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Traumfänger

Traumfänger

Titel: Traumfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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weiterträgt. Das riesige grünschwarze Ei des Emus ist ein Fruchtbarkeitstotem.
    Auch wenn die »Wahren Menschen« keinen Zugang zum Meer mehr haben, ist der Delphin ein Tier, das ihnen besonders nahesteht. Er war die erste Kreatur, mit der sie sich von Kopf zu Kopf verständigen konnten, und er zeigte ihnen, daß das Leben glücklich und frei sein sollte. Von diesem verspielten Tier lernten sie, daß es keinen Wettkampf, keine Verlierer oder Gewinner gibt, sondern einfach nur Spaß für alle. Die Spinne lehrt uns, niemals gierig zu sein. Sie zeigt, daß auch Gebrauchsgegenstände sehr schön, ja sogar echte Kunstwerke sein können. Und sie lehrt uns, daß wir uns zu leicht nur um uns selbst drehen.
    Wir sprachen auch noch über die Lehren, die uns Ameise, Kaninchen, Eidechse und sogar der Brumbie - das australische Wildpferd - erteilen. Als ich einige bereits ausgestorbene Tierarten erwähnte, fragten sie, ob uns »Veränderten Menschen« denn nicht klar sei, daß das Ende einer jeden Spezies auch bedeute, daß wir dem Ende der Spezies Mensch wieder einen Schritt näher gekommen seien.
    Schließlich legte sich der Sandsturm, und wir krochen wieder aus unserem Unterstand hervor. Jetzt erzählten sie mir, daß sie sich nun einig waren, welchem Tier ich am nächsten stand. Dabei hatten sie sich an meinem Schatten orientiert, den sie genau beobachtet hatten. Sie hatten auf meine Gesten und meinen Schritt geachtet, den ich mir zugelegt hatte, seitdem meine Füße »gepolstert« waren. Sie beschlossen, das Tier für mich in den Sand zu malen. Während das Sonnenlicht wie ein Scheinwerfer auf die Fläche vor mich fiel, benutzten sie ihre Finger und Zehen als Zeichenstifte. Die Umrisse eines Kopfes wurden sichtbar, dann fügte jemand ein paar kleine runde Ohren hinzu. Sie betrachteten meine Nase und zogen deren Form im Sand nach. Die Seelenfrau zeichnete die Augen ein und erklärte, sie hätten dieselbe Farbe wie meine.
    Dann kamen viele Punkte hinzu, und ich scherzte, daß meine Sommersprossen doch mittlerweile alle zugedeckt seien. »Wir kennen dieses Tier nicht«, sagten sie. »Es lebt nicht in Australien.« Doch sie spürten, daß das Weibchen bei diesen vielleicht mythischen Tieren für die Jagd zuständig war. Meist zog sie zufrieden allein durch die Gegend. Das Wohl ihrer Welpen stellte sie über ihr eigenes Leben und das ihres Gefährten. Dann fügte Ooota mit einem Lächeln hinzu: »Wenn dieses Tier zufrieden ist, ist es sanftmütig, aber es kann sehr wohl Gebrauch von seinen scharfen Zähnen machen.«
    Als ich wieder auf das fertige Bild hinabschaute, erkannte ich einen Gepard. »Ja«, sagte ich, »ich kenne dieses Tier.« Und ich konnte mich mit allen Eigenschaften dieser Raubkatze identifizieren.
    Ich erinnere mich noch, wie still es an diesem Abend war. Auch der braune Falke schien sich auszuruhen. Als ein Halbmond am wolkenlosen Himmel aufstieg, wurde mir klar, daß ein ganzer Tag verstrichen war, an dem wir statt zu wandern nur geredet hatten.

15 •   Vögel
    Die Schwester der Vogelträume trat in den Morgenkreis. Sie wollte an diesem Tag ihr besonderes Talent mit der Gruppe teilen, wenn es zum Besten aller Beteiligten sei. Und wenn dem so war, würde die Göttliche Einheit ihr beistehen. Bis auf meinen treuen Freund, den braunen Falken mit den dunkelsamtenen Schwingen, der immer über unserer wandernden Gruppe kreiste und sich besonders oft meinem Kopf näherte, hatten wir seit zwei oder drei Wochen keinen Vogel mehr gesehen. Die anderen freuten sich sehr über dieses Ereignis, und mittlerweile glaubte auch ich, daß Vögel aus dem Nichts auftauchen würden, wenn unser Tagesplan es vorsah.
    Die leuchtende, orangefarbene Scheibe der Sonne war erst halb über die Hügel am Horizont gestiegen, als wir sie kommen sahen. Es war ein Schwärm von Vögeln in den buntesten Farben; sie waren größer als die Papageien, die ich mir früher einmal zu Hause in einem Käfig gehalten hatte, aber in ihrer Farbenpracht waren sie diesen Vögeln ähnlich. Es waren so viele, daß wir zwischen ihren flatternden Flügeln das Blau des Himmels nicht mehr erkennen konnten. Plötzlich mischte sich das surrende Geräusch fliegender Bumerangs unter das Geschrei der Vögel. Es klang fast, als schrien diese Kreaturen die ganze Zeit: »Ich, ich, ich!« In Zweier- und Dreiergruppen fielen sie vom Himmel. Kein einziger Vogel lag leidend am Boden - sie waren alle auf der Stelle tot.
    An jenem Abend aßen wir ein Festmahl. Die vielen

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