Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumjäger (German Edition)

Traumjäger (German Edition)

Titel: Traumjäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
Vom Netzwerk:
Knechte haben nämlich nicht nur die Uhr zu mir gebracht, nein, sie wollten ihrem Herrn ein ganz besonderes Geschenk machen! Das hier ist ein Traumjäger !“
    „Ein Traumjäger, ein Traumjäger…“ klang es durch die Reihen. Ich bemerkte, wie sich Toms Wächter einen bedeutungsvollen Blick zuwarfen. Ganz klar, sie waren in der Gunst ihres Herrn erheblich gestiegen. Wie ich sie verabscheute. Am liebsten hätte ich Tom vor den gaffenden Blicken der Menge bewahrt, doch wie hätte ich das tun sollen? Meine Gedanken purzelten wie wild durcheinander und mir gelang es nicht, sie zu ordnen. Ich war viel zu aufgeregt, viel zu ängstlich. Bezwing deine Furcht! Ich ballte die Hände in meinen Taschen zu Fäusten. Zu mehr reichte es nicht.
    Sorgul ließ die kleine Uhr vor Toms Gesicht baumeln. Dann nahm er sie in die Hand und strich mit seinen langen, knöchrigen Fingern über das glänzende Metall.
    „Wie ihr seht, treue Diener, ist die Uhr geschlossen. Leider haben wir noch keinen Weg gefunden, sie zu öffnen. Ihr wisst ja, wie ungern ich zu brutalen Methoden greife…“ – Die Menge lachte an dieser Stelle laut auf – „… deshalb schlage ich vor, dass der Traumjäger persönlich die Ehre haben soll, sie für uns zu öffnen.“
    Er wandte sich an Tom. Tom blickte ihm starr und wortlos ins Gesicht. Ich hielt den Atem an. Tom würde doch nicht die Uhr für die Traumlosen öffnen? Nein! Das würde er nicht! Da kannte ich ihn zu gut! Lieber würde er…
    Doch was, wenn er es nicht tat?
    Mein Herz klopfte mir bis zum Hals.
    „Na, los, Traumjäger, zeig uns, wie man die Uhr öffnet!“, wies ihn der dunkle Herrscher barsch an. Tom blieb regungslos. Voller Abscheu blickte er fest in Sorguls kalte Augen.
    „Nein.“, sagte er langsam. „Nein, Sorgul, wir haben wirklich nicht denselben Humor!“
    Er wollte sich wieder auf den Stuhl setzen, doch die Wächter hielten ihn zurück. „Öffne die Uhr!“ Sorguls Stimme klang bedrohlich und ungeduldig zugleich.
    „Niemals!“, rief Tom entschieden.
    Sorgul kniff die Augen zusammen. Ich konnte sehen, dass er nachdachte. Am liebsten wäre er Tom wohl angefallen, doch er besann sich eines Besseren. Er versuchte, einen sanften Ton in seine Stimme zu legen. Meiner Ansicht nach missglückte der Versuch.
    „Alter Mann, sei doch vernünftig.“, säuselte er. „Die Uhr wird so oder so zerstört. Dann gibt es keine Träume mehr. Weder für dich noch für irgendjemanden sonst. Du bist dann ein Traumloser wie wir. Ich gebe dir die Wahl: Öffnest du jetzt die Uhr für mich, dann will ich es dir später hoch anrechnen. Du sollst mir dienen dürfen und mein Knecht sein! Weigerst du dich jedoch, dann wirst du mein Gefangener, und glaube mir, es ist nicht angenehm, der Gefangene des dunklen Herrschers zu sein. Niemand, der einmal ein Verlies meiner Burg betritt, verlässt es jemals wieder. Du hast die Wahl, Traumjäger. Es liegt ganz bei dir!“
    Tom biss sich auf die Lippen. Sorgul betrachtete ihn gespannt. Alle Blicke der Traumlosen waren auf Tom gerichtet. Die Stille hing schwer über dem Burgplatz. Wie eine trübe Wolke – beinahe greifbar. Sie schluckte jede Hoffnung, raubte einem den Atem.
    Armer Tom, wie würde er sich entscheiden? Atemlos beobachtete ich ihn.
    Auf einmal entspannten sich Toms Gesichtszüge, seine Augen waren hell und leuchteten. Er sah wieder genauso aus wie ich ihn kannte. Ruhig und freundlich. Mit klarer, fester Stimme sprach er: „Ich würde lieber sterben, als dir dienen zu müssen, Sorgul. Von mir kannst du keine Hilfe erwarten. Nicht von mir.“
    Damit lächelte Tom dem dunklen Herrscher in das verblüffte Gesicht und setzte sich gelassen auf den Stuhl. Seine Wächter vergaßen in ihrer Verwunderung, ihn daran zu hindern. Niemand hatte es jemals gewagt, einen Befehl des Fürsten der Finsternis zu missachten. Das war neu für sie. Auch Sorgul brauchte einen Moment, um sich zu fassen. Man widersetzte sich ihm nicht. Niemand durfte das. Das Ganze lief überhaupt nicht so wie er wollte. Er spürte die bohrenden Blicke seiner Untertanen.
    Nachdenklich rieb er sich das spitze Kinn. „Ganz wie du willst, alter Mann.“ Langsam zischte er die Worte. Er kostete sie aus. „Wie du willst. Dann wirst du eben sterben. Doch zuerst stirbt deine Uhr!“
    Er winkte eine schwarze Gestalt herbei, die am unteren Ende der Treppe stand. Ihre schwarzen, langen Haare kamen mir bekannt vor… Die Traumlose trug eine schwere Axt in ihren Händen. Sie verbeugte sich tief vor Sorgul,

Weitere Kostenlose Bücher