Traummann mit Vergangenheit
warnte sie ihn. Dann öffnete sie die Tür. Er betrachtete Noras viel zu blasses Gesicht und die dunklen Ringe unter ihren Augen. Sie wich zurück, um ihn eintreten zu lassen. Nachdem er kurz die Gelegenheit hatte, einen Eindruck von Farbe und bequemen Möbeln zu gewinnen, wandte sie sich um und ging den Flur hinunter. Beim Gehen stützte sie sich mit einer Hand an der Wand ab.
„Ich weiß, so was tut man in besseren Kreisen nicht“, sagte sie, „aber ich kann nicht lange stehen. Also empfange ich dich jetzt einfach in meinem Schlafzimmer.“
Licht strömte durch die großen Fensterflächen herein und erhellte den Raum. Stephens Blick fiel auf Spitzenbettwäsche und viel zu viele Kissen. Nora krabbelte zurück in ihr breites Bett und zog sich die Decke über die Brust.
Er schob einen gepolsterten Stuhl ans Bett und stellte seine Tasche auf den Boden. Dann holte er ein Stethoskop und ein Thermometer heraus. „Wann hattest du die ersten Symptome?“
Sie öffnete ein Auge. „Du bist nicht mein Arzt. Du kannst mich nicht untersuchen.“
„Das kann ich wohl. Ich habe ein Examen und alles, was dazugehört. Darum nennen mich die Leute auch Doktor Remington. Ziemlich cool, was?“
Nora öffnete beide Augen und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Erstens finde ich das nicht witzig. Zweitens haben wir uns schon geküsst. Also gibt es da einen Interessenskonflikt, oder? Außerdem habe ich eine ganz wunderbaren Ärztin. Ich möchte lieber zu ihr.“
„Du schaffst die Fahrt nicht, und es ist unwahrscheinlich, dass sie wegen eines Hausbesuchs über hundert Kilometer fährt. Aber ich bin hier, und ich bin qualifiziert. Und was den Kuss angeht – während ich dich als Arzt untersuche, bleibt der völlig außen vor. Ich verspreche dir, dass ich nur ganz professionelle Arztgedanken denke.“
Sie musterte ihn vorsichtig. Ihre Lippen waren blass und ausgetrocknet. Ihre Haut leuchtete nicht wie sonst. Schlagartig wurde er ernst. „Nora, ich glaube, dass du das Schlimmste hinter dir hast, was den Virus angeht. Aber ich kann mir nicht sicher sein, wenn ich dich nicht untersuche. Jetzt hör auf, dich wie ein trotziges kleines Mädchen aufzuführen, und lass mich meine Arbeit machen.“
Sie seufzte tief. „Okay. Dann mach mal.“
Zwanzig Minuten später lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und betrachtete sie. „Dein Fieber ist fast weg“, sagte er und überflog das Datenblatt, das er ausgefüllt hatte. „Deinen Symptomen nach zu urteilen, ist es genau das, was ich gedacht habe: ein fieser Magenvirus. Jetzt brauchst du dringend ein paar Tage Erholung. Unglücklicherweise leidest du an einem gefährlichen Flüssigkeitsmangel. Ich schließe jetzt einen Tropf an, und ich will nicht, dass du allein bist, bis er wieder entfernt wird. Kann jemand während der nächsten 24 oder 36 Stunden bei dir bleiben?“
„Aber sicher. Meine Mutter kommt her, sobald ich sie anrufe.“
Stephen stellte den tragbaren Infusionsständer auf, den er mitgebracht hatte, und setzte die Kochsalzlösung in Gang. Nachdem er schnell eine Liste mit Vorräten aufgeschrieben hatte, rief er Hattie Darby an und erklärte ihr, was los war. Noras Mutter versprach, die Ranch in der nächsten halben Stunde zu verlassen. Stephen versicherte ihr, dass es keinen Grund zur Eile gab. Er war für den Tag mit der Arbeit fertig und würde gerne bei Nora warten, bis Hattie ankam.
Als er auflegte, drehte sich Nora weg, als ob sie nicht jedes Wort gehört hätte.
„In ein paar Stunden fühlst du dich besser“, sagte er. „Sobald mehr Flüssigkeit in deinem Körper ist, hast du wieder mehr Energie.“ Er hielt inne und warf ihr einen Blick zu. „Du musst doch gewusst haben, dass du ziemlich krank bist. Warum hast du nicht angerufen oder bist in die Praxis gekommen?“
Nora rutschte auf dem Bett hin und her und presste die Lippen zusammen. Dann starrte sie aus dem Fenster. Sie seufzte. „Ich kam mir einfach komisch vor, okay? Ich meine, wir …“ Sie vollführte eine vage Geste mit ihrer freien Hand. „Ich hab noch nie einen Arzt geküsst.“
„Tja, ich bin mir sicher, dass wir Ärzte das wesentlich besser können als Leute, die keine medizinische Ausbildung genossen haben.“
Sie fuhr herum und funkelte ihn an. „Ganz offensichtlich kennt dein Ego keine Grenzen.“
„Wahrscheinlich nicht“, stimmte er fröhlich zu. „Das macht einen erheblichen Teil meines Charmes aus.“
„Du bist kein bisschen charmant.“
„Das ignoriere ich jetzt
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