Traummann mit Zuckerkuss
nass, von denen einige vor sich hin schimpften, während andere ordentlich fluchten. Issys Herz machte gleichzeitig einen Satz– und rutschte ihr in die Hose. Damit würde sie sich bei der Linie 73-Truppe nicht gerade beliebt machen. Egal. Die Tür wurde geöffnet.
» Steig ein, Babe!«, ertönte eine Stimme.
Graeme wünschte sich wirklich, Issy würde ihm das nicht antun. Er wusste ja, dass sie hier den Bus nahm, aber musste sie denn unbedingt den Märtyrer spielen? Sie war ein nettes Mädchen, und er verbrachte zweifellos gerne Zeit mit ihr, aber er brauchte seinen Freiraum. Und so etwas machte man auch einfach nicht, mit einer Kollegin aus dem Büro zu schlafen– und auch noch mit einer, deren Chef man war. Sie respektierte zwar seinen Wunsch und übernachtete nicht bei ihm, darüber war er wirklich froh, denn er war ein schwerbeschäftigter Mann und hatte keine Lust auf jemanden, der bei so was Theater machen würde. Aber jetzt war er auf dem Weg zur Arbeit und fühlte sich so gut in seinem schnittigen BMW , während er über Unternehmensstrategien nachdachte, und da war das Letzte, was er brauchte, der Anblick einer in ihren Schal eingewickelten durchweichten Issy an der Bushaltestelle. Das war ihm unangenehm, als würde sie sich irgendwie damit blamieren, dass sie so… so nass war.
Graeme war der attraktivste Typ in Issys Firma. Er war groß, Fitness-Studio-gestählt, mit durchdringenden blauen Augen und schwarzem Haar. Issy hatte bei seiner Ankunft schon seit drei Jahren dort gearbeitet, und er hatte für ziemlichen Aufruhr gesorgt. Er war wie gemacht für die Projektentwicklung; sein Stil war autoritär und schnell, und er ließ die Kunden verstehen, dass sie etwas verpassen würden, wenn sie bei seinem Angebot nicht zugriffen.
Zunächst beäugte Issy ihn wie einen Popstar oder Schauspieler aus dem Fernsehen: schön anzusehen, aber Lichtjahre außerhalb ihrer Reichweite. Sie hatte jede Menge liebe, sanfte Freunde gehabt, und auch ein oder zwei völlige Arschlöcher, aber aus verschiedenen Gründen hatte es nie hingehauen. Entweder war es der falsche Mann gewesen oder der falsche Zeitpunkt. Noch verspürte Issy keine Torschlusspanik, aber tief in ihrem Inneren wusste sie doch, dass sie gerne jemand Nettes finden und eine dauerhafte Beziehung eingehen würde. Sie wollte nicht so ein Leben wie ihre Mutter, die von einem Mann zum nächsten flatterte und niemals richtig glücklich war. Sie wünschte sich ein Zuhause und eine Familie. Ihr war klar, dass sie das zur hoffnungslosen Spießerin machte, aber so war sie eben. Und Graeme war nun wirklich nicht der Typ für feste Bindungen. Sie hatte ihn vom Büro aus in seinem kleinen Sportwagen mit umwerfend schlanken Blondinen davonfahren sehen– es war nie dieselbe Frau, obwohl sie alle gleich aussahen. Also hatte sie ihn sich aus dem Kopf geschlagen, selbst als er unter den jüngeren Kolleginnen im Büro eine Schneise schlug.
Und deshalb waren sie auch beide so erstaunt gewesen, als man sie zusammen zu einer einwöchigen Fortbildung in den Hauptsitz der Firma nach Rotterdam geschickt hatte. Sie saßen damals fest, weil es draußen in Strömen regnete, und als ihre holländischen Gastgeber sich früher zurückgezogen hatten als erwartet, fanden sie sich gemeinsam in der Hotelbar wieder und verstanden sich weitaus besser als gedacht. Graeme war fasziniert von der drallen, hübschen jungen Frau mit der dunklen Mähne, die in der Ecke saß und niemals mit ihm flirtete oder einen Schmollmund zog oder kicherte, wenn er vorbeiging, und es stellte sich heraus, dass sie witzig und sanft war. Issy war nach zwei Gläsern Jägermeister leicht beduselt und konnte nicht bestreiten, wie absolut attraktiv er mit seinen starken Armen und dem unrasierten Kinn wirkte. Sie versuchte sich später einzureden, dass es nichts zu bedeuten gehabt hatte, dass das nur eine einmalige Sache gewesen war, nichts, über das man sich den Kopf zerbrechen musste, ein wenig Spaß, den man leicht mit dem Alkohol erklären konnte und geheim halten würde, aber Graeme war eben so unglaublich sexy.
Er hatte sie einerseits einfach nur verführt, um sich die Zeit zu vertreiben, war dann aber von ihrer Sanftheit und Lieblichkeit überrascht worden, mit der er nicht gerechnet hatte und die ihm eigentlich gut gefiel. Sie war nicht so aggressiv und spitzknochig wie all die anderen Mädchen, und sie war auch nicht den ganzen Tag damit beschäftigt, sich über die Kalorien im Essen zu beschweren und ihr
Weitere Kostenlose Bücher