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Traumjaeger und Goldpfote

Traumjaeger und Goldpfote

Titel: Traumjaeger und Goldpfote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Höhle, ein schlaffes, massiges Bündel hinter sich herschleppend. Kratzkralleerhob sich und trottete mit gespreizten Tatzen zu ihnen hinüber, um ihre Beute in Augenschein zu nehmen.
    »Hab ihn erwischt, wo der Tunnel sich gabelt und nach oben in die Talwand hinaufführt«, sagte Langzahn, mit heraushängender Zunge grinsend. »Genau wie du’s gerochen hast. Ich schnappte ihn, als er gerade woanders hinguckte. Dann musste ich ihn schnell runterziehen, bevor das Feuer-Auge mich verbrannte. Beim Meister, er ist groß, nicht wahr?« Nachdem er seine Rede beendet hatte, drehte Langzahn sich herum und begann stolz eine Wunde an seiner Flanke zu lecken.
    Gegen seinen Willen beugte Fritti sich voller Interesse vor und starrte in das trübe Höhlenlicht. Das Bündel, das die beiden Krallenwächter herbeigeschleppt hatten, war ein Tier. Der verkrümmten Gestalt entfuhr ein schwacher Laut des Schmerzes.
    Kratzkralle sah zu Fritti hinüber. »Komm her und sperr die Augen auf, kleiner Schlammkriecher«, sagte er. »Hab keine Angst. Der hier tut dir nichts mehr!« Das Lachen des Anführers hallte durchdringend von den Höhlenwänden wider. Zögernd bewegte sich Traumjäger vorwärts.
    Auf dem feuchten Steinboden lag ein großer Heuler, der aus zahlreichen Wunden am Bauch und im Gesicht blutete. Als Fritti an Kratzkralle vorbeispähte, öffnete der Hund seine Augen und starrte sie trübe an. Er war so groß wie die Krallenwächter. Fritti war erschreckt und überrascht zugleich, zu erfahren, dass eine dieser Ungeheuer-Katzen ganz allein einen Hund erlegen konnte, der so groß war wie sie selbst. Der Heuler blinzelte – beim vergeblichen Versuch, das Blut aus seinen Augen zu entfernen – und jammerte qualvoll. Er hatte innere Verletzungen und lag im Sterben. Traurig und verwirrt ging Fritti in seinen Winkel zurück.
    Langzahn hörte auf, seine Wunde zu lecken, und sagte zu Kratzkralle: »Wir müssen denen dort doch nichts abgeben …«, und er deutete auf Fritti und Raschkralle, »… oder?«
    Kratzkralle blickte zu den beiden Freunden hinüber – Fritti war wachsam und nervös, Raschkralle gelähmt und stumm.
    »Wir müssen sie lediglich lebend nach Vastnir bringen. Unsere schmalen Mahlzeiten müssen wir nicht mit ihnen teilen.« Nachdem er das gesagt hatte, hob Kratzkralle seine Tatze mit den roten Krallen und schlitzte mit einem raschen Hieb den Bauch des
Fik’az
auf. Darauf begann der Krallenwächter, trotz der schrecklichen Todesschreie, zu fressen. Fritti rollte sich um Raschkralle zusammen und versuchte, die Schreie zu überhören.
     
    Nachdem die Krallenwächter ihre Mahlzeit beendet und den Boden der Höhle mit den schauerlichen Überresten übersät hatten, schliefen sie. Auf Kratzkralles schlaue Anweisung streckten Langzahn und Hartbiss ihre gefüllten Wänste vor den Höhlenzugängen aus. Als sie sich auf ihre Rücken rollten, um, die Beine in die Luft gereckt, zu schlafen, versperrten sie sehr wirkungsvoll die Fluchtwege. Traumjäger blieb nichts anderes übrig, als hilflos neben Raschkralle und Grillenfänger liegen zu bleiben, während die Untiere ihre Mahlzeit verdauten.
    Fritti hatte keine Ahnung, wie lange er neben seinen beiden stummen Gefährten lag und auf das Schnarchen ihrer schlafenden Bewacher lauschte. Er sank in einen unsteten Schlaf und wurde von einem fremdartigen Geräusch geweckt. Zuerst, noch halb benommen, stellte er sich vor, er liege im Sterben und die Aasvögel seien vom Himmel gekommen, um ihm das Fleisch von den Knochen zu reißen. Er glaubte sie überall ringsum zu hören, wie sie ernsthaft um die besten Bissen stritten. Ihre Stimmen waren rauh, leise und kalt …
    Als er ganz wach war, lauschte er auf die geisterhaften Geräusche, die die Höhle erfüllten. Das waren keine großen alten Aasvögel. Noch immer auf ihren Rücken liegend, gegen die Höhlenwände aus feuchtem Stein gestemmt, hatten die Krallenwächter zu singen begonnen.
    Ein Tag wird kommen,
    Wo über dem Hügel
    Kein Licht leuchten wird
    Und den Grund bescheinen –
    Und aus der Tiefe,
    Wo die Alten schlafen,
    Wird unser Volk kriechen,
    Ohne einen Laut …
     
    Es muss sich nicht mehr verbergen
    Und die Nacht erwarten,
    Nicht mehr scheuen
    Das heiße Licht des Tags.
    Die Sonne wird sterben,
    Und du und ich,
    Wir werden hinauffliegen,
    Um zu jagen und beißen …
     
    Die Sonne, die Sonne,
    Die Sonne wird sterben
    Und sterbend wird sie
    Vom Himmel gleiten.
    Und in der Finsternis
    Werden wir alles erobern,
    Was wir

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