Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman
zu Gedanken, den ich an ihn verschwendete, stets noch ein kleines Stückchen traumhafter wurde.
Schließlich war er aber auch nur ein Mann. Doch man wird wohl noch mal seiner Phantasie freien Lauf lassen dürfen, nicht wahr?
Martha machte noch ein wenig sauber, und ich half ihr dabei.
„Amalies Zimmer ist tabu. Niemals darfst du Fuß hineinsetzten, sonst bist du des Todes.“ Martha nickte vielsagend. Sie schien auch schon ihre Erfahrungen mit der pubertären Göre gemacht zu haben.
Als die hervorragende Reinigungskraft gegangen war, begab ich mich auf den Weg zur Kita. Ich war pünktlich, und auch den Weg fand ich mit nur einer kleinen Schleife zu viel, fast sofort. Konrad ignorierte mich zwar die ersten zwei Minuten meines Daseins, aber das passierte auch den anderen ankommenden Eltern, die bewusst von ihren putzigen Kleinen missachtet wurden.
Konrads Erzieherin sprach mich an, um einen Monolog zu halten. Was hatte dies wohl zu bedeuten?
„Konrad hat heute in die Hose gemacht. (Aha.) Das geschieht in letzter Zeit wieder öfter, obwohl er schon seit fast zwei Jahren trocken ist. (Hm.) Aber das sollte Sie nicht schockieren. (Nein, nein.) In dem Alter ist das normal. (Klar.) Bloß wenn es jetzt passiert... (Ich bin aber keine Kinderpsychologin.) In den letzten Monaten musste er sich immer wieder an neue Kinderfrauen und Ersatzmütter gewöhnen. (Armes Kerlchen.) Der Kleine ist da ganz sensibel. (Glaube ich.) Die bleiben alle nicht so lange, scheinen wohl überfordert zu sein. (Weicheier.) Wahrscheinlich haben die noch nie einen Sack Flöhe beaufsichtigt. (Ich auch noch nicht.) Das ist anstrengend. (Wem sagen Sie das.) Drei Kinder können weitaus zermürbender sein als eine Kindergartengruppe. (Ich nickte wissend. Schließlich war ich ja nun bereits erfahren auf diesem Gebiet, nach einem Tag!) Konrad ist ein Wildfang, und die anderen sind wohl auch nicht ganz ohne. (Allerdings.) Ich hoffe, Sie sind ihm eine gute Freundin. (Ach?) So langsam realisiert er, dass er keine Mutter hat, wie all die anderen Kinder. (So?) Das Einpullern ist sein Schrei nach Aufmerksamkeit.“
Was wollte sie mir damit sagen, sollte ich Konrads Ersatzmama spielen? Sie verabschiedete sich hastig, denn ein kleiner Wuschelschopf war gerade dabei, einem dunkelhaarigen, bezöpften Prinzesschen in rosa Kleidchen und Libellenflügeln am Rücken, mit einem mächtigen Holzbaustein eins überzubraten.
Ich schnappte mir Konrad, seinen Beutel mit der Schmutzwäsche und den Rucksack mit den angeknietschten Schnitten und beknabberten Apfelstückchen.
„Na, ein hartes Weingummi auf den Weg?“, der Lütte grinste mich an und lutschte die ganze Zeit auf dem Fahrrad den steinharten Gummibonbon. Wir kamen an, und uns erwarteten bereits ein hungriger Nathan und eine aggressiv gestimmte Amalie.
„Ein Brot, Nat?“ Der schlaksige Kerl gähnte mir entgegen.
„Mach mir schon selber. Aber kannste mal meine Deutscharbeit unterschreiben. Will ich Rasmus lieber nicht zeigen“, er legte mir ein Blatt mit rotem Farbspiel auf blauen Worthülsen zur Unterschrift bereit. Ich las:
„Annes kleiner Bruder rief: Wo ist der bunde Kannarienfogel? Sitzt er auf der Stelampe oder auf der Zimerpalme?“
„Nathan, buchstabiere mir mal „Kanarienvogel!“ Mit kauendem Mund antwortete es aus der Küche: „K-a-n-a-r-i-e-n-v-o-g-e-l“
„Und nun Stehlampe.“
„S-t-e-h-l-a-m-p-e.“
Eine Rechtschreibschwäche hatte Nathan auf keinen Fall.
„Komm mal her“, das schlaksige Etwas kam auf mich zu geschlichen.
„Sag mal, was hast du denn da zusammengeschrieben? Du bist der deutschen Sprache mächtig, du kannst sie gebrauchen, du buchstabierst korrekt, warum schreibst du die Worte falsch?“ Der Junge zuckte mit den Schultern, während er an seinem Wurstbrot knabberte, er war definitiv im Wachstum.
„Ich weiß auch nicht. Ich kann das alles, aber ich krieg das in den Arbeiten nicht auf die Reihe. Ich fühle mich so...?“, resigniert hob er seine Augenbrauen gen Himmel und verzog den Mund zu einem schalen Grienen. Ich fühlte mit ihm und dem Druck, unter dem er stand und strich ihm über die blonden langen Zotteln.
„In Mathe bin ich echt gut, und Deutsch krieg ich auch hin, aber wenn ich schreibe, dann denk ich schneller, als ich die Worte schreiben kann. Die Buchstaben purzeln einfach so rum…“ Nathan starrte mit abwesendem Gesichtsausdruck in die Ferne, als ob dort die Antworten auf alle großen Fragen seines jungen Daseins zu finden wären.
„Das
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