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Traumjaeger und Goldpfote

Traumjaeger und Goldpfote

Titel: Traumjaeger und Goldpfote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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entbehrten.
    Die Sonne wird sterben …
    Immer wieder wiederholten die grässlichen Stimmen den Gesang, sangen ächzend das Lied der Finsternis, des Hasses und der Rache – Nacht kroch über die Welt, Blut befleckte Steine und Erde, und das Volk des Hügels erhob sich und machte sich alles untertan.
    Neben Fritti öffnete Grillenfänger die Augen. Er begann sichaufzurichten, dann sank er zurück und lauschte regungs- und wortlos dem eintönigen Lied. Traumjäger sah, wie er müde und gequält den Kopf schüttelte und dann wieder die Augen schloss. Der Gesang der Krallenwächter schien kein Ende zu nehmen.
    Nach einiger Zeit fiel Traumjäger zurück in einen bedrückenden, steinschweren Schlaf.

20. KAPITEL
    Sieh! Einen Thron sich errichtet hat
    Der Tod in einer gar seltsamen Stadt;
    Im düsteren Westen man einsam sie find ’t …
     
    Edgar Allan Poe
     
    J enseits der Höhle schien es im Tunnel wärmer zu werden. Fritti wusste, dass über der Erde der Winter herrschte. Dort fielen Schnee und gefrorener Regen. Hier, tief unter der Erde –
wie
tief, konnte Traumjäger unmöglich wissen – wurde die Luft schwer von Hitze und Feuchtigkeit.
    Grillenfänger war wieder auf den Beinen. Im Gehen murmelte er leise vor sich hin, zeigte aber ansonsten keine Regung des Widerstandes gegen seine Bewacher. Langzahn, dessen Wunde am Maul, die Grillenfänger ihm beigebracht hatte, noch nicht ganz verheilt war, hatte großes Vergnügen dabei, den alten Kater zu quälen, der so ermattet war, dass er allen Versuchen des Wächters, ihn in Wut zu bringen, widerstand. Traumjäger, der sich auf bleiernen Beinen dahinschleppte, spürte abermals das Pochen aus dem Hügel. Hier, unter der Erde, nahm er es anders wahr, und das Vibrieren drang tiefer in seine Knochen und Nerven. Der Pulsschlag schien langsamer und kräftiger geworden zu sein, alles durchdringend und zugleich auf merkwürdige Weise natürlicher. Traumjäger wusste, dass sie sich ihrem Bestimmungsort näherten.
    »Du kannst es fühlen, nicht wahr?«
    Die rauhe krächzende Stimme schreckte Fritti auf. Kratzkralle war ihm dicht auf den Fersen und beobachtete ihn, verfolgte jedeseiner Bewegungen mit seinen unangenehmen gelben Augen. »Ich sehe, dass du angefangen hast, auf Vastnirs Lied zu lauschen. Du hast eine gute Nase, kleiner Käfer, ist es nicht so, Sterngesicht?« Der Anführer schloss zu Fritti auf. Die mächtige, muskelbepackte Gestalt, die über ihm aufragte, schüchterte Fritti ein und machte ihm das Sprechen schwer.
    »Ich fühle … etwas«, stammelte er. »Ich hab’s schon vorher gefühlt … über der Erde.«
    »Schön«, sagte Kratzkralle mit boshaftem Grinsen, »du bist wirklich ein schlaues, schnelles Kerlchen. Mach dir keine Sorgen … dort, wohin wir gehen, gibt es eine Menge Volk, das einem klugen jungen Kater die gebührende Aufmerksamkeit schenken wird – vielleicht mehr Aufmerksamkeit, als dir lieb sein wird.« Mit einem kalten, düsteren Grinsen, das wenige Zähne entblößte, ließ sich der Anführer der Krallengarde wieder hinter Fritti zurückfallen. Die Haut um die Barthaare des jungen Katers juckte und kribbelte. Er wünschte sich, nichts und niemand würde an ihm noch mehr Interesse nehmen, als es bereits der Fall war. Er hastete voran, um die schweigenden Grillenfänger und Raschkralle einzuholen. Die Erde vibrierte pochend.
     
    Bald begann der Tunnel breiter zu werden. Etwa alle hundert Schritte kam der Trupp an Seitengängen oder Höhlen vorbei – diese waren schwer zu unterscheiden, weil sie nichts als dunkle Löcher in der Wand des Haupttunnels waren. Die Luft erwärmte sich ständig, es herrschte eine feuchte Hitze, die Fritti und seine Gefährten träge machte. Grillenfänger warf seinen Kopf hin und her, als wollte er etwas verscheuchen. »Nun wieder hier, zurück in den Löchern – niemals, niemals …« Die verrückte alte Katze warf zunächst dem teilnahmslosen Raschkralle, dann Fritti einen flehentlichen Blick zu, doch Traumjäger konnte nur den Kopf schütteln.
    »All dieses Bim-bam, Schlagen und Nagen … kann nicht … kann nicht …?« Grillenfänger verdrehte die Augen und verfiel wieder ins Murmeln. Traumjäger stieß Raschkralle sanft mit dem Kopf.
    »Hast du ihn gehört, Raschkralle? Was hältst du von alledem? Da sträuben sich die Barthaare, was?« Fritti wartete vergeblich auf eine Antwort und versuchte es noch einmal. »Welch eine Geschichte werden wir zu erzählen haben, wenn wir wieder beim Mauertreff sind, meinst du

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