Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman
Rum schwach ist.
„Woher kommst du denn?“
„Ich komme aus Polen. Ein schönes Land. Die Menschen haben alle Herz, sind nicht so vergrämt wie hier, wo jeder guckt wie ein Griesgram.“
Martha schien mir ein wenig intolerant. Wir unterhielten uns geschlagene zwei unterhaltsame Stunden. Ich erfuhr, dass Martha eine sehr intelligente, feinfühlige Frau mit dem Gespür und Augenmerk für das gewisse Etwas des Lebens war. Sie hatte einiges erlebt, und trotz allem war sie, ihr Leben betreffend, nicht nachtragend. Sie war Angestellte einer Universität in Danzig gewesen, glücklich verheiratet, verlor aber den Mann durch eine schwere Krankheit, und das einzige Kind starb aufgrund einer organischen Erkrankung kurz nach der Geburt. Dann vor zehn Jahren lernte sie einen deutschen Professor kennen und lieben. Der nahm sie mit, was sie vor einer schweren Depression bewahrte, aber war verheiratet und keineswegs gewillt, seine Ehe für eine andere Frau aufzugeben. So wurde sie seine Geliebte. Zwar unterhielt er ihre Wohnung und ihr Leben, aber bald reichte ihr das nicht mehr, und nach drei Jahren des Müßiggangs trennte sie sich von ihm, von der Wohnung und der gesicherten Existenz und begann eines Tages zu putzen.
„Dies ist kein schlechter Job. Ich bin meine eigene Frau. Selbstständig. Und im nächsten Jahr stelle ich zwei weitere Frauen ein, neben mir. Gibt genug Leute mit Geld, die sich zu schade sind für einen Staubwedel oder die es nicht schaffen zu putzen wegen Arbeit und Kindern und sozialen Verpflichtungen wie Elternaktiv. Man lernt die Menschen kennen, ohne sie zu kennen. Zeige mir einen Kühlschrank, zeige mir ein Badezimmerschränkchen oder einen Kleiderschrank und ich sage dir anhand von Hemd, was für eine Mensch hier lebt.“ Das war sie, die Stimme der wissenden Dienerschaft. Würde ich bald ebenso denken?
„Nehmen wir mal den von Wilhelmsdorfer, bei welchem ich putze. Ich sehe ihn nur selten. Aber wenn du mich fragst, der ist ein wenig verrückt. Ich sage dir, das ist ein ganz großer Filou. Ist zu gestriegelt, zu hellblau seine Hemden und zu exakt seine Ausrichtung von Badartikel auf Ablage unter Waschbeckenspiegel. Der hat nicht eine Flasche Roten in seine Speisekammer, aber Korn in Milchkännchen. Tut, als sei er Opfer in Ehescheidungskrieg. Dabei finde ich immer andere Frauenhaarfarbe auf Bettlaken. Soll ich immer wechseln, immer wenn ich dort sauber mache. Das ist krank. Er ist ein Schlawiner, der Mann. Aber zahlt gut. Ich nehme auch das Geld, ohne mit der Wimper zu zucken. Na wenn du so oft Bettwäsche wechselst wie bei ihm, da denkst du, du arbeitest in einem Hotel.“ Ich grinste.
„Was hältst du denn von den Brügges hier?“, fragte ich neugierig.
„Brügge, ganz andere Geschichte. Die Frau hat ihn verlassen, als er die Kinder zu sich nahm.“
„Wie, ich dachte, das sind seine Kinder?“
„Oh nein, wo denkst du hin. Brügge, Papa? Ha! Das sind die Kinder von seiner Schwester. Sie und ihr Mann sind beim Schwimmen im Urlaub verunglückt. Sie kam in Strömung, er wollte sie retten, und beide wurden mitgerissen. War erster gemeinsamer Urlaub ohne Kinder nach der Geburt von dem Baby, vor fast zweieinhalb Jahren. Rasmus wurde Vormund. Das Adoptionsverfahren läuft. Seine Frau wollte das nicht, war immer schon nicht so mit Kindern. Sie ist vor vielen, vielen Monaten gegangen und lebt nun irgendwo in Amerika. Aber seinen Unterhalt, den nimmt sie gewiss noch. Wäre ja auch dumm, wenn sie es nicht tun würde. Muss man dem Rasmus hoch anrechnen, das mit den Kindern. Wenn seine Mutter, feine Dame, nicht wäre, dann würde der das nicht schaffen. Hut ab, sag ich da.“ Jetzt empfand ich ja fast so etwas wie Mitgefühl für den rotbärtigen Zausel.
„Aber trotzdem, der ist kein Trauerkloß. Der hat immer eine andere Frau. Zur Zeit eine Blondine, o lala. Ich sage dir, wenn ich Mann wäre, die würde ich auch nicht von Bettkante stoßen.“
Meine Anteilnahme hielt sich durch diese getätigte Aussage dann doch in Grenzen. Ja, das passt. Rasmus Brügge und eine Superblondine. Männer sind doch alle gleich. Bis auf Christoph, ganz klar. Inzwischen hatte ich mir den nur einmal erblickten Christoph schon zu einem echten Supermann-Traumprinzen hochstilisiert. Was zweifellos töricht war. Denn sein reales Gesicht verschwamm langsam in meiner Erinnerung und wurde zu einer Mischung diverser mir bekannter Filmschauspieler, denen ich das Prädikat attraktiv zubilligte. Wodurch mein Traumprinz von Gedanken
Weitere Kostenlose Bücher