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Traumpfade

Traumpfade

Titel: Traumpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Chatwin
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zu denen des Wanderers im Flachland; von einem viergliedrigen zu einem zweigliedrigen Grundriß; von einem Lebewesen, das sich mit den Händen fortbewegte, zu einem Lebewesen, dessen Hände sich mit anderen Dingen beschäftigten.
Die schnelle Entwicklung des Gehirns.
    Wie sich zeigt, treffen beide »Sprünge« zeitlich mit plötzlichen Umschwüngen zu einem kälteren und trockeneren Klima zusammen.
    Vor ungefähr zehn Millionen Jahren hat unser hypothetischer Vorfahr, der Miozän-Affe, wahrscheinlich seine Tage unter dem hohen Dach des Regenwaldes verbracht, der damals fast ganz Afrika bedeckte.
    Wie der Schimpanse und der Gorilla hat er wahrscheinlich jede Nacht an einer anderen Stelle verbracht, seine Wanderungen jedoch auf wenige Quadratkilometer gefahrlosen Territoriums beschränkt, wo es immer Nahrung gab, wo der Regen die Baumstämme herabrieselte und das Sonnenlicht danach die Blätter besprenkelte und wo er sich vor den »Schrecken« auf dem Boden des Waldes in Sicherheit schwingen konnte.
    Vom Grund des Térnéfine-Sees im Tschad habe ich den fossilen Schädel einer Miozän-Hyäne gesehen: ein Tier von der Größe eines Bullen, mit Kinnbacken, mit denen es einem Elefanten ein Bein abbeißen konnte.
    Gegen Ende des Miozäns jedoch begannen die Bäume kleiner zu werden. Aus noch ungeklärten Gründen scheint das Mittelmeer etwa sechs Prozent vom Meeressalz der ganzen Welt enthalten zu haben. Aufgrund des geringeren Salzgehalts begannen die Meere um die Antarktis sich mit Eis zu bedecken. Die Größe der Eisdecke verdoppelte sich. Der Meeresspiegel sank, und das Mittelmeer, durch eine Landbrücke bei Gibraltar abgeschlossen, wurde zu einer riesigen evaporierenden Salzpfanne.
    In Afrika schrumpfte der Regenwald zu kleinen Inseln – wo man heute die Baumaffen findet –, während die Vegetation an der östlichen Seite des Kontinents eine »mosaikartige Savanne« wurde: offene Waldgebiete und Grasland mit abwechselnden Regen- und Trockenperioden – Überfluß und Knappheit, Überschwemmungen und verkrusteter Schlamm. Dies war die »Heimat« des Australopithecus.
    Er war ein Tier, das gehen konnte und wahrscheinlich Lasten trug: aufrechtes Gehen, bei dem sich der Deltamuskel entwickelt, scheint das Tragen von Gewichten, wahrschein lich von Nahrung und Kindern, von einem Ort zum anderen vorauszusetzen. Doch seine breiten Schultern, seine langen Arme und noch zum Greifen geeigneten Zehen deuten darauf hin, daß er, zumindest in seiner »archaischen« Form, noch immer teilweise in den Bäumen lebte oder auf ihnen Zuflucht suchte.
    *
    In den dreißiger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts erklärte Wilhelm von Humboldt, der Vater der modernen Sprachwissenschaften, daß der Mensch wegen des Sprechens aufrecht gehe, das auf diese Weise nicht »durch den Boden gedämpft oder unhörbar gemacht« werde.
    Doch haben vier Millionen Jahre aufrechten Gehens nicht den geringsten Einfluß auf die Entwicklung von Sprache genommen.
    *
    Wie auch immer, die »Grazilen« und die »Robusten« besaßen anscheinend die Fähigkeit, einfache Werkzeuge aus Knochen und selbst aus Stein herzustellen. Die Abnutzungsspuren an diesen Werkzeugen lassen nach mikroskopischer Untersuchung vermuten, daß sie nicht zum Schlachten, sondern zum Ausgraben von Zwiebeln und Knollen benutzt wurden. Der Australopithecus hat einer jungen Gazelle, wenn sie in seine Nähe kam, vielleicht eine Trense angelegt, vielleicht ist er sogar wie ein Schimpanse systematisch auf die Jagd gegangen. Aber er war immer noch mehr oder weniger Vegetarier.
    Was den ersten Menschen angeht, so war er ein Allesfresser. Seine Zähne sind die eines Allesfressers. Die Steinwerkzeuge, die um seine Lagerstätten verstreut lagen, lassen darauf schließen, daß er womöglich Kadaver zerstückelt und verzehrt hat. Er war jedoch wahrscheinlich eher ein Aasfresser als ein Jäger. Sein Erscheinen trifft mit dem zweiten Klimaumschwung zusammen.
    Klimatologen haben herausgefunden, daß vor 3,2 bis 2,6 Millionen Jahren ein jäher Sturz der Temperatur auf der ganzen Welt erfolgte, der als erste Eiszeit bekannt ist und in dessen Folge der Nordpol zum erstenmal vereiste. Für Afrika hatte das verheerende Folgen.
    Im ganzen Great-Rift-Tal wurde das Waldland weggefegt und durch offene Steppe ersetzt: eine Wildnis aus Sand und Kies, gelegentlichen Grasflecken und Dornbüschen und höheren Bäumen, die in den Wasserläufen verblieben waren.
    Dorngestrüpp war das Land, in dem sich das Gehirn des

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