Traumjaeger und Goldpfote
Auge. Er empfand eine tiefe Liebe zu dieser Jägerin, die ihre eigenen Gefühle nicht schonte.
»Mein Name ist Firsa Dachschatten«, sagte sie ruhig. Überrascht spürte Fritti, wie sein Herz laut in der Stille schlug. Sie hatte ihm ihren Herznamen gesagt!
»Der meine … der meine ist Fritti Traumjäger«, sagte er schließlich.
»Die Urmutter beschütze dich, Fritti. Ich werde oft an dich denken.«
»Ich hoffe, ich sehe dich eines Tages wieder … Firsa.«
Ihr Herzname! Er kannte noch nicht einmal den von Goldpfote! Während des ganzen langen Spazierganges wirbelten seine Gedanken verworren in seinem Kopf herum.
Prinz Zaungänger, dem die Ungeduld unter den Pfoten brannte, schritt auf und ab und gab mit lauter Stimme Hinweise und Befehle.
»Jetzt kommt! Genug geleckt, Burschen! Hört auf damit und bewegt euch! Vorwärts, Leisetritt! Zeit, dass wir uns auf den Weg machen!«
Viel Volk drängte sich um den Prinzen. Der lange Marsch zurück zum Wurzelwald sollte beginnen.
Fritti hatte sich von Zaungänger und den anderen bereits verabschiedet. Der Prinz hatte ihm einen liebevollen Stups mit dem Kopf versetzt und gesagt: »Willst wieder loszotteln, wie? Bist das größte Schlenderbein, das ich je kannte! Wirst mich sicher amHof besuchen. Dann werden wir diesen Schwanzhockern mal was erzählen, dass sich ihre Ohren biegen!«
Zitterkralle brach zum Treffen der Lehnsmänner auf, wo die Nachfolger derer, die im Hügel gefallen waren, bestimmt werden sollten. Auch er hatte Traumjäger schon liebevoll eine gute Reise gewünscht.
Nun saß Fritti mit seinen beiden engsten Freunden zusammen und war des Abschiednehmens plötzlich müde. Er schnüffelte an Dachschattens Wange, rieb sein Gesicht an ihrem warmen, weichen Fell und sagte nichts.
»Ich sage nicht, dass ich hoffe, dich wiederzusehen, weil ich weiß, dass ich’s tun werde«, sagte Raschkralle. Trotz aller ihrer neuen Einsichten wirkte die kleine Katze dennoch unglücklich. Sie tat Traumjäger leid, und er liebkoste sie einen Augenblick lang.
»Ich bin sicher, dass ich euch beide wiedersehen werde«, sagte er ruhig. »
Mri’fa-o
, meine zwei Freunde.«
Zaungänger gab mit dröhnender Stimme letzte Anweisungen an das versammelte Volk; dort erhob sich lebhaftes Stimmengewirr. Traumjäger wandte sich ab und kehrte zum Rattblatt-Wald zurück, um seine eigene Reise wieder aufzunehmen. Der kalte Wind rüttelte an den Zweigen.
Außerhalb der aufgetauten Bezirke lag der Rattblatt-Wald noch immer in tiefer winterlicher Kälte. Traumjäger, eine verlorene Gestalt in der endlosen Weiße des Waldes, dachte über die tiefe Veränderung nach, die mit seinem kleinen Freund Raschkralle vor sich gegangen war. Seine Gedanken wurden bloß von dem leisen Knirschen begleitet, mit dem seine Tatzen die Schneedecke einkerbten.
Ohne Zweifel hatte sich Raschkralle von Grund auf verändert. Obgleich er noch immer herumspringen und spielen konnte, wie man es von einem jungen Kätzchen erwartete, und obwohl er offenbar seinen jungenhaften Appetit behalten hatte, war gleichwohldie jugendliche Unschuld nicht mehr da. Oft, wenn er seinen kleinen Freund beobachtete – redend wie ein ergrauter alter Kater, die winzige Gestalt um die Länge eines Schwanzes verkürzt –, befiel Fritti eine tiefe, unerklärliche Trauer.
Der verlorene Schwanz schien Raschkralle weniger zu schmerzen als Fritti. Die Vorstellung, wie Raschkralle von Kratzkralle zugerichtet und verstümmelt worden war, machte Fritti schwer zu schaffen, und der Gedanke daran schmerzte ihn wie eine langsam heilende Wunde. »Es ist sehr seltsam, Traumjäger«, hatte Raschkralle ihm erzählt, »aber es ist ein Gefühl, als wäre er noch da. Ich vermisse ihn nicht. In dieser Sekunde spüre ich, wie er sich hinter mir kringelt – ich kann sogar den Wind darin fühlen!« Traumjäger hatte nicht gewusst, was er darauf antworten sollte, und die junge Katze hatte weitergesprochen. »In mancher Hinsicht ist es jetzt besser. Ich meine … eben weil ich meinen Schwanz nicht sehen kann und weil ihm nichts passieren kann, ist alles in Ordnung: makellos. Und das wird es auch immer sein. Kannst du nachempfinden, was ich meine?« An jenem Tag hatte Fritti es nicht gekonnt. Doch nun, während er schweigend durch den großen Wald trottete, begann er zu verstehen.
Gleichförmig, wie die Bäume an ihm vorüberzogen, vergingen auch die Tage, während sich Fritti
Vez’an
-wärts durch den Rattblatt bewegte. Die Worte des Erstgeborenen wiesen
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