Traummann mit Zuckerkuss
Besonderes war. Es war aus Metall– anders als ein Kuchen, der nur einen Tag lang hielt, oder die Speisekarte aus Pappe, die sie nach ein paar Wochen wegwarfen. Dieses Kleinod hingegen würde viele, viele Jahre halten. Was ihr Hoffnung machte, dass es ihr Café vielleicht auch so lange geben würde.
Es fehlte nur eine einzige Person. Sie wusste es, sie konnte es nicht verleugnen. Und wenn er gut genug für sie gewesen wäre, das wusste sie auch, dann hätte ihn nichts zurückgehalten. Inmitten all ihrer Glückseligkeit überkam es Issy auf einmal eiskalt.
Obwohl es immer noch ein lauer Abend war, brachen die Leute allmählich auf. Freunde, die von weither gekommen waren, mussten einen Spätzug erwischen oder ihren Babysitter erlösen, andere hatten am nächsten Morgen einen langen Weg zur Arbeit vor sich. Auch Pearl machte sich fertig und schnappte sich Louis, der unter dem Baum eingeschlafen war. Irgendwann sah Issy sich um und stellte fest, dass die meisten längst gegangen waren und nur noch ein paar leicht beduselte Gestalten auf dem Hof standen. Felipe spielte jetzt ein Lied, das ganz stark nach Abschied klang.
Die Cafébesitzerin sah auf und stellte fest, dass sie erstens direkt vor Austin stand und zweitens ziemlich betrunken war. Ziemlich betrunken und glücklich, wie ihr jetzt klar wurde. Lag das an Austin? War das der Zusammenhang? Sie schien immer glücklicher zu sein als vorher, wenn sie ihn gesehen hatte. Aber vielleicht lag das auch daran, dass er ihr Geld lieh. Das war alles so verwirrend.
Austin biss sich auf die Lippe und schaute Issy an. Sie sah so hübsch, so süß aus, aber sie war offensichtlich ziemlich beschwipst, also war es wohl besser, wenn er jetzt ging. Er kam bei Frauen gut an– einige von ihnen waren fasziniert von all dem Batman-Spielzeug, das sie bei ihm zu Hause entdeckten, andere wurden davon eher abgeschreckt. Die einen wollten am liebsten gleich bei ihm einziehen und Vater-Mutter-Kind spielen, die anderen machten sich in Überlichtgeschwindigkeit vom Acker. Wenn Austin mal einen Abend frei hatte, wandte er sich gerne der Damenwelt zu und erklärte seinen Eroberungen ganz offen, dass er keine Lust hatte, noch mehr Unordnung in Darnys Leben zu bringen, bis der Junge ein wenig… na ja, ein wenig gefestigter wäre. Aber er verspürte trotzdem Sehnsucht. Manchmal sehnte er sich einfach nach ein bisschen Gesellschaft. Man fand leicht jemanden für einen kurzen Flirt, vor allem, wenn Alkohol mit im Spiel war. Aber von Zeit zu Zeit hatte er das Gefühl, dass er langsam für etwas Dauerhaftes bereit war, immerhin war er schon über dreißig. Normalerweise fand er zwar, dass er sich im Leben bereits um genug Erwachsenen-Kram kümmerte und nicht auch noch die Probleme einer erwachsenen Beziehung brauchte. Aber gelegentlich– so wie jetzt– stellte er sich so etwas wirklich schön vor.
» Hey«, sagte Issy.
Aber Issy, dachte Austin, der augenblicklich all die anderen Abende vergaß. Sie war… sie ging ihm unter die Haut, das konnte er nicht leugnen. Das lag an der Begeisterung, die ihr so oft ins Gesicht geschrieben stand, an dem ein wenig gequälten Ausdruck, den ihre Züge annahmen, wenn jemand Hilfe zu brauchen schien, am Optimismus ihrer kleinen Küchlein mit der rosa Glasur und daran, wie hartnäckig sie viele, viele Stunden in ihr Projekt investiert hatte, um das Café zu einem Erfolg zu machen. Das gefiel ihm. Wenn er ehrlich war, gefiel ihm alles an ihr. Er hatte sie gern. Und da stand sie nun, mit rosigem, erwartungsfrohem Gesicht, und sah zu ihm auf. Die Lichterkette leuchtete im Bäumchen, die Sterne glänzten hoch über ihnen, und nach dem » Hey« hatte keiner von ihnen mehr etwas gesagt, das war überhaupt nicht nötig. Issy schaute zu ihm hoch und biss sich auf die Lippe. Ohne groß darüber nachzudenken, was er da eigentlich tat, hob er langsam seine große Hand und zeichnete mit einer sanften, hauchzarten Berührung die Linie ihres Kiefers nach.
Issy erbebte unter seiner Geste, und er sah, wie ihre Pupillen sich weiteten. Jetzt hob er die Hand weiter und umfasste ihr Gesicht fester, während er die ganze Zeit in ihre großen grünen Augen starrte. Issy spürte, dass ihr Herz heftig zu schlagen begann, als hätte man ihm einen Stromstoß verpasst. Zum ersten Mal seit gefühlten Monaten floss das Blut wieder schneller durch ihre Adern. Sie lehnte sich gegen die warme Hand, spürte die Berührung auf ihrer Haut und als sie wieder zu ihm aufsah, sagten ihre Augen
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