Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman
kontrolliert, die Kleidung für den nächsten Tag zurechtgelegt, bis auf Amalies natürlich, denn die kam aus ihrem Zimmer nicht heraus, die Brotbüchsen gereinigt, Konrad gebadet und danach das Bad gesäubert. Alles, was ein Kindermädchen in zwei Stunden zu erledigen hat, so glaubte ich.
Herr Brügge schickte mich nach Hause, ich berichtete zuvor von dem Anruf einer gewissen Vera, und seine Augen blitzten besitzergreifend.
„Morgen können Sie später kommen. Martha, die Putzfrau (aha, das war also Martha) ist da. Ruhen Sie sich aus. Wo ist übrigens Amalie?“
Ich berichtete von dem Unterhöschenmalheur, und Rasmus nickte wissend.
„Mit mir redet sie manchmal drei Tage kein Wort. Dabei ist sie ein Sonnenschein. Nur zur Zeit komme ich nicht so recht an sie heran. Sie ist auf dem Weg zur Frau, aber eben auch noch ein Kind.“
Noch so ein weiser Mann! Nur ein Vater kann solche Floskeln von sich geben.
Irgendwann dann saß ich in der S-Bahn, etwas später auf meinem Sofa und starrte erschöpft ins Leere. Das war eine neue Erfahrung für mich. Die Betreuung fremder Kinder als Broterwerb. War ich dem wirklich gewachsen?
Am späten Abend riefen mich meine Mutter, meine Tante (Onkel Archibald sei kurz vorm Vollenden der Oper) und Annegret, Peter und eine angetrunkene Elena an, um mir Trost, Glück oder aufmunternde Worte zu spenden.
Gegen ein Uhr morgens lag ich erschöpft im Bett und schlief den Schlaf der Gerechten, den Schlaf des Proletariats.
Wie von Taranteln gestochen erwachte ich. Es war neun Uhr. Ich hatte mehr als nur verschlafen. Ich duschte mich, verbrannte mir an der Espressokanne die linke Hand, zog ein Schlabberkleid an und rannte, die Tür hinter mir zuknallend, die Treppe hinunter. Sergej kam mir entgegen.
„Und, wie ist der erste Tag der Arbeit gelaufen?“
„Gut, gut, tschüss.“
„Dein Kühlschrank ist leer. Den musst du auffüllen. Hast nicht einmal ein kleines Stück Käse gehabt“, rief er noch hinter mir her. Alter Nassauer.
Ich drehte mich nach ihm um, gab ihm noch einen Luftkuss, rannte ausgesprochen wendig durch die Straßen und sprang in die nächste Bahn. Da saß ich dann, schnaufte wie ein altes Walross und nahm nichts mehr um mich her wahr. Umsteigen, und ich stand am Brügge-Haus. Ein Staubsauger brummte durch die Tür. Ich nestelte fluchend in meiner Handtasche, diesem schwarzen Jutesack, herum und kramte aufgewühlt, der Panik nahe, vielleicht wäre meine Probezeit jetzt schon Geschichte, zwischen Buch, Brillenetuis, Weingummis (die sollte ich wirklich mal entsorgen), gebrauchten Taschentüchern, Kondom (hä, seit wann liegt das denn hier drinnen und vor allem wozu?), Federmappe, Kalender und alten Fahrkarten nach dem Schlüssel. Endlich fand ich ihn, eingeklemmt zwischen einem winzigen leeren Fläschchen Magenbitter und einer angefangenen Stange Pfefferminzbonbons. In Selbstgespräche vertieft steckte ich den Schlüssel in das Türschloss, drehte, öffnete und...blickte in die Augen einer dunkelhaarigen Frau mit üppiger Oberweite, tiefliegenden Nasolabialfalten und einem Schürhaken in der Hand.
„Keinen Schritt weiter. Ich bin bewaffnet.“
„Ent... Entschuldigung, aber ich...“, stotternd machte ich einen Schritt rückwärts.
„Oh ich weiß, jetzt schicken die Einbrecher sogar schon Frauen zum Diebstahl. Schäm dich. Woher hast du den Schlüssel?“ Der Schürhaken glänzte gefährlich im Sonnenlicht.
„Ich bin das neue Kindermädchen“, meine Stimme klang fast ein wenig weinerlich.
„Oh nein, die kommt erst am Nachmittag.“
„Ach verdammt, heute ist ja Dienstag. Warum bin ich eigentlich so gerannt?“
„Wie heißt du?“
„Antonia?!“, ich war mir da allerdings gerade gar nicht mehr so sicher.
Der Schürhaken senkte sich, und die vollbusige Dame streckte mir lächelnd ihre Hand entgegen. Die Falten um Mund und Nase entspannten sich merklich.
„Ich bin Martha, ich mache hier sauber. Wieso bist du denn jetzt schon da? Komm, ich mache uns Tee“, Martha schaltete den Staubsauger aus und stellte einen Wasserkessel auf den Elektroherd.
„Entschuldige, aber Deutschland ist ein gefährliches Land. Überall Einbrüche, Diebstähle, Kidnapping und Prostitution. Dies ist kein wirklich gutes Pflaster hier. In diese Gegend haben sie schon einmal eingebrochen. Mitten am helllichten Tag.“
Ich nickte und setzte mich an den Küchentisch. Martha stellte mir meinen Tee vor die Nase. Nach dem ersten Schluck würgte ich ein wenig, der war stark, wie
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