Traummoerder
nahm zwei Zwanziger heraus. Er legte das Geld auf den Tresen und zeigte dem Mann seinen Führerschein.
»Brauche ich nicht, Kumpel.« Er nahm einen Schlüssel vom Brett. »Cabana 12.«
Dermot nahm den Schlüssel entgegen.
Das Cabana war ein Blockhäuschen – ein Schlafzimmer mit verdrecktem abgewetztem Teppich und ein kleiner, stinkender Bereich, der als Badezimmer durchgehen konnte.
Dort gab es ein Waschbecken, eine Toilette ohne Brille und eine Dusche. Die Kacheln hatten von einer Art Pilz eine grünliche Färbung. Für vierzig Dollar die Nacht hätte Dermot etwas weniger Schäbiges erwartet.
Er holte Scarecrow aus dem Auto, setzte ihn aufs Bett und schloss die Tür. Es war kurz vor halb sieben – eine Zeit, zu der er Neela erreichen konnte. Er erzählte ihr, wie er den Tag verbracht hatte, ohne allzu konkret zu werden. »Wer immer dieser Arnold ist, er hat alles sehr gut geplant«, sagte er. »Aber wieso sollte er sich all diese Mühe machen, nur um mir einen Streich zu spielen? Warum? Was, zum Teufel, habe ich diesem Kerl angetan, dass er mir so höllische Angst machen will? Es ist unglaublich.«
Neela war nachdenklich. »Ich frage mich, wie der alte Knabe all das gemanagt hat.«
»Keine Ahnung«, gab Dermot zu, und als Scarecrow bellte, schimpfte er: »Sei still, Scarecrow, oder willst du im Auto schlafen?«
»Mit wem sprichst du?«, wollte Neela wissen. »Hast du einen Hund bei dir?«
»Äh … ich …« Er suchte nach einer vernünftigen Begründung für die Adoption eines zweiten Haustiers. »Vor dem Haus ist mir ein ganz drolliger Hund über den Weg gelaufen. Er sieht aus wie Toto aus dem Zauberer von Oz y ist aber dünn und knochig wie eine Vogelscheuche. Ein wirklich tragischer Fall.« Scarecrow drehte Dermot den Kopf zu, als wollte er gegen die Beschreibung protestieren. »Er sah aus, als hätte er tagelang nichts gefressen, also habe ich ihm was gegeben.«
»Willst du damit sagen, dass du das kalte Lamm an einen Köter verfüttert hast? Ich werde mich scheiden lassen. Das weißt du.«
»Er war richtig ausgehungert – es hat ihm das Leben gerettet.«
Neela beruhigte sich. »Über den Hund sprechen wir, wenn du zurück bist. Ich dulde nicht, dass er Cheesecake das Leben schwer macht.« Es entstand eine kleine Pause, dann: »Wo bist du?«
»In einem heruntergekommenen Motel namens Dusty’s Motor Inn nördlich des Topanga State Park.«
»Wenn du vorhast, die Nacht dort zu verbringen, behalt deine Jacke an. Und dusch erst wieder, wenn du daheim bist.«
Er ließ Scarecrow im Zimmer und ging zu Gullet, wo er fünf Hamburger, eine kleine Pizza und eine Dose Cola kaufte. Zurück in der Cabana, entfernte er die durchweichten Brötchenhälften von den Hamburgern und gab Scarecrow eine ordentliche Fleischmahlzeit. Der Hund trank gierig aus dem Waschbecken im Bad, dann machte er es sich auf den Kissen bequem. Dermot setzte sich neben ihn, blätterte im Tagebuch bis zum Ende des Kapitels von den Pfahlopfern und legte sich eine Landkarte von Kalifornien zurecht, ehe er mit dem nächsten Kapitel anfing. Zu welchem fiktionalen Tatort wurde er jetzt geführt? Er nahm sich das Kapitel vor, das mit Superkleber-Lady – eine Frau, die Arnold Maria Nestor nannte – überschrieben war.
Maria Nestor war Ende vierzig. Ungepflegt. Die großen Titten hingen auf halb sechs. Ihr ganzes Leben lang war sie eine Nutte gewesen und hatte ganz anständig verdient, bis sie vierzig wurde. Wenigstens hat sie mir das online erzählt. Danach hatte sie Schwierigkeiten, das andere Geschlecht für sich zu interessieren. Na ja, Arme wie Schweinekoteletts und Hängemöpse – wer will damit schon rummachen?
Dermot trank einen Schluck Cola und las weiter.
Sie hatte einen Umwelt-Spleen und regte sich über Fabriken auf die die Erde zerstörten. Sie liebte, wie sie sagte, Protestaktionen, legte sich vor mit Holzstämmen beladene Sattelschlepper und kettete sich an die Tore von Chemiefabriken – solche Sachen eben. »Diese verdammte Gier. Sehen Sie sich an, wie sie die Landschaft zerstören«, sagte sie. »Und das alles nur wegen des schnöden Mammons. Und die Chemikalien, Traumheiler! Sehen Sie sich an, was sie in der Welt angerichtet haben.« Ich weiß noch, dass ich überlegt habe, wie ich an ein bisschen Uran kommen könnte, um es ihr in den Mund zu stopfen und sie zu zwingen, es aufzufressen.
Dermot fand die Kohleskizze von Maria Nestors Gesicht. Auf der Zeichnung hatte sie den Mund geschlossen – eine weiße,
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