Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman
seinen Bedürfnissen, man bedenke, Vera wollte ja nachkommen, oder sie waren zu klein, zu weit weg von der Ostsee oder zu spießbürgerlich. Keine Ahnung, wonach er suchte. Es gibt ja Menschen, die sich über alles aufzuregen im Stande sind, und ich hatte geglaubt, Rasmus Brügge gehöre eher nicht zu jenen. Hier nun offenbarte er mir eine ganz andere Seite seines diffusen Naturells. Die eines pedantischen Philisters. Was wollte er damit bezwecken? Seine schmachvolle Unfähigkeit als Organisator übertünchen? Den Kindern das Paradies auf Erden schenken oder sich einfach nur abreagieren?
Ein verloren gegangener Tag ohne Strand oder Milchkaffee, geschweige denn die erholsamen Minuten einer Sahnetorte, auf der Promenade genossen.
Stattdessen trug ich den übermüdeten Konrad stundenlang auf dem Rücken und versuchte Nathan und Amalie bei Laune zu halten, denen mit diesem Tage die Lust auf Urlaub gemeinsam mit Rasmus vergangen zu sein schien.
„Nächstes Jahr bleibe ich in Berlin, da kannst du mich nicht mehr zwingen, mit dir die Ferien zu verbringen, Rasmus!“, Amalie schmollte.
„Mach doch, was du denkst!“, tat Brügge es seiner Nichte gleich. Wie im Kindergarten.
Brügges Handy klingelte vehement, doch er ließ den Akku sich entleeren und verweigerte jedwedes Gespräch.
Wir fuhren den gesamten Darß, Küstenseite, ab, ohne Erfolg. Irgendwann platzte mir der Kragen, Angestellte hin oder her, und ich klopfte beherzt auf einen imaginären Tisch und verkündete meine Bereitschaft, auch im Darßinnern gerne eine Unterkunft zu finden, man könne doch zum Strand fahren, wenn einem danach sei, und der Bodden sei schließlich auch ganz nett.
Brügge knurrte.
Ich bot mich an, das Organisatorische in die Hand zu nehmen, er solle sich doch die letzten Stunden des Tages mit den Kindern ein Stückchen Ostsee gönnen, warm genug war sie ja, die Ostsee und ich käme wieder, wenn ich was gefunden hätte. Schließlich wusste ich ja nun, wonach dem Herrn gelüste. Die Kinder schrien lauthals „Ja!“, und schließlich warf ich die vier aus dem Auto, samt Amalies Bikini und der schwimmenden Archeinsel vom Dach.
Den Sonnenuntergang würden sie gemeinsam an einem Hundestrand verbringen. Dann setzte ich mich in den Pkw und begab mich auf die Suche.
Das war nicht einfach und vor allen Dingen in der Hochsaison ein Wagnis, selbst am Bodden. Doch wenn du denkst, es geht nicht mehr…
Eine Zimmervermietung, meine dritte, entpuppte sich als mein kleines Lichtlein der Hoffnung. Vor mir standen zwei Paare samt zugehöriger Kinderschar, die sich intensivst um eine Alternative zu einem gemeinschaftlich gemieteten Reetdachhaus mühten. Offensichtlich hatten sich die befreundeten Pärchen nach acht Tagen kollektiven Urlaubs von Herzen entzweit, was letztlich wohl auch mit der unterschiedlichen Form der Kindererziehung zusammenhing.
„Ich finde es unbegreiflich, wie man einer voll entwickelten pubertären Göre gestatten kann, halbnackt im Garten zu liegen!“, eine graumelierte, etwas beleibte Dame Ende dreißig, Typ engagierte Hausfrau, starrte auf die in ihren Augen männerverschlingende Lolita, ein süßes Früchtchen mit hochtoupierten Haaren und mehreren Ringen in der Nase und deren aufgetakelte, mit ein wenig zu viel Rouge auf den Wangen angereicherte Mutter.
„Und ich verstehe nicht, dass du im Urlaub jeden verpflichtest, nach deiner Pfeife zu tanzen. Es gibt Wichtigeres als Staubwischen in den Ferien. Dein Frankymäuschen kannst du gerne rumkommandieren, aber meinen Mann und mich, meine Liebe, mich nicht!“
Die beiden Ehegatten in Polohemd und Bundfaltenhose schwiegen betreten, sichtlich mehr als peinlich berührt. Das hier war nicht ihre Bahnstation, das war nicht ihr Konflikt, doch sie sollten sich fügen, sicherheitshalber. Bei solch kampfbereiten Harpyien war Vorsicht geboten.
Ich stand zwar nur am Rande des Geschehens, doch konnte ich nicht umhin innerlich anzumerken, dass dies hier vor mir besser als Privatfernsehen war. Mit der Geduld eines Wanderhirten lauschte die Dame von der Vermittlung den Kampfhennen und konnte ihnen tatsächlich Alternativen offerieren, in ausreichender Wohnentfernung voneinander, wenngleich sie natürlich nicht die vollständige Miete zurückerstatten konnte.
Als die aufgebrachten Ladies mit ihrer Entourage von dannen zogen, griff ich den Hahn beim Schopfe und bot mich als Reetdachhausnachmieterin an.
Knapp zwei Wochen, na? In den Augen der Frau war ich ein Engel, besonders
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