Traumfrau ahoi: Roman (German Edition)
selbsttätig aufpumpte. Da die Rettungsinsel 1989 zum letzten Mal überprüft worden war, glaubte er nicht, dass sie sich tatsächlich aufpumpen würde. Der Notfallkasten taugte nichts, genau wie alle anderen Notausrüstungen auf dem Schiff. Er fand noch eine kleine Box mit Angelzubehör und zwei wasserdichte Lampen – inklusive funktionstüchtiger Batterien.
Max setzte den Hund auf die Bank in der Kombüse, warf seine Öljacke auf den Tisch und griff nach dem Fischmesser, das er in seinen Stiefelschaft gesteckt hatte. Er schnitt zwei etwa zehn Zentimeter große Stücke Styropor von der Rettungsboje ab, ehe er in der kleinen Tasche kramte, die er mit dem notwendigsten Proviant gefüllt hatte, für den Fall, dass sie die Dora Mae verlassen mussten. Er fand eine Rolle silberfarbenes Isolierband, mit dem er zuvor bereits die Tür zur Kajüte abgedichtet hatte, sodass kein Wasser eindringen konnte. Als der Bug sich hob, griff Max nach Lolas Hund. Er blickte
zu der Fensterreihe längs der Kombüse und des Salons, konnte aber nichts von dem Chaos draußen sehen. Während seiner Zeit bei der Marine hatte er raue See und tropische Stürme erlebt, aber damals hatte er sich an Bord von Zerstörern befunden. 1998 hatte er den Hurrikan Mitch in einem U-Boot der Seewolf-Klasse überstanden – sicher geborgen unter Wasser.
Baby leckte Max’ Kinn, und er sah in die schwarzen Knopfaugen des Hundes. Selbst Lolas Hund blickte ihn an, als wäre er in der Lage, ein Wunder zu vollbringen. Als könnte er sie alle retten, was die Last auf seinen Schultern noch schwerer werden ließ.
Er legte die Styroporblöcke an den Flanken des Hundes an und wickelte das Isolierband um Babys Bauch und die Blöcke. Am Ende sah der kleine Hund aus wie ein Silbertablett auf Beinen. Die Vorrichtung würde Baby wahrscheinlich nicht das Leben retten, aber zumindest dafür sorgen, dass er über Wasser blieb.
Die Toilettentür öffnete sich, und Lola wankte hinaus. Ihr Gesicht war kreidebleich, ihre Lippen hatten alle Farbe verloren. Auf dem Weg zum Sofa warf sie einen Blick in die Kombüse. Die Jacht schlug hart nach backbord, und Lola ließ sich auf die Knie fallen und legte den Rest des Wegs auf allen vieren zurück.
Max hielt sich am Esstisch fest und wartete, bis das Schwanken einen Moment nachließ, bevor er zum Sofa ging. »Was Besseres ist mir nicht eingefallen«, sagte er und legte ihr den Hund in den Schoß.
»Danke, Max.« Sie rollte sich auf die Seite und drückte Baby an ihre Brust. »Ich habe doch gleich gewusst, dass du Baby tief in deinem Herzen gern hast.«
»Ja, ich habe gelernt, ihn zu mögen.«
Ein schwaches Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. »Mich und Baby.«
»Vielleicht mag ich dich sogar noch ein bisschen mehr.«
»Ja, ich weiß.«
»Woher denn?«
»Du hast mich geküsst, als würdest du mich mögen.«
Eine Welle traf die Dora Mae von achtern an der Steuerbordseite mit solcher Wucht, dass Max auf die Knie stürzte. Das Licht flackerte und knackte, die Motoren gingen aus, und die Kajüte wurde in tiefe Dunkelheit getaucht, sodass Max die Hand vor Augen nicht erkennen konnte.
»Max!« Lolas angstvoller Schrei schnitt durch die Dunkelheit.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte er. »Bist du noch auf dem Sofa?«
»Ich weiß nicht, wo ich bin. Wo ist Baby?« Ein paar angespannte Augenblicke vergingen, bevor sie fortfuhr. »Hier ist er ja«, sagte sie unweit von Max’ Füßen. »Wird das Licht wieder angehen?«
Der Notstrom-Generator war in der ersten Nacht nicht angesprungen, und Max bezweifelte, dass er es jetzt tun würde. »Nur, wenn ich die Motoren wieder anwerfe.«
»Geh nicht nach draußen.«
»Schätzchen, das hatte ich auch nicht vor.« In der Dunkelheit kroch er zur Kombüse, fand die Tasche auf dem Boden und zog sie in Richtung Sofa. Allmählich gewöhnten sich seine Augen ein wenig an die Dunkelheit, sodass er verschiedene Abstufungen von Grau und Schwarz ausmachen konnte. »Bist du verletzt?«
»Nur mein Ellbogen tut weh. Ich werde es überleben.« Sie schwieg einen Moment. »Max, glaubst du …« Sie beendete den Satz nicht, aber Max ahnte, was sie wissen wollte.
»Was denn?«
Über das Heulen des Windes hinweg war ihre Stimme kaum zu hören. »Glaubst du, dass wir das hier überleben?«
Lola und Baby krochen wieder aufs Sofa, und Max setzte sich, den Rücken gegen die Armlehne gestützt, auf den Boden. »Wir haben eine Chance.« Er sagte ihr die Wahrheit. Zu oft im Leben hatte er sich schon verloren
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