn du keine saubere Nase hast. Bei extremer Hitze darfst du deinen Mund nicht öffnen, damit keine heiße Luft in deinen Körper dringt.
    Von allen Leuten hier brauchst gerade du eine saubere Nase. Die Fliegen krabbeln über deinen Körper und klammern sich dort fest, dabei entfernen sie abgestorbene Hautteile und alle Ausdünstungen.« Er streckte seine Hand nach mir aus. »Sieh doch nur, wie weich und glatt unsere Haut ist, und dann schau dir deine an. Noch nie haben wir einen Menschen gesehen, dessen Hautfarbe sich allein durchs Wandern einfach verändert. Als du

Weitere Kostenlose Bücher