Traumjaeger und Goldpfote
zurückzukehren. Der Wurzelwald würde niemals eine Heimat für ihn sein. Irgendwo da draußen, hinter den winterlichen Landen, stand die Mauer des Treffens. Irgendwo da draußen waren seine Freunde.
Doch seine Familie war nicht dort. Und auch nicht Goldpfote. So saß er geraume Zeit da, den Schwanz um seine Pfoten geringelt. Dann stand er auf und stieg den steilen Hang hinauf, während hinter ihm das Gelächter der Schnurrwisper verklang.
»Traumjäger!«, zwitscherte Raschkralle. »Wir haben schon nach dir gesucht. Bist du auf Entdeckungsfahrt gewesen? Dachschatten und ich haben dir etwas Wichtiges zu erzählen!« Fritti blieb stehen, um auf das Kätzchen zu warten, das über den Pfad auf ihn zugesprungen kam.
»Guten Tanz, Raschkralle«, sagte er, »und auch dir, Dachschatten.« Die
Fela
sah vergrübelt und geistesabwesend aus.
»Ich habe ebenfalls ein paar Neuigkeiten. Lasst uns zu unserem Baum zurückkehren, damit wir aus dem Wind herauskommen.« Als sie in ihrem Lager angelangt waren und der Wind hoch über ihnen die Baumwipfel schüttelte, wandte sich Fritti in ernstem Ton an seine Freunde. »Ich hoffe, ihr werdet verstehen, was ich euch jetzt erzählen werde, und gut von mir denken. Ich habe heute lange darüber nachgedacht. Die Entscheidung war nicht so schwer wie die Frage, wie ich sie euch beibringen sollte.
Ich muss Erstheim verlassen. Ich habe mich hier bereits allzu lange aufgehalten, und ich verliere mein Ziel aus den Augen. Aber das Versprechen, das ich gemacht habe, ist noch genauso wichtig wie damals, als ich es beschworen habe. Ich kann hier nicht in Ruhe überwintern, solange Goldpfote noch nicht gefunden ist.
Nachdem wir bei Hof waren und alles angehört haben, was dort gesagt wurde, bin ich zu dem Schluss gelangt, dass hier keine weitere Hilfe zu erwarten ist. Es scheint, dass im Norden etwas vorgeht, und ich glaube, dorthin muss ich gehen, um meine Suche fortzusetzen. Dieser Gedanke macht mir wirklich Angst, und jedes meiner Barthaare zittert bei dieser Aussicht, aber ich muss gehen. Harar weiß, dass ich manchmal wünschte … ich … Raschkralle,
lachst
du etwa?«
Raschkralle lachte tatsächlich, prustete leise kichernd vor sich hin und stupste Dachschatten mit der Pfote.
»Oh … oh … oh, Traumjäger«, sagte er schniefend, »natürlich müssen wir gehen. Das ist es, worüber Dachschatten und ich heute gesprochen haben. Und an vielen anderen Tagen ebenfalls. Aber Dachschatten hat gesagt, du müsstest für dich selbst entscheiden, wann wir aufbrechen.«
Fritti war verblüfft. »
Wir?
Aber, Raschkralle, es ist Winter. Ich
kann
dich nicht mitnehmen. Es ist nicht
dein
Eid, nicht dein lächerliches Versprechen. Außerdem, verzeih mir, du bist schrecklich tapfer, aber du bist doch noch eine ganz junge Katze! DieseReise kann möglicherweise furchtbar gefährlich werden – siehst du das nicht ein?«
»Das weiß ich«, erwiderte Raschkralle ein wenig ernster, jedoch immer noch über Traumjägers Verwirrung belustigt. »Ich denke, dass du und Dachschatten es schon fertigbringen werdet, mich vor Schaden zu bewahren. Und vielleicht können wir dasselbe für dich tun.«
»Dachschatten?« Nun war Fritti gänzlich verblüfft. »Dachschatten, ich glaube, du begreifst nicht, wie riskant das alles ist. Lass Raschkralle hierbleiben, ich bitte dich. Harar! Seid ihr alle beide ebenso verrückt geworden wie der alte Grillenfänger?«
Dachschatten blickte Traumjäger aus kühlen, tiefen Augen an.
»Auch ich wünschte, der Junge würde nicht darauf beharren, mitzukommen – aber er tut’s. Wie soll ich wissen, was Tiefklar mit uns vorhat? Sie ruft das Volk aus den verschiedensten Gründen. Was mich angeht, so werfe ich dir nicht vor, dass du es nicht weißt … aber außer dir haben noch andere Rechnungen zu begleichen – und Versprechen einzulösen.«
»Aber …«, setzte Fritti an. Die graue Katze schnitt ihm das Wort ab.
»Traumjäger, bevor du nach Erstheim kamst, stand ich vor dem
Vaka’az’me
und bat um Hilfe. Ich fand nicht mehr Unterstützung als du. Auch ich habe daran gedacht, in den Norden zu ziehen, um dort Antworten zu finden, und war im Begriff aufzubrechen, als ihr zwei angekommen seid und meinen Entschluss umgestoßen habt. Was soll’s – ich bin abermals bereit.«
Fritti starrte sie verständnislos an.
»Ich komme von der anderen Seite des Wurzelwaldes«, begann Dachschatten zu erzählen. »Mein Geburtsort ist durch viele Meilen und ungezählte Bäume vom Sitz
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