Traummann mit Zuckerkuss
mein Geschenk für dich. Du hast heute Vormittag frei. Ich hab die Kinder in kompetente Hände übergeben.«
» Du meinst, sie sind in der Schule?«, stellte Issy klar.
» Genau«, nickte Caroline. » Megaperls und ich, wir werden den Laden schon schmeißen, oder nicht?«
Issy wusste, dass dieser Kosename liebevoll gemeint war, aber ihr entging nicht, wie Pearl bei der wenig schmeichelhaften Bezeichnung zusammenzuckte.
» Bist du sicher?«
» Natürlich«, nickte Pearl. » Wir halten hier die Stellung. Jetzt verschwinde schon!«
» Aber ich weiß ja gar nicht, was ich mit mir anfangen soll«, wandte Issy ein. » Zeit für mich selbst… das kenne ich gar nicht mehr…«
» Diese Zeit für dich selbst findet aber ein jähes Ende, wenn ich um halb zwei meine Reiki-Sitzung habe«, erklärte Caroline. » Ich würde mich an deiner Stelle also ranhalten.«
Als Issy die Straße entlanglief, wärmte ihr die Sonne den Rücken. Sie fühlte sich seltsam leicht und frei– keiner wusste, wo sie steckte! Sie konnte einen Bus zur Oxford Street nehmen und shoppen gehen! Hm, aber vielleicht hatte sie gar nicht genug Geld zum Einkaufen. Sie musste wirklich mal Austin fragen. Sie hatte keine Ahnung, wie es um ihre persönlichen Finanzen stand. Die Vorstellung, sich bei ihm danach zu erkundigen, war ihr furchtbar unangenehm. Wahrscheinlich würde er ihr wieder nur eine Standpauke halten. Aber was kümmerte es sie. In privater Hinsicht verband sie ja nichts, also sollte sie sich darüber keine Gedanken machen: Sie würde sich einfach mit einer geschäftlichen Frage an ihn wenden. Er hatte schließlich hundertprozentig klargemacht, dass sich seiner Meinung nach alles aufs Geschäftliche beschränken sollte, und außerdem machte ihr das auch gar nichts aus. Aber es machte ihr durchaus etwas aus, an den anderen Cafés auf der Stoke Newington High Street vorbeizugehen. Sie hatte noch nicht vergessen, was hier beim letzten Mal passiert war. Das war schrecklich gewesen, aber immerhin hatte man sie seitdem in Ruhe gelassen.
Ach, zum Teufel damit, auch das kümmerte sie heute einfach gar nicht. Sie hatte Geburtstag, und wenn sie an den anderen Lokalen auf der Hauptstraße vorbeigehen wollte, dann tat sie das auch. Sie versuchte, die Straße möglichst unerkannt zu passieren, stolzierte hoch aufgerichtet voran und vermied dabei jeglichen Blickkontakt. Einerseits war sie nervös, andererseits erfüllte sie nun trotzige Entschlossenheit. Ob es diesen Leuten nun passte oder nicht, sie war jetzt ein Teil dieser Gemeinschaft, und damit basta. Sie gehörte dazu.
Im Pub vor der Bank setzte sie sich nach draußen. Vielleicht konnte sie eines Tages auch solche Terrassentische für das Café bestellen. Offiziell hatte sich noch niemand darüber beschwert, dass sich ihre Kunden draußen unter den Baum hockten, aber es kam ihr unhöflich vor, und der Eisenwarenhändler starrte immer wütend rüber, wenn er zu seltsamen Uhrzeiten seinen Laden aufsuchte. Issy bestellte einen Kaffee. Er schmeckte fürchterlich, kostete aber nur ein Pfund fünfzig. Damit konnte sie leben. Um zehn nach neun erschien Austin und hastete wie immer eilig vorbei. Dabei hing ihm das Hemd aus der Hose– über einem, wie Issy nicht entging, recht süßen Hintern. Das lag bestimmt an der Sonne. Sie fand Hintern selten bemerkenswert, zumindest im Vergleich mit Graemes fitnessgestähltem Po, auf den er, wie sie manchmal dachte, ein wenig zu stolz war. Egal, sie starrte Austin ja nicht auf den Hintern. Sie wollte ihm eine geschäftliche Frage stellen, das war alles. Sie war absolut nicht erpicht auf diese Begegnung mit ihm, selbst wenn sein blaues Hemd zu seinen Augen echt toll aussah. Trotzdem, wirklich nicht.
» Austin!«, rief sie zögernd und winkte mit ihrer Zeitung. Er drehte sich um, entdeckte sie und wirkte erst sehr erfreut, dann eine Sekunde lang ein wenig gequält. Das ärgerte Issy. Er brauchte doch nicht so zu tun, als wäre sie eine Art Stalkerin.
Der Bankberater kam über die Straße. Innerlich ärgerte es ihn, wie schön er es fand, sie zu sehen. Es ging doch sicher nur um etwas Geschäftliches.
» Jetzt guck nicht so ängstlich, es geht nur um etwas Geschäftliches«, stichelte Issy. Das sollte eigentlich witzig rüberkommen, aber jetzt fand sie ihren Spruch auf einmal sehr merkwürdig.
» Hurra!«, sagte er und setzte sich. Issy war enttäuscht. » Also gut. Sollen wir nicht einfach einen Kaffee bestellen und das Ganze als Meeting betrachten?«
Issy sah ihm
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