Traumjaeger und Goldpfote
er die unsere ist. Wir, das Volk, und die, welche wir jagen, tanzen alle gemeinsam. Das ist, wie es sein soll. Jedoch, was immer sich in den nördlichen Ebenen eingenistet, sie aufgerissen und einen
Hügel
aufgetürmt hat – einen Berg von aufgeworfener Erde, der größer ist als ganz Erstheim –, das ist etwas, mit dem die Lebewesen von Rattblatt nicht zusammenleben können. Dies ist eine Gefahr, die wir alle sehr, sehr ernst nehmen sollten!«
»Bravo!«, rief Zaungänger. »Bei Harar, aber es tut wohl, in dieser Runde jemanden sprechen zu hören, der einen Funken Verstand hat!«
Königin Sonnenfell schien sprechen zu wollen. Fritti und Raschkralle – ja alle, die versammelt waren – beugten sich unwillkürlich vor, um ihre Erklärung zu hören. Indessen war es Taupfote, der aufstand und gähnte.
»Nun«, sagte er beherrscht, »es liegt viel Wahres in dem, wasdu sagst, und vieles davon ist uns neu. Insbesondere der Hügel scheint eine höchst sonderbare Erhebung zu sein, in der Tat – wir werden später eingehender darüber sprechen. Gleichwohl halten wir es im Augenblick nicht für angemessen, wie Kätzchen Gerüchten nachzulaufen und kenntnislose Expeditionen in das Gebiet zu entsenden, das
du selbst
als eine sehr böse Gegend bezeichnet hast.« Knarrer schien protestieren zu wollen, doch Taupfote fegte mit der braunen Spitze seines Schwanzes hin und her, und der Erst-Geher blieb stumm.
»Trotzdem«,
fuhr Taupfote anzüglich fort, »sind wir einer Gefahr gegenüber
nicht
gleichgültig. Der Sohn der Königin, der vortreffliche Prinz Zaungänger, hat unsere Erlaubnis, so viel Volk auszuheben, wie er für notwendig hält im Hinblick auf den Schutz der Grenzen unseres Reiches. Er kann auf der Stelle damit beginnen.«
»Wundervoll!« Der Prinz sprang erregt auf. »Ich bin so froh darüber!«, sprudelte er hervor – ein wenig unangemessen, wie es Traumjäger erschien –, und mit einem Satz war Zaungänger in der Dunkelheit verschwunden.
»Weiterhin«, fuhr der eisig blickende Prinzgemahl fort, »bitten wir dich, Lehnsmann, dass du, nachdem du mit den anderen Erst-Gehern gesprochen hast, zurückkehrst und die Güte haben wirst, eure Entschlüsse dem Hof von Harar kundzutun. Ist das möglich?«
»Gewiss, Eure Hoheit!«, sagte Knarrer ein wenig verblüfft. »Ich hoffe, dass wir auch weiterhin in dieser Sache zusammenarbeiten …«
»Natürlich, natürlich«, sagte Taupfote. »Dies sind die Wünsche der Königin. Habe ich mich richtig ausgedrückt, meine samtbärtige Gemahlin?«, fragte er, sich Sonnenfell zuwendend. Die Königin, eingelullt vom vertrauten Klang alltäglicher höfischer Formen, wedelte bloß zerstreut mit dem Schwanz. »Sehr gut. Damit wären wir denn, so meine ich, am Ende der heutigenAudienzen. Wir danken dir nochmals, Lehnsmann Knarrer, dass du diese Angelegenheit zu unserer Kenntnis gebracht hast. Bitte übermittle den Freunden und Anverwandten Buschpirschers unser tiefes Mitgefühl.«
Taupfote hatte bereits begonnen, die Anhöhe zu verlassen, als Schnurrmurr verwirrt zu sprechen anfing.
»Ähem … hm … hm … ich bitte um Vergebung, Herr, aber ich glaube, dass da noch zwei Jünglinge sind, die um Gehör bitten, wenn Ihr versteht, was ich meine.« Taupfote kehrte auf die grasige Anhöhe zurück. Auf seinem Gesicht zeigte sich Verärgerung, die rasch in höfliche Gleichgültigkeit umschlug. Die Königin, zwischen den Wurzeln des
Vaka’az’me
ausgestreckt, blickte überhaupt nicht auf – sie war vollauf damit beschäftigt, ihre Seite zu lecken.
»Sehr gut«, sagte der Prinzgemahl, »wo sind sie? Bring sie her!«
So wurden Fritti und Raschkralle völlig unvorbereitet von Schnurrmurr nach vorn gedrängt. Der rundliche Kater beugte sich zu Fritti und flüsterte: »Versuche dich kurz zu fassen. Die Herrschaften sind nicht mehr ganz auf der Höhe.«
Wenn er auch nervös war, blieb dies Fritti dennoch nicht verborgen. Raschkralle war fast ganz von Schüchternheit überwältigt und zitterte still, als sie vor der großen Eiche standen.
»Wie lauten eure Namen und warum habt ihr um eine Audienz nachgesucht?«, fragte Prinz Taupfote ungeduldig.
»Ich bin Traumjäger, und dies ist mein Gefährte Raschkralle. Wir entstammen der Sippe vom Mauertreff von der anderen Seite der Alten Wälder. Wir suchen eine Freundin, deren Namen Goldpfote ist.« Frittis Stimme war zittrig.
Endlich schien die Königin von den beiden kleinen Katzen Notiz zu nehmen.
»Glaubst du, dass sie hier in Erstheim
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