Traumjaeger und Goldpfote
wandelten.
Nachdem Raschkralle sich einmal unter der Erde befand, verfiel er aufs Neue in seinen schleppenden Gang, und es schien kaum noch Leben in ihm zu sein. Der Lehm unter ihren Pfoten klebte und zerbröselte zwischen ihren Ballen. Es herrschte völlige Stille.
Nach einiger Zeit holten sie die anderen beiden Krallenwächter ein, von denen Langzahn immer noch seine schmutzige Last trug. So bewegten sie sich vorwärts: Fritti und Raschkralle vorn und hinten von roten Krallen, oben und unten von feuchter, fester Erde eingeschlossen.
Es war Fritti nicht möglich einzuschätzen, wie viel Zeit verging. Der Trupp, Wächter und Gefangene, ging und ging, doch das nichtssagende Erdreich veränderte sich nicht; das trübe, ekelerregende Leuchten der Tunnelerde nahm weder zu noch ab. Tiefer und tiefer stiegen sie hinab, ohne einen Laut außer dem Geräusch ihres Atems und einem gelegentlichen unverständlichen Wortwechsel zwischen den Krallenwächtern. Es kam Traumjäger vor, als halte er sich schon eine Ewigkeit in diesem dunklen Loch auf. Er glitt in eine Art Traumzustand, verließ ihn wieder. Er dachte an die Alten Wälder, an einfallende Sonnenstrahlen, die den Waldboden erleuchteten … er dachte an Goldpfote, mit der er durch das wunderbar duftende kitzelnde Gras rannte – an Jagen und Gejagtwerden, bis man sich schließlich niederließ, um in der sommerlichen Wärme zu dösen.
Das kalte, unerwartete Ringeln eines flüchtenden Wurmes unter seiner Pfote stieß ihn in die Dunkelheit zurück. Hinter sich konnte er den rasselnden Atem Kratzkralles hören. Er fragte sich, ob er jemals wieder das Sonnenlicht erblicken würde. Schließlich siegte Frittis Hunger über seine Träumereien, und er begann den Würmern, die durch die feuchte Erde des Baus krochen, mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Nach mehreren Versuchen fing er einen, und mit einigen Schwierigkeiten gelang es ihm, den Wurm im Marschieren herunterzuwürgen. Er empfand es als furchtbar, nicht stehen bleiben zu können, solange er aß, doch er fürchtete die Folgen, falls er langsamer ginge. Obgleich es ein schwieriges Geschäft war, fühlte er sich ein wenig besser, nachdem er den Bissen verzehrt hatte, und sobald er konnte, fing er einen weiteren und aß ihn ebenfalls. Den nächsten versuchte er Raschkralle hinüberzuschieben, doch das Kätzchen achtete nicht auf ihn. Nach mehreren fruchtlosen Versuchen, ihm den sich krümmenden Happen aufzudrängen, gab Fritti auf und aß den Wurm selbst.
Der Tunnel begann anzusteigen. Nach kurzer Zeit erreichteder Zug eine kleine unterirdische Höhle, nicht mehr als zwei Sprünge breit, doch mit einer hohen Decke. Im Inneren der Höhle war die Luft ein wenig frischer, und als Kratzkralle haltmachen ließ, war Fritti mehr als froh, sich setzen, Atem schöpfen und seine schmerzenden Pfoten und Beine ausstrecken zu können. Mühselig begann er den schlimmsten Schmutz und die Steinchen, die sich zwischen die Pfotenballen gesetzt hatten, zu entfernen. Dann begann er die Wunde an seiner Schulter zu lecken. Das Blut war getrocknet, und das Fell war steif verkrustet. Es tat weh, als er es reinigte. Raschkralle saß regungslos neben ihm, als sei er gelähmt. Als Fritti sich ihm zuwandte und ihn zu lecken begann, fügte er sich stumm.
Kratzkralle und die beiden anderen Wächter hatten sich am anderen Ende der Höhle leise unterhalten. Langzahn kam herbei und ließ den Körper des bewusstlosen Grillenfängers neben den Freunden zu Boden fallen. Nachdem Kratzkralle ihm zugenickt hatte, huschte er am gegenüberliegenden Höhlenausgang in den Tunnel. Hartbiss und der Anführer streckten ihre langen, sehnigen Körper auf dem Boden der Erdhöhle aus und starrten ihre Gefangenen an. Fritti, der beschlossen hatte, dass es am besten war, sie so gut es ging nicht zu beachten, fuhr fort, Raschkralles Fell vom Schmutz zu säubern und die zahlreichen Kratzer und Abschürfungen der jungen Katze zu lecken. Grillenfänger stöhnte einmal und regte sich, wachte jedoch nicht auf.
Schließlich ertönte aus der Richtung, in die Langzahn verschwunden war, ein gedämpftes Heulen. Auf Kratzkralles Befehl – der in einem leisen Fauchen und einer ruckartigen Kopfbewegung bestand – verschwand Hartbiss ebenfalls im Tunnel, unmittelbar bevor der Widerhall des Geheuls von den Kalkwänden verklungen war. Weiter oben im Gang gab es einen Tumult. Fritti konnte die streitenden Stimmen von Langzahn und Hartbiss hören. Kurz darauf erschienen beide in der
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