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Traumjäger (German Edition)

Traumjäger (German Edition)

Titel: Traumjäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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ging durch die Reihen der Schwarzbekleideten. Wie konnte ihnen nur so ein schwerwiegender Fehler passieren? Wie konnten sie es wagen, ihren Herrscher so zu verärgern? Ihn so zu enttäuschen…
    Sorgul warf seinen Knechten einen verächtlichen Blick zu. Es reichte, um sie einzuschüchtern. Dann galt seine Aufmerksamkeit wieder mir.
    „Ein Träumer, ein kleiner, mickriger Träumer. Oder täusche ich mich etwa wieder?   Bist du vielleicht – noch mehr?“
    Ein unheimlicher Schimmer huschte fast unmerklich über das graue Gesicht des dunklen Herrschers. Er hatte einen bösen Plan, ich las es an seinen Augen ab.
    „Lasst den Jungen los!“, befahl Sorgul den Traumlosen, die mich hielten. Ich rieb mir meine Arme, dort, wo sie so hart zugegriffen hatten.
    Dann, schnell, bevor Sorgul oder seine Traumlosen mich zurückhalten konnten, duckte ich mich unter dem Arm des dunklen Fürsten hindurch, stürzte die Treppen hoch und fiel in Toms Arme.
    Blankes Entsetzen lag in seinen Augen. „Andy, was machst du denn hier? Wie bist du…? Wie ist das…? Du dürftest doch überhaupt nicht hier sein!“ Ich antwortete nicht. Stattdessen drückte ich mein Gesicht tief in Toms Jacke und atmete den vertrauten Geruch von Keksen mit Kokosstreuseln ein. Tom klopfte mir beruhigend auf die Schulter. „Ist schon okay“, flüsterte er. „Uns wird schon etwas einfallen.“
    Am liebsten hätte ich Tom gar nicht mehr losgelassen, doch die Traumlosen, die Tom bewachten, stießen mich unsanft beiseite.
    Sorgul kam bedächtig die Treppenstufen hinaufgestiegen. Sein Umhang war fest um seinen Körper gewickelt. Sehr groß und hager wirkte er. Langsam kam er auf die Tribüne. Dann bückte er sich und hob die Axt auf. Böse lächelnd wiegte er sie in der Hand und befühlte die scharfe Seite mit dem Finger.
    Die Uhr! Blitzschnell, bevor mich jemand daran hindern konnte, bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte, beugte ich mich zu dem Tischchen und ergriff die goldene Uhr. Sorgul schien nur darauf gewartet zu haben. Ein unheimliches Funkeln lag in seinen grausamen Augen.
    Er nickte bedeutungsvoll. „Habe ich es mir doch gedacht! Du kennst die Uhr auch!“
    Sorgul drehte sich schwungvoll zu der gespannt wartenden Menge Traumloser um und riss die Arme hoch, die Axt noch in den Händen.
    „Verzeiht die kurze Unterbrechung, meine getreuen Traumlosen – das Fest geht nun weiter!“ Sein Lachen war eiskalt. „Was für eine nette Überraschung: Der Traumjäger hat uns doch tatsächlich seinen Schüler mitgebracht!“
    Die Menge fiel in das unmenschliche Lachen ein.
    Unwillkürlich wich ich ein paar Schritte zurück, als Sorgul auf mich zukam. Spielend leicht riss er mir die Uhr aus den Fingern und blickte belustigt auf mich herab.
    „Ergreift ihn.“, wies er beiläufig zwei Traumlose an. Sofort nahmen sie mich in ihren kalten Griff. Ich wehrte mich, doch es war zwecklos. Ihre Finger schlossen sich um meinen Arm wie Eisenketten. Erschöpft gab ich auf. Alles war umsonst gewesen, alles war schief gelaufen…
    Meine Augen suchten die von Tom. „Es tut mir so leid!“, flüsterte ich. Tom schüttelte aufmunternd den Kopf. „Macht nichts, Andy!“, sagte er, doch ich sah deutlich, wie besorgt er war. Tom hatte Angst. Und ich hatte noch viel mehr Angst als er.
    „So, alter Mann.“, wandte sich der dunkle Herrscher an Tom. „Vielleicht kommen wir jetzt doch noch ins Geschäft. Vielleicht werden wir uns jetzt einig.“
    Wortlos blickte Tom ihm in sein schmales Gesicht. Sorgul drehte seinen Kopf über die Schulter in meine Richtung. „Du weißt nicht zufällig, wie man die Uhr öffnet, nicht wahr, Kleiner?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, du weißt es nicht, das dachte ich mir schon. Solche Geheimnisse teilt ein großer Traumjäger nicht mit einem kleinen, naseweisen Schüler!“
    Sorgul log. Ich war mir sicher, dass Tom mir verraten hätte, wie man die Uhr aufbekam, wenn nur Zeit dafür gewesen wäre! Ich sah es auch an Toms Augen. Das gehörte nur zu Sorguls bösem Spiel.
    Lass dich nicht darauf ein, Andy , spiel nicht mit .
    „Vielleicht bringen wir deinen Lehrmeister gemeinsam dazu, es uns zu verraten!“
    Sorguls kalte Hand legte sich fest auf meine Schulter. Wieder ballte ich nur die Fäuste, weil ich zu nichts anderem fähig war. Wie gerne hätte ich Sorguls Hand von mir weggestoßen.
    „Wenn du dem Jungen auch nur ein Haar krümmst, dann…“, warnte Tom, doch der dunkle Herrscher unterbrach ihn. „Dann… Was dann, alter Mann?

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