Traumjaeger und Goldpfote
rollte sich auf den Bauch und versetzte Fritti mit seiner großen Tatze einen liebevollen Klaps.
»O Traumpfleger«, schnaufte er. »Ich wusste, dass ich recht hatte! Geht auf Abenteuer aus! Rettet Eichhörnchenmädchen! Potzmauz! Welch ein Lied wird man auf dich machen!« Langstrecker schüttelte belustigt den Kopf, dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf das zusammengekrümmte Eichhörnchen. Frittis Nase glühte. Er wusste nicht, ob er gelobt oder zum Narren gehalten wurde – oder beides.
»Wohlan denn«, sagte Langstrecker zu Frau Surr. »Du hast Meister Traumjäger gehört. Er hat sich für dein Leben eingesetzt. Also gehe jetzt, bevor ich meine Meinung ändere.« Das Eichhörnchen lag still. Fritti begann, sich vorwärts zu bewegen – er fürchtete, Langstrecker habe unabsichtlich seinen Rücken gebrochen –, als es plötzlich zwischen ihnen hindurchschoss und in einer Wolke von Rindenstückchen durch den gewölbten Eichenbaum davonstob.
»Ich wünschte, ich hätte die Muße, mir von dir erzählen zu lassen, wie du dazu kamst, Eichhörnchen Versprechungen zu machen, aber es gibt Dinge, die ich noch erledigen muss, bevor das Auge erscheint.«
Sie schritten zusammen unter den riesigen Bäumen dahin – Fritti musste sich sputen, um an Langstreckers Seite zu bleiben. »Wie auch immer, ich habe wichtigere Dinge mit dir zu besprechen. Ich war sicher, dass du dich entschließen würdest, auf eigene Tatze loszuziehen, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass du so rasch aufbrechen würdest. Also habe ich seit der Stunde der Kleineren Schatten nach dir gesucht.«
»Langstrecker, ich fürchte, ich verstehe dich überhaupt nicht. Ich verstehe kein einziges Wort, und ich bitte dich um Verzeihung. Was könntest du wohl mit einem albernen jungen Kater, wie ich einer bin, zu besprechen haben? Und wie konntest du wissen, dass ich mich allein auf die Suche nach Goldpfote machen würde? Und wie konntest du wissen, welche Richtung ich einschlagen würde?« Fritti geriet leicht ins Keuchen, während er sich abmühte, mit der älteren Katze Schritt zu halten.
»Viele Fragen, kleiner Jäger. Ich kann jetzt nicht alle beantworten. Es genügt wohl, wenn ich sage, dass ich nicht alles, was ich weiß, beim Mauertreff gelernt habe. In meinem Leben bin ich weit herumgekommen und habe viele, viele Dinge geschnuppert. Ich gebe gern zu, dass mir heute das Dösen in der Sonne viel Vergnügen bereitet – und sicherlich unternehme ich nicht mehr so ausgedehnte Streifzüge wie früher. Aber ich habe immer noch meinen Kopf.
Was deine andere Frage angeht, hör mal, so hätte selbst ein von
M’an
gemästeter Eunuch deine wahre Absicht riechen können, kleiner Jäger. Ich habe schon vor dem Nasentreff – ja bevor du es selber wusstest – keinen Zweifel gehabt, dass du dich auf die Suche nach der kleinen Schmollmotte machen würdest.«
»Goldpfote«, keuchte Fritti. »Ihr Name ist Goldpfote.«
»Natürlich, Goldpfote. Ich weiß«, sagte Langstrecker mit Ungeduld – und vielleicht mit einer Spur von Zuneigung. »Ist eben meine Art«, fügte er einfach hinzu.
Plötzlich blieb Langstrecker stehen, und Traumjäger neben ihm bremste ungeschickt seinen Lauf. Der Jäger sah Fritti mit seinen großen grünen Augen fest ins Gesicht und sagte: »Es sind merkwürdige Dinge im Gang, und nicht nur in den Alten Wäldern. Dass die
Rikschikschik
und das Volk Abmachungen treffen, ist nicht so sonderbar. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, was vorgeht, doch mein Schnurrbart erzählt mir verwirrende Geschichten. Du hast eine Rolle zu spielen, Traumjäger.«
»Wie könnte ich …«, begann Fritti zu protestieren, aber Langstrecker gebot ihm mit einer Bewegung seiner Tatze, zu schweigen.
»Ich habe keine Zeit mehr, fürchte ich. Riech den Wind.« Fritti atmete tief ein. In der Tat trug die Brise einen sonderbaren Geruch nach kalter und feuchter Erde herbei, doch seine Sinne konnten nichts damit anfangen.
»Du musst lernen, deinen Gefühlen zu vertrauen, Traumjäger«, sagte Langstrecker. »Du hast ein paar natürliche Gaben, die dir dort helfen können, wo dein Mangel an Erfahrung dich in Schwierigkeiten bringt. Denke daran: nutze die Sinne, die Tiefklar dir geschenkt hat. Und sei geduldig.«
Wiederum schnüffelte Langstrecker die Luft, doch Fritti vermochte nichts Ungewöhnliches mehr auszumachen. Dann rieb die ältere Katze ihre Nase an Traumjägers Flanke.
»Kehre deine linke Schulter der untergehenden Sonne zu, wenn du den Wald
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