Traumfrau mit Fangzähnen
1930 zu einem Vampir geworden, daher war sie zwar einige Jahrhunderte jünger als ich, doch auch wenn sie aussah wie Anfang zwanzig, war sie mit ihren fast achtzig Jahren kein junger Hüpfer mehr. Wir beide kannten eine ganze Menge Oldies, das war mal sicher. Meine Erinnerung an Lieder ging sogar zurück bis zu elisabethanischen Tänzen.
Während der Fahrt führten wir ein typisches Frauengespräch. Ich erzählte ihr noch einmal alles von der Party in den Hamptons am Sonntag. Dann fragte ich sie geradeheraus, ob zwischen ihr und Bubba Lee irgendetwas lief, woraufhin sie zu lachen begann. »Ach du meine Güte, nein! Ich finde ihn großartig, und er ist wirklich süß, aber er ist viel zu alt für mich. Er muss bei seiner Verwandlung beinahe vierzig gewesen sein. Ich stehe nicht auf ältere Männer. Die jüngeren langweilen mich manchmal allerdings auch zu Tode. Und nachdem Louis mich sitzengelassen hat, gehe ich es in Zukunft lieber langsam an.«
Benny wusste nicht, dass Louis tot war und dass möglicherweise Darius ihn umgebracht hatte. Gegen Ende unseres letzten Auftrags hatte ich die Überreste des schlaksigen, grünäugigen Vampirs – nichts weiter als ein Häufchen Staub – in dem luxuriösen Apartment eines Waffenhändlers in der Fifth Avenue gefunden, den ich ausspionieren sollte. Louis war in das Apartment eingedrungen, um es auszurauben, und damit war er leider zur falschen Zeit am falschen Ort. Außerdem entdeckte ich meinen Lieblingsring in seinem Staub, wodurch klar war, dass Louis diesen ebenfalls gestohlen hatte. Er hatte zwar sein Schicksal nicht verdient, aber er war auch eindeutig kein Mr. Nice Guy gewesen. Benny sollte nicht um ihn weinen, deswegen ließ ich sie in dem Glauben, dass er sie einfach sitzengelassen hatte. Es gibt einige Dinge, die gute Freundinnen für sich behalten sollten.
»Was ist eigentlich aus Larry D. Lee geworden, diesem anbetungswürdigen Soldaten, mit dem du dich getroffen hast? Du hast mir nie die ganze Geschichte erzählt«, sagte ich, nachdem ich den richtigen Highway gefunden hatte. Die Menschen in den Autos, die uns überholten – und uns überholte so ziemlich jedes Auto –, drehten ihre Köpfe zu uns um und starrten uns neugierig an. Ich versuchte sie zu ignorieren.
»Ach, Süße, da gibt es nichts zu erzählen. Wir haben uns ein paar Mal getroffen und eine Menge Spaß zusammen gehabt, doch dann ist er weiter im Süden stationiert worden. Aber ich habe ihn nie gebissen oder irgendwas.«
»Aber du hast ihm erzählt, dass du eine Vampirspionin bist. Und als Nächstes wurde sein Cousin Bubba für das Team Dark Wing rekrutiert. Ich meine, wie kann diese kleine, nicht ganz unwesentliche Information über dich während einer normalen Unterhaltung ans Licht kommen?«
»Ja, ja, ich weiß, ich habe einen Fehler gemacht. Aber Larry D. war so unschuldig und vertrauenswürdig, dass ich es einfach nicht mehr ausgehalten habe. Der Arme war dabei, sich in mich zu verlieben, und ich habe ihm nur gesagt, warum er es lieber nicht tun sollte. Das ist alles.«
Jeder Mann war drauf und dran, sich in Benjamina Polycarp zu verlieben, und ich wollte es ihr wirklich nur ungern sagen, aber um Bubba Lee war es möglicherweise auch schon geschehen. Ich warf Benny einen verstohlenen Blick zu, doch sie ging vollkommen darin auf, die Oldies mitzusingen und sich ihres Lebens zu freuen – oder wie man das bei einem Vampir nennen will. Als von den Everly Brothers »Dream« gespielt wurde, fielen wir beide mit ein und sangen zweistimmig. Wir hatten ziemlich viel Spaß auf der Fahrt, auch wenn ich nicht schneller als neunzig km/h fuhr, damit der Smart nicht auseinanderfiel oder eine starke Windböe uns von der Straße fegte.
Genau nach Zeitplan erreichten wir die Hamptons, und ich hoffte, dass ich die unbefestigte Straße wiederfand, die zu dem kleinen Friedhof führte. Ich hatte keine Angst, war aber angespannt wie ein straffes Gummiband. Falls sich dieser verdammte Smart im sandigen Boden festfuhr, waren Benny und ich zwar sicherlich in der Lage, ihn aus dem Sand zu heben, aber ich schalt mich selbst, dass ich Mar-Mar nicht gebeten hatte, mir einen Wagen mit Allradantrieb zu besorgen. Ich bin wirklich furchtbar schlecht darin, Details klar zu planen, und enttäusche mich immer wieder selbst. Hoffentlich hatte ich nicht noch einen weiteren wichtigen Punkt übersehen.
Ich fand die Abzweigung von der Straße und fuhr langsam auf den dunklen, unbeleuchteten Weg. Die Nacht war pechschwarz,
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