Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman
anderer Frauen, bröckelte so langsam aber sicher meine Selbstbewusstseinshülle wie alter Parmesan. Und so was manifestiert sich dann eben im Gesamteindruck.
Tobias, die erste längere Beziehung meiner Jugendzeit, verließ mich nach knapp zwei Jahren wegen einer schwarzhaarigen Französin, die er während seines Austauschstudiums in Paris kennen lernte. Inzwischen war er wohnhaft in der Nähe von Bordeaux und hatte mindestens ein halbes Dutzend kleiner, süßer Kinder, alle wunderschön niedlich, in die Welt gesetzt. Er war schon immer sexuell sehr agil gewesen. Raimund, der Mann danach, holte mich aus meinem durch Tobias entstandenen Jammertal heraus und bereiste mit mir, nach meinem miserabel beendeten Studium der altertümlichen Geschichte, einen kleinen Teil der Welt. Er war für fünf Monate und einen Tag mein treuer Begleiter durch das nördliche Afrika und Asien. Bis er sich am Strand von Koh Phangan in eine superblonde Travellerin von 19 Jahren verguckte, die noch voll in der aufkeimenden Blüte ihres Lebens stand. Sie war nicht nur blond, braungebrannt und sehr amüsant, sie besaß auch noch Körbchengröße C und den Verstand einer Nobelpreisträgerin der Geophysik. Solche Frauen gibt es wirklich und Raimund hatte sie gefunden.
Diese Sabina brachte mein Ego dermaßen ins Wanken, dass ich mit Tränen unter den Augenringen in den Schoß meiner Heimat und meiner Familie zurückkehrte. Hier nun hielt ich mich als Nachhilfelehrerin, sogenannte Call-Center-Agentin, Mutter Oberin (Tresenkraft in einer kuscheligen Hinterhofkneipe), Seniorenbetreuerin und Privatsekretärin über Wasser, bis ich auf Robert, meinen letzten festen Freund traf. Er würde meine endgültige Liebe werden. So dachte ich. Aber das Denken sollte eher den smarteren Köpfen überlassen werden. Mein Zusammensein mit Robert war beendet worden, und zwar wieder einmal durch eine andere Frau. Wäre es doch nur ein Mann gewesen. Das hätte ich leichter verkraften können. Lara hieß sie. Bestechend war sie, 26 Jahre und erregend agil aussehend, während ich gefühlt schon längst meinen Zenit vom Mädchen zur Frau überschritten hatte. Doch Lara war nicht nur taufrisch, sie verkörperte Jugend auch in so einem Maße, dass ich bereit gewesen wäre, einen Hüftgürtel zu erwerben und Stützstrümpfe zu tragen.
Im Vergleich zu ihr fühlte ich mich recht ältlich, fast fortschrittlich in meinen dahin gelaufenen Jahren. Ihr Haar hatte die Farbe eines Feldes voll von Mohnblumen im Sommer. Ein Rot, auch noch echt, welches sich über Nacken und Schultern als auslaufender Nagellack ergoss. Mein Brünett, auf welches ich immer ein wenig stolz gewesen war, verblasste dagegen zur Waschlauge von Papas Gartenhosen. Sie hatte Verstand, ich nur Verständnis. Lara war auf dem Weg zur Karrierefrau, meine Karriere hatte vor langer Zeit einen Knick nach unten bekommen. Sie stammte aus einer vermögenden und in gewissen Kreisen geachteten Familie, ich aus den unteren Bürgertumsschichten. Lara besaß jetzt neben Dolce und Chanel auch Robert, ich nur ein zerrissenes Photo meines Ex und Klamotten aus dem Second-Hand.
Meine Nachbarn trösteten mich und beteuerten, wie sehr Robert mein Naturell vermissen würde. Aber auch nach 12 Monaten, zwei Wochen und drei Tagen sehnte er sich noch immer nicht nach meinem schillernden Wesen. Persönlichkeit verliert eben immer noch knapp das Rennen, wenn sie sich mit Schönheit und Grazie zu messen hat. Wenn ich bedenke, in meinem Alter (inzwischen na ja, so was um die 30) noch so minderwertigkeitsbelastet zu sein, und dies einzig wegen einer anderen Frau, also doch eigentlich einer Schwester im Geiste...Das nagte stark an mir.
Die Monate nach meinem erneut durch widere Einflüsse erzwungenen Singledasein verbrachte ich zuerst in Selbstzerfleischung, dann in Depressionen, in Wutanfällen, und schließlich in obskuren Frauenselbsthilfegruppen. Zuerst landete ich in einem von starken feministischen Ansichten durchzogenen Frauentreff. Ich kürzte meine Haare in, für meine konservativen Verhältnisse, wilder Manier, las psychologisch durchseuchte Frauenratgeber und trug T-Shirts mit Slogans wie: Ein Pessimist ist ein Mensch, der sich über schlechte Erfahrungen freut, weil sie ihm recht geben.
Nach dieser kurzen, ungefähr neun Wochen währenden Phase ließ ich meine Haare wieder wachsen, ich war in einem Hexenzirkel gelandet. Wir trafen uns immer sonntags im Stadtpark und sprachen mit den Bäumen. In jener Zeit trug ich wallend lange
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