Traumgirl auf Hawaii
Cameron?”, hakte er nach.
“Ich weiß nicht. Ist es dumm von mir zu sagen, dass es leichter für mich ist, wenn ich dich als Ethan statt als Cameron Ross sehe?”
“Nicht wenn Cameron Ross ständig im Smoking herumläuft. Ethan ist nicht so elegant gekleidet”, erwiderte er und deutete auf die graue Bundfaltenhose und das auberginefarbene Leinenhemd, das er angezogen hatte.
“Es macht dir nichts aus?”
“Ich habe dir doch schon gesagt”, meinte er, “dass ich Ethan bin. Ich habe keine Ahnung, was das genau bedeutet, aber es ist mein Name. So, und das mit dem Packen war mein Ernst. Such dir ein paar Kleidungsstücke zusammen und was wir deiner Meinung nach sonst noch auf dem Floß brauchen. In ungefähr fünfzehn Minuten wird der Strom auf diesem Schiff abgeschaltet.”
Lilly verließ der Mut. “Bei den drei Profis wird es kentern.”
“Dann paddeln wir aber längst mit dem Floß Richtung Ufer, und der Rettungsdienst wird dank des Navstar-Systems unseren genauen Standort wissen. Ich frage mich nur, ob ich gegen den Verlust der Yacht versichert bin.”
Lilly musste unwillkürlich lachen. “Die Yacht könntest du aus der Portokasse bezahlen.”
“Das ist gut. Das Problem wäre also gelöst.” Er rieb sich erneut die Augen und klang noch immer müde.
“Sag mir, was du willst, und ruh dich aus.”
“Nein”, widersprach er, rührte sich jedoch noch nicht. “Es ist mein Plan. Ich muss dir helfen.”
Lilly ging zum Schrank, weil sie dort vorhin eine Sporttasche gesehen hatte, die genau die richtige Größe für eine Überlebensausrüstung hatte. “Es gibt also einen Plan?”
“Klar. Warten, bis das Schiff in Gefahr ist, dann aus dem Fenster klettern und das Rettungsfloß schnappen.”
Lilly drehte sich erschrocken um. “Das ist alles?”
“Je unkomplizierter Fluchtpläne und Alibis sind, desto besser.”
Sie lachte. “Das klingt wie aus einem Film.”
“Ja, nicht wahr? Ich muss Schauspieler sein.”
Lilly stand einen Moment da und sah ihn nur an. Sie wollte diesem Mann, der in so kurzer Zeit ihr Leben auf den Kopf gestellt hatte, so gern etwas Ermutigendes sagen, doch sie brachte kein einziges Wort über die Lippen.
“Lilly?”
Sie zuckte zusammen. “Was?”
“Es tut mir leid.”
Am liebsten wäre sie jetzt davongelaufen, weg aus seiner Nähe. Doch sie blieb reglos stehen. “Was tut dir leid?”
Sein Lächeln sagte alles.
“Ich versuche mich noch immer mit der Vorstellung anzufreunden, dass das alles wirklich geschieht”, erwiderte sie, um die angespannte Atmosphäre ein wenig aufzulockern und die Angst vor den bevorstehenden Ereignissen zu vertreiben.
Ethan setzte sich auf und winkte sie zu sich. Obwohl sie wusste, dass es besser wäre, es nicht zu tun, setzte sie sich neben ihn.
“Was auch immer geschieht”, meinte er und nahm ihre Hand, “du hast mir das Leben gerettet. Dafür werde ich dir nie genug danken können.”
Sie zitterte leicht. “Ach, schon gut, ich hatte ohnehin nichts Interessanteres vor.”
Er berührte sanft ihr Haar, und die Berührung ging ihr durch und durch. “Fertig zum Aufbruch?”
Nein, dachte sie. Sie wollte hierbleiben und so tun, als gäbe es nur diese Kabine auf der Welt, sonst nichts – keinen Job, keine Verpflichtungen, keine Ehefrau, die auf Ethan wartete.
Bei diesem Gedanken wurde ihr klar, dass sie in ernsthaften Schwierigkeiten steckte. Dabei kannte sie ihn erst seit einem Tag. “Ja”, antwortete sie und hoffte, dass er ihre Traurigkeit nicht bemerkte. “Los geht's.”
Sie stand auf und beugte sich dann, einem Impuls folgend, zu ihm und küsste ihn. Ein Mal. Weil sie wusste, dass es keine Rolle spielte, ob sie auf der Yacht blieben oder es bis zum Rettungsfloß schafften. Weit würden sie ohnehin nicht kommen. Sie wandte sich ab und fuhr fort, die Tasche zu packen.
Lilly und Ethan blieben kaum fünfzehn Minuten, und falls der Sturm stärker wurde, hätten sie sogar noch weniger Zeit. Lilly befürchtete, dass die drei Gangster nicht die geringste Ahnung von Schiffen hatten. Sie packte warme Sachen ein, Sweatshirts, Jeans, Socken, zwei leichte Leinenhemden, wie Ethan eines trug, außerdem Shorts und Schuhe. Es wäre schön gewesen, wenn sie Schuhe in ihrer Größe – achtunddreißig – gefunden hätte. Doch notfalls konnte sie sicher Socken vorn in Ethans Schuhe stecken.
Für einen Moment kam ihr der Gedanke, dass seine Frau anscheinend nicht so gern wie er zur See fuhr, da sie keine Frauenkleidung fand. Oje, sie
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