Traumgirl auf Hawaii
würde den Gürtel enger schnallen und die Hosenbeine aufkrempeln müssen. Sie brauchte noch Platz für Seife, Wasserflaschen, ein Antiseptikum und Verbände. Alles Weitere würden sie auf der Insel finden, falls sie es bis dahin schafften.
Falls – was für ein reizendes Wort.
“Hast du ein Geheimnis, von dem niemand weiß und das zufällig mit extremer Ungeschicklichkeit zu tun hat?”, fragte sie und betrachtete die Erste-Hilfe-Ausstattung in seinem Badezimmerschrank. “Bis auf Zubehör für einen größeren chirurgischen Eingriff bist du mit allem versorgt.”
Ethan drehte sich um; er naschte gerade einen Müsliriegel, während er mit seinen sonnenverbrannten Füßen in seine Schuhe schlüpfte. “Vielleicht war ich mal Pfadfinder.”
“Nein.”
“Weißt du wirklich so viel über mich?” Er klang amüsiert.
“Um nicht mitzubekommen, dass du zu den begehrtesten Männern der Welt zählst, hätte ich in den letzten Jahren schon im Koma liegen müssen.”
Er runzelte skeptisch die Stirn. “Es muss einen Grund geben, weshalb ich mich an all das nicht erinnere. Möglicherweise will ich es nicht.”
Lilly sah überrascht zu ihm. Er rieb sich den Kopf. Offenbar war ihm die Bedeutung dessen, was er gerade gesagt hatte, nicht klar. Es war nur so eine beiläufige Feststellung gewesen, aber Lilly machte sie nachdenklich.
Doch jetzt war keine Zeit, dem nachzugehen. Die Zeit lief ihnen davon, das Meer wurde immer aufgewühlter, und dieser Mann war verheiratet, ob unglücklich oder nicht. Sie widmete sich wieder dem Badezimmerschrank.
“Das gibt's doch gar nicht. Wozu brauchst du sterile Kochsalzlösung? Als Blutersatz für den Fall, dass du durch ein Fenster stürzt?”, witzelte sie.
“Für Kontaktlinsen.”
Lilly packte währenddessen die antibiotische Salbe ein. Ethans Schweigen fiel ihr erst auf, als es zu spät war.
“Mein Gott, das ist es!”
Sie drehte sich um und sah, wie Ethan aufsprang und fast auf der Nase landete, da das Schiff sich auf die Seite legte.
“Ethan …”
Hastig riss er die Schubladen des Nachttisches auf. “Da glaube ich die ganze Zeit, ich könnte wegen eines Schlages auf den Kopf nicht mehr sehen”, rief er und warf eine Taschenlampe, Bücher und Kondome auf das Bett. “Dabei geht es mir immer besser. Nur richtig sehen kann ich noch immer nicht. Also muss ich wohl eine Brille tragen!”
“Nein, tust du nicht”, erklärte Lilly sofort.
“Doch! Es kann doch gar nicht anders sein.” Er warf zwei Krawatten, eine Schale mit Kleingeld und einen Notizblock aus dem Hilton Hotel auf das Bett. “Ich glaube, ich bin blind wie ein Maulwurf!”
“Aber wie kannst du dann fliegen?”
Er stutzte. “Ich kann fliegen?”
“Ja, deinen eigenen Jet.”
Er schüttelte den Kopf. “Davon weiß ich nichts, Lilly, aber ich schwöre dir, irgendwo hier auf dem Schiff befinden sich entweder Kontaktlinsen oder eine Brille mit dicken Gläsern. Such danach, Lilly. Um heil aus dieser Geschichte herauszukommen, muss ich sehen können.” Er grinste breit. “Und ich will dich endlich richtig sehen.”
Die Vorstellung machte sie nervös, da sie sich keineswegs für schön genug hielt. Jedenfalls nicht schön genug für einen Filmstar. “Das fehlt mir noch”, murmelte sie. Außerdem fragte sie sich, was eine Schublade voller Kondome bei einem Mann bedeutete, der ohne seine Frau verreiste.
“Hier ist die Brille!”, rief er kurz darauf. “Ich wusste doch, dass es hier so was geben muss.”
Lilly erschrak und wünschte sich in diesem Moment, wenigstens einmal ihr Aussehen mit dem ihrer Schwester Tai tauschen zu können, die immerhin einmal bei der Wahl zur Miss Hawaii Zweite geworden war.
Als sie sich umdrehte, setzte Ethan sich tatsächlich gerade eine Brille mit dicken Gläsern auf.
“Dem Himmel sei Dank.” Er betrachtete das Bild vor ihm an der Wand. “Ich werde also nicht an einer Hirnverletzung sterben. Ich bin bloß kurzsichtig. Lilly …”
Er drehte sich um, und es gab keine Möglichkeit mehr für sie, sich zu verstecken. Sie stand mit dem Antiseptikum in der einen und einer Schachtel Pflaster in der anderen Hand wie gelähmt an der Badezimmertür und erwartete die unausweichliche Enttäuschung auf Ethans Gesicht zu sehen.
Ethan hatte sich fast umgedreht, als das Licht ausging.
Lilly lachte. Dann warf eine Welle die Yacht herum, und sie landeten auf dem Boden.
4. KAPITEL
Noah Campbell rieb sich die müden Augen und suchte den Horizont ab. Doch es waren nur Wellen und
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