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Traumjaeger und Goldpfote

Traumjaeger und Goldpfote

Titel: Traumjaeger und Goldpfote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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und schienen mehr darum bemüht, rasch zu einem wichtigen Treffen zu gelangen. Fritti und Raschkralle, stumm und zerschlagen, hielten ihre Köpfe gesenkt und eilten weiter. Die ersten Anzeichen der Dämmerung begannen den Rand des
Vez’an
-Himmels blau zu färben, und die Krallenwächter wurden unruhig.
    Einem unverständlichen Befehl Kratzkralles folgend, sprang Hartbiss jählings nach vorn und verschwand in einem Dickicht von Adlerfarnen. Die Übrigen verharrten abwartend in der unheimlichen Stille des Rattblatt-Waldes. Dann tauchte Hartbiss’ Reptilienkopf wieder auf und nickte einmal. Kratzkralle gab durch ein leises Knurren seine Zustimmung.
    »Vorwärts, ihr elenden Quieker, in die Büsche mit euch!«
    Langzahn, der immer noch Grillenfängers stumme Gestalt trug, folgte Hartbiss in das Dornengestrüpp. Nach einem kurzen Zögern – er dachte einen Augenblick lang daran, die Flucht zu wagen, ehe er einsah, dass er Kratzkralle nie entkommen würde – folgte Traumjäger dem Krallenwächter. Raschkralle, den Blick noch immer nach innen gerichtet, stolperte ihm nach. Hier werden sie uns vermutlich töten, dachte er.
    Traumjäger hatte plötzlich das Gefühl, der Tod sei gar nicht so schlimm, ja er war fast dankbar, den Kampf aufgeben zu können.
    Vom Anführer der Krallengarde angetrieben, der den Schluss bildete, suchten sie sich gebückt ihren Weg durch das dornige Rankengewirr. Traumjäger, der seine Augen halb geschlossen hielt, um sie vor plötzlich auftauchenden Dornen zu schützen, stolperte fast kopfüber in das Loch, das sich vor ihm auftat. Es war geräumig und dunkel, und ein Tunnel wurde sichtbar, der mit einer scharfen Biegung im Erdinneren verschwand. Am Tunneleingang spähte Raschkralle mit schreckgeweiteten Augen über Traumjägers Schulter umher. Sein Maul zuckte kurz, doch es kam bloß ein schwacher Klagelaut hervor.
    Kratzkralle brach durch die Ranken. »Los«, sagte er, »ihr Oben-Kriecher, oder ich werde euch Beine machen.« Mit glühenden Augen schob sich seine unförmige Gestalt drohend näher. Fritti war unschlüssig. Vielleicht wäre es besser, im Freien zu sterben, als wie eine Ratte unten in einem kleinen Loch umgebrachtzu werden. Als er jedoch Kratzkralle sah, kehrte ein Teil seines Hasses zurück, und er wünschte noch eine Weile zu leben. Warum sollte der riesige Krallenwächter sie in einen Tunnel befördern, wenn er sie ohnehin töten wollte? Vielleicht hatte er die Wahrheit gesprochen, als er Langzahn zur Ordnung gerufen hatte. Solange sie am Leben waren, gab es immer eine Hoffnung, zu entkommen.
    Ich denke, kam er zum Schluss, ich habe keine andere Wahl. Während er vorsichtig in das dunkle Loch hinabstieg, sah er sich nach Raschkralle um. Das Kätzchen war so verängstigt, dass es vor dem Tunneleingang zurückwich und sich anschickte, fortzurennen.
    Traumjäger war in höchster Erregung. Kratzkralle, dessen brutales Gesicht sich bereits ungeduldig verzerrte, konnte eingreifen. Als Fritti, unsicher, was er tun sollte, zögerte, schossen die blutroten Krallen des Anführers vor. Fritti, zum Handeln gezwungen, sprang vor, duckte sich unter einem Tatzenhieb des verblüfften Kratzkralle und stieß den sich sträubenden Raschkralle auf das Loch zu. Das entsetzte Kätzchen wehrte sich, spreizte die Beine und krallte sich im feuchten Untergrund fest.
    »Ist schon gut, Raschkralle, wir schaffen das schon«, hörte Traumjäger sich sagen. »Vertrau mir – sie werden dir nichts tun, ich sorge dafür. Komm weiter, wir müssen gehen.« Er hasste sich selbst, dass er das verängstigte Kätzchen mit Gewalt in den dunklen, schrecklichen Bau trieb. Stoßend und mit den Zähnen an ihm zerrend, gelang es ihm, Raschkralle loszureißen, und sie stiegen in die Finsternis hinab.

19. KAPITEL
    … und durch das fahle Tor stürzt schwellend
    ein Spukhauf her,
    auf & davon – sie lachen gellend –
    doch lächeln nimmermehr.
     
    Edgar Allan Poe
     
    D ie Wände und der Boden des Tunnels waren feucht. Eklig-weiße Wurzeln und Stücke anderer Art, über die Fritti nicht nachdenken mochte, traten aus dem Erdreich des Tunneldaches hervor. Je weiter sie sich vom Eingang entfernten, desto schwächer wurde das Licht, und es wäre gewiss gänzlich verschwunden, wäre nicht von der Erde, in die der Tunnel gegraben war, ein schwaches phosphoreszierendes Leuchten ausgegangen. In diesem ungewissen, geisterhaften Licht bewegten sie sich abwärts wie die Geister von Katzen, die in der Leere zwischen den Sternen

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