Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen
schnappte ihn sich. Er wandte sich zur Contessa um. »Sobald sie hier ist, bringen Sie sie zu Doktor Svenson.«
»Wie Sie wünschen. Und sobald Sie bei Robert Vandaariff sind, wissen Sie, was Sie zu tun haben.«
»Ihm den Schädel einschlagen.«
»Mit dem erstbesten Ziegelstein.«
Die Contessa führte Chang und Pfaff zurück zu dem kleinen Park. Die Straßen waren noch immer leer, obwohl Chang den Eindruck bekam, dass sich in der Ferne der Himmel verdunkelt hatte.
»Ist das Rauch?«
Die Contessa zuckte mit den Schultern. »Ab mit Ihnen, Jack! Kommen Sie zu mir zurück, wenn Sie fertig sind.«
»Fertig womit?«, fragte Chang.
»Das geht Sie nichts an, alter Freund.« Pfaff ergriff die Hand der Contessa und beugte sich darüber, um sie zu küssen. Chang hätte Pfaff gegen den Kopf treten können wie gegen einen Ball, doch er nutzte den Moment, um sich umzuschauen … die Büsche des Parks, gemauerte Torpfosten, der Schatten einer Ziersäule …
Pfaff richtete sich auf, hob die Hand der Contessa zu einem weiteren Kuss an seinen Mund und drehte sich auf dem Absatz um, wobei seine Mantelschöße dramatisch flogen. Chang hob einen Stein vom gekiesten Gehweg auf.
»Was haben Sie vor?«, fragte die Contessa. »Wir müssen …«
Pfaff war zwanzig Schritte entfernt, als Chang den Stein von der ungefähren Größe eines Taubeneis warf und den Mann zwischen den Schulterblättern traf. Pfaff schrie auf, wölbte den Rücken und wirbelte herum, wobei er mit gerötetem Gesicht ein Messer aus seinem Mantel zog.
»Verdammt nochmal, Chang! Gottverdammt!«
Kardinal Chang lüftete einen imaginären Hut und winkte mit gespielter Hochachtung. Pfaff schnaubte wütend und stapfte über den Platz.
Chang stieß einen Seufzer aus. Er hoffte, er hatte richtig vermutet, und man hatte sein Zeichen verstanden.
»Ich würde fragen, ob Sie immer so kindisch sind«, stellte die Contessa fest, »wenn ich die Antwort nicht schon wüsste. Ein Kind und ein Rabauke.«
»Und ich glaube nicht, dass Sie das Recht haben zu urteilen.«
»Ganz im Gegenteil, ich bin Expertin in beiden Bereichen.« Die Contessa lächelte breit. »Aus diesem Grund finde ich Sie so unterhaltsam – wie einen Tanzbären.«
»Selbst wenn Ihr Mann alles abkriegt?«
»Zsss! Mr. Pfaff ist sein eigener Herr, zumindest versucht er, das zu sein – seine Fähigkeiten entsprechen allerdings denen eines Kükens, das noch im Nest sitzt.«
»Er küsst Ihnen die Hand.«
»Eine Hand kann man waschen.« Chang machte ein missbilligendes Gesicht, und sie lachte erneut. »Oh, ich vergesse mich – ich fahre nicht jeden Tag mit Monsignore Tugend spazieren, neben dem ich die Hure von Babylon bin. Lieber Kardinal, wollen Sie stattdessen meine Hand küssen?«
Er packte sie am Arm. Mit leicht geöffnetem Mund wartete sie auf seine Reaktion, ob gewalttätig oder leidenschaftlich, konnte er nicht sagen – konnte die Frau überhaupt dazwischen unterscheiden?
»Welche Schande …«, flüsterte sie.
Sie standen am helllichten Tag am Rand des Platzes, aber er kam nicht von ihr los. Es war, als seien sie im Gedränge eines Tanzsaals gefangen. Changs Stimme klang gepresst. »Seit wann kümmert Sie Schande?«
Ihre Worte klangen noch immer gedämpft. »Später … wenn Sie Vandaariff getötet haben … wenn Miss Temple frei ist … müssen wir ein weiteres Mal einander nach dem Leben trachten. Es scheint eine schreckliche Verschwendung zu sein … zwei Kreaturen, die so gut zueinander passen …«
»Ich bin keine Kreatur, Madam.«
Ihr Blick glitt über seine Halsschlagader. »Und deshalb werde ich gewinnen.«
Unter einem Baldachin aus Baumkronen gingen sie mehrere Straßen entlang, in denen kein Verkehr herrschte. Unentwegt suchte die Contessa mit dem Blick die eleganten Häuserfronten ab, sah jedoch keine von ihnen richtig an.
»Waren Sie je auf einem Schiff, Kardinal Chang? Auf dem Meer?«
»Nein. Sie?«
»Natürlich. Ich bin kein Landei.«
»Ich bitte um Verzeihung.«
»Doch ich bin nie weit gesegelt – nicht wochenlang.«
»Spielt das eine Rolle, abgesehen davon, seekrank zu werden?«
»Wollten Sie nie nach China oder Afrika? Die indische Sonne auf ihrem Gesicht spüren?«
»Nein.«
Sie seufzte. »Ich auch nicht.«
»Ich verstehe das Problem nicht.«
»Haben Sie je Francis Xonck über Brasilien reden hören?«
»Einmal, das hat gereicht.«
»Alles, wonach Francis sucht, sind Exzesse.«
»Sind Sie etwa anders?«
»Ich musste nie suchen«, antwortete sie in scharfem
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