Traumfrau ahoi: Roman (German Edition)
weit gehen würde. Immer wieder.
Max kauerte eine halbe Stunde lang in der Dunkelheit, ehe er zwischen Bäumen und Unterholz zu einer Stelle vorrückte, wo die Insel einen Bogen beschrieb und vom Strand her nicht einzusehen war. Wenn es eines gab, worauf Max sich stets hatte verlassen können, dann war es sein Instinkt, doch seit neuestem erwies dieser sich als nicht gerade zuverlässig. Er hatte ihn während seines Auftrags in Nassau im Stich gelassen, ebenso wie im Hinblick auf Lola. Aber vielleicht lag es auch nicht daran, dass sein Instinkt versagte, sondern nur daran, dass er nicht auf ihn hörte.
Warme Wellen spülten über seine Stiefelspitzen, als er sich bückte und das Fischmesser aus dem Schaft zog. In Lolas Fall traf seiner Einschätzung nach eher Letzteres zu.
Nachdem er nun mit ihr geschlafen hatte, wusste er mit hundertprozentiger Sicherheit, dass es ein Fehler gewesen war, und zwar nicht nur in physischer Hinsicht. Mit Lola Carlyle
zu schlafen, war nicht das unglaubliche Erlebnis, das er sich ausgemalt hatte. Nicht so lustvoll wie all seine Fantasien zusammengenommen. Nein, es war besser. Viel besser. Als er mit ihr geschlafen, in ihr Gesicht gesehen, sich in ihrem warmen, feuchten Leib vergraben hatte, war ein Stück von dem zu Tage getreten, das tiefer ging als Lust. Das größer war als das Begehren, das in seinen Lenden schmerzte, ihn antrieb, immer schneller, immer heftiger in sie zu stoßen. Sie so vollständig in Besitz zu nehmen, dass sie nicht mehr wusste, wo er anfing und sie aufhörte. Er hatte einen Blick auf das erhascht, was sein Leben mit ihr zusammen sein könnte, und in jenen kurzen Augenblicken hatte er es zugelassen. Er hatte zugelassen, dass dieses Bild in sein Herz kroch, ihm den Atem raubte und seinen Verstand lahm legte.
Aber es war nur ein flüchtiger Blick gewesen, nichts als eine Illusion. In der wirklichen Welt war Max nicht der Mann, der ewige Treue schwor, und Lola war nicht der Typ Frau, der sich mit jemandem wie ihm abfinden würde. Mit einem Mann, der nicht dafür garantieren konnte, dass er morgen noch am Leben war.
Max watete in die Brandung und verscheuchte die Gedanken an Lola. Sie war Zivilistin, nicht anders als andere auch. Er hatte einen Auftrag zu erledigen, wie so viele andere zuvor, die man ihm übertragen hatte. Jahrelang geschulte Disziplin befähigte ihn, sich von allem zu lösen, bis auf die Aufgabe, die vor ihm lag. Die Wellen umspülten seine Brust, und er nahm das Fischmesser zwischen die Zähne, um es nicht zu verlieren, ehe er losschwamm. Nur der obere Teil seines Kopfes und seine Augen waren über Wasser, während er die rund hundertfünfzig Meter weit hinausschwamm. Er verursachte keinerlei Wellen und kein Plätschern, als er wendete und parallel zur Küste weiterschwamm.
Aus der Ferne betrachtet glich der Umriss der Dora Mae einem
riesigen gestrandeten Wal, einem traurigen, erbärmlichen Kadaver. Das Schnellboot lag sechs oder sieben Meter links von der Jacht, aber so tief im Wasser, dass er es nicht bemerkt hätte, wenn er nicht gewusst hätte, wo es sich befand.
Das offene Schnellboot schaukelte auf den sanften Wellen, als Max sich geräuschlos hinaufstemmte. Er nahm das Messer aus dem Mund und wartete einen Moment, bis sich seine Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten. Drei Plastikfässer standen an Steuerbord neben einer Kiste, die aussah, als enthielte sie Munition. Max warf einen Blick zum Strand hinüber, sah die vier Schurken und hob den Deckel an.
Bingo. Lauter hübsche Sachen. Im Mondlicht erkannte Max mehrere MP4-Maschinengewehre, aber keine Munition. Daneben fand er etwa ein Dutzend Stangen Dynamit und Sprengkapseln. Der letzte Gegenstand, der ihm in die Finger kam, entlockte ihm ein Lächeln.
»Hallo«, flüsterte er und nahm eine seiner Lieblingswaffen aus der Kiste, ein .50-Kaliber-Gewehr mit Infrarot-Zielfernrohr. Gleich nachdem er seine SEAL-Ausbildung abgeschlossen hatte, war er zur Scharfschützenausbildung nach Fort Bragg geschickt worden. Monatelang hatte er sich im Gestrüpp von North Carolina versteckt und auf Papierzielscheiben und Dummy-Fahrzeuge geschossen, während die Sandflöhe sich an seinen Knöcheln und Handgelenken gütlich getan hatten. Einige Jahre später hatte er seine Ausbildung im wirklichen Kampfgeschehen bei der Operation Desert Storm anwenden können und eine Menge über Leben und Sterben gelernt.
Damals war er kaum mehr als ein Junge gewesen.
Was diese Jungs am Strand mit einer Waffe
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