Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumjaeger und Goldpfote

Traumjaeger und Goldpfote

Titel: Traumjaeger und Goldpfote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
matten Lächeln, das aufmunternd wirken sollte.
    Sie schritten nun unter einem der ungeheuren inneren Tore hindurch und durften nur noch flüsternd sprechen. Die Tunnelwände rückten hier eng zusammen, und jedes Wort hallte derartigwider, dass man sicher sein konnte, unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    »Danke, dass du’s versucht hast, Greiftatz«, sagte Fritti. »Wie ging es Springhoch heute Morgen?« Der Abgesandte des Mauertreffs hatte sich an den letzten beiden Tagen geweigert, zur Arbeit zu gehen, und folglich nichts zu essen bekommen.
    »Schlecht, fürchte ich. Liegt nur da und sagt, wenn er sich bewegt, verliert er seinen Schwanznamen.«
    Schweigend schritten sie eine Weile in der Mitte der ausgemergelten, hohläugigen Katzen dahin. Grobschlächtige Krallenwächter umkreisten den mutlosen Zug und griffen ab und zu ein, um zu drohen und anzutreiben.
    »Springhoch wird bald sterben«, sagte Traumjäger. In der oberen Welt hätte es ihn verwundert, jemanden so etwas mit so ruhiger Stimme aussprechen zu hören.
    »Er ist nicht mehr stark genug, um weiterzuleben«, stimmte Greiftatz ihm zu. »Sein Schwanzname ist alles, was er noch besitzt …«
     
    Aus einer Höhle in der Felswand über dem Großen Tor blickte Dachschatten hinunter auf das Leben im großen Leichenhaus des Hügels. Verwirrt durch den Zwang, ihre Instinkte zu verleugnen, erschöpft und verängstigt, hatte sie sich stetig bis zu dem schlagenden Herzen in der Mitte des Hügels hinuntergetastet. Als der Tunnel jäh an der Wand der Kammer des Großen Tores zu Ende gewesen war, hatte sie plötzlich das ganze Ausmaß des Schlechten, des
Os
, zu Gesicht bekommen. Die missgestalteten Wächter und die kranken und sterbenden Gefangenen; die unheimlichen Lichter und die giftige Hitze der Luft – all dies traf sie wie ein Tatzenhieb, und ihr wurde schwindelig.
    Unfähig, einen Augenblick den Atem anzuhalten, geriet sie am Rand der Höhle ins Schwanken und plumpste, ein zitterndes Bündel, auf den dunklen Boden.
    Weit hinter ihr, nahe der Oberfläche, hatte die bleiche Schnüffelnase eines der blinden Zahnwächter etwas Sonderbares entdeckt: einen unerlaubten Tunnel in die Oberwelt. Die ausgeworfene Erde war noch frisch.
    Fluchtversuche waren häufig, das war selbstverständlich, doch sie schlugen unweigerlich fehl. Trotzdem schien es sich hier um etwas anderes zu handeln. Die überscharfen Nüstern der haarlosen Kreatur, die das Loch gefunden hatte, entdeckten eine merkwürdige Tatsache: Etwas hatte sich den Weg nach innen gegraben, nicht nach draußen …
     
    Irgendwo tief im Vastnir tauchte aus einer dunklen Höhle eine Gestalt auf und betrat eine noch dunklere. Hitze und Luftströme wiesen der Gestalt den Weg.
    »Meister Heißblut!«, rief der Zahnwächter.
    Nach einer Pause kam die Antwort: »Magerwicht, ich habe längst aufgehört, an deiner unangenehmen Gegenwart Gefallen zu finden. Ich glaube, dass ich dem endlich ein Ende setzen werde.«
    Sogar in der Dunkelheit war dem Meister die Verärgerung anzumerken.
    »Bitte, Herr, tut nichts Törichtes. Ich bringe Euch wichtige Neuigkeiten!« Ein erneutes langes Schweigen, und Magerwicht konnte ebenso deutlich riechen und fühlen, dass Heißblut näher kam, wie das Volk über der Erde bei hellstem Tageslicht sehen konnte. Er widerstand seinem Drang, zu fliehen.
    »Was könntest du mir zu erzählen haben, das möglicherweise für mich von Wert sein könnte, du altes Sabbermaul?« Der Ton von Heißbluts Stimme legte es nahe, an baldigen, qualvollen Tod zu denken, doch Magerwicht setzte alles auf eine Karte und sagte: »Nur dies, allergütigster Herr, nur dies: Jemand hat einen Tunnel gegraben, der nach Vastnir hineinführt! Jemand aus der Sonnen-Welt! Ich habe die Stelle entdeckt, wo das Wesen oberhalb des Großen Tores hineingeschlüpft ist!«
    Heißblut kam näher, bis sein heißer Atem seinen ängstlich zurückweichenden Untergebenen traf.
    »Und warum sollte mich das kümmern?«, fauchte der Anführer der Zahngarde – doch nun hatte seine zischelnde Stimme einen unmerklich veränderten Ton. »Ich vermute, dass du davon jedem erzählt hast, der zwischen meiner Höhle und den unteren Katakomben geht, kriecht oder gräbt?«
    »Nein, großer Meister!«, jammerte Magerwicht, erfreut, dass er die richtige Ahnung gehabt hatte. »Ich bin geradewegs zu Euch gekommen!«
    »Hole mir Schnüpper. Bist du sicher, dass es ein Tunnel ist, der hineinführt? Falls du dich getäuscht hast …!«
    »O nein«,

Weitere Kostenlose Bücher