Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
erschütterten Gesichtsausdruck aus, wenn ihr die Tatsache bewusst wird, dass ihre beste Freundin qualvoll starb, während sie das Wiedersehen mit irgendeinem Jungen feierte. Dann wird er sie gefangennehmen und Kira aufs Spielfeld lassen. Sie wird Caleb vor Haileys Augen ermorden und danach ihre Erinnerungen zurückerhalten. Vor Wut wird sie Hailey aus freien Stücken töten.
Ein wohliges Gefühl lässt ihn seufzen. Er hat die Macht. Schon seit er denken kann, dreht sich alles um ihn. Deshalb wurde auch er zum Vorsteher der Familie Keisar ernannt. Deshalb ist er Präsident.
»Menschen sind so berechenbar«, murmelt er und beißt erneut in den Apfel.
»Wo sind eigentlich Macy und Jules?«
Wolf hüpft auf dem weichen Bett ungeduldig auf und ab. Er ist im Zimmer nebenan untergebracht, doch Hailey hatte nichts dagegen, dass er bei ihr bleiben wollte.
»Keine Ahnung«, erwidert Hailey und starrt erneut auf die Metalltür. Sie hofft, dass Caleb jeden Moment hereinkommt und diesen Augenblick will sie auf keinen Fall verpassen.
»Weshalb gibt es hier eigentlich Schlafräume?«
»Viele Mitglieder der Großwächterfamilien machen Überstunden und schlafen dann hier. Mein Onkel ist eine ziemliche Ausnahme. Er findet das Essen hier einfach nicht gut.«
Hailey lässt für einen Wimpernschlag die Tür aus den Augen und schielt zu Wolf. Dieser bemerkt ihren Seitenblick.
»Kommt dir das hier auch so merkwürdig vor?«, fragt er und lässt sich nach hinten fallen. Kurz darauf setzt er sich wieder auf. »Ich finde hier einfach keine Ruhe. Irgendetwas kommt auf uns zu. Ich fühle mich hier nicht mal ansatzweise sicher. Jonathan kann sagen, was er will, irgendwie ...«
»Du hast ihn nicht erlebt«, unterbricht Hailey ihn. »Er wirkte wirklich überrascht.«
»Er ist ein guter Schauspieler«, kontert Wolf und steht auf. Er dehnt sich und stellt seinen gut gebauten Körper demonstrativ zur Schau. Hailey beachtet ihn nicht. Leicht gekränkt stellt er sich hinter den Sessel auf dem sie sitzt und legt ihr die Hände auf die Schulter.
»Er kommt gleich.«
Hoffnungsvoll sieht sie zu ihm hoch.
»Meinst du wirklich?«
Wolf nickt und in diesem Moment öffnet sich die Tür mit einem lauten Quietschen. Hailey springt hoch und trifft dabei Wolf mit ihrem Kopf im Gesicht. Er taumelt fluchend und sich die Nase haltend zurück, aber Hailey schenkt ihm keine Beachtung.
»Caleb!«
Ein gequältes Lächeln erscheint auf seinem Gesicht. Hailey stürmt auf ihn zu und schließt ihn in die Arme. Sein vertrauter Geruch lässt ihren Bauch kribbeln. Sie drückt sich eng an ihn, spürt die Wärme seines Körpers durch den dünnen Stoff des schwarzen Shirts. Behutsam drückt er sie von sich weg.
»Du hättest nicht herkommen dürfen.«
»Wie meinst du das?«
Tränen treten in Haileys Augen. So oft hat sie sich diesen Moment ausgemalt und stets waren seine ersten Worte zu ihr voller Hoffnung, Liebe und Glück.
»Du hast dich damit in große Gefahr gebracht, Dummerchen.« Trotz seiner rügenden Worte zieht er sie wieder eng an sich und küsst sie auf den Scheitel. »Ich habe dich vermisst«, flüstert er. Sein Atem streift ihr Ohr, kitzelt ihren Nacken. Ihre Beine fühlen sich plötzlich weich und nachgiebig an, so dass sie ihre Hände auf seine Brust legt und sich eng an ihn schmiegt, um nicht zu fallen. Eine Weile stehen sie so da, die Nähe des anderen genießend. Hailey spürt seinen kräftigen Herzschlag unter ihren Fingerspitzen, fühlt ihn mit einer Intensivität, die sie nie für möglich gehalten hätte. Sie sind ganz allein, keine Sorgen, keine Probleme, keine Seelenfresser, keine Regierung.
Ein Räuspern durchbricht diese Illusion.
»Du bist also Caleb?«
Der Angesprochene blickt auf, hält Hailey aber weiterhin fest.
»Und du bist?«
Wolf setzt zu einer spöttischen Verbeugung an.
»Wolf. Ich möchte ja nicht zu bescheiden klingen, aber du hast deine Rettung mir zu verdanken. Dein Mädchen wäre nämlich direkt in die Arme des Feindes gelaufen. Wobei ich noch immer nicht glauben kann, dass Jonathan wirklich auf unserer Seite steht.«
»Jonathan?«, Caleb runzelt die Stirn. »Du meinst, der Präsident?«
Wolf zuckt mit den Schultern.
»Ich kenne ihn seit meiner Geburt. Er hat mich als Kind immer gepiesackt und die ganze Familie tyrannisiert, wenn es mal nicht so lief, wie er wollte. Ich würde ihm nicht über den Weg trauen.«
Haileys Herz zieht sich schmerzhaft zusammen.
»Kannst du nicht einmal positiv denken? Weshalb
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