Traumpfade
seine Klinge zu wetzen. In den nächsten zehn Minuten füllten wir die »Eskis« bis an den Rand mit Würstchen und Steaks.
»Futter für meine alten Männer«, sagte Arkady.
»Kommt mir unheimlich viel vor.«
»Warten Sie nur ab«, sagte er. »Die könnten eine ganze Kuh zum Abendessen verzehren.«
Wir kauften außerdem ein paar Steaks für einen alten »Buschie« namens Hanlon, der ganz allein in der Nähe vom Glen Armond Pub lebte.
Wir fuhren weiter, vorbei am Schild, das den Weg zur Old-Alice-Telegrafenstation bezeichnete, und dann waren wir draußen in dem kargen, gestrüppreichen Land der Burt-Ebene.
Die Straße war ein gerades Band aus Teer, zu beiden Seiten von roten Sandstreifen begleitet, auf denen Paddymelonen wuchsen. Die Melonen hatten die Größe von Kricketbällen. Sie waren von den Afghanen als Futter für ihre Kamele nach Australien mitgebracht worden. Manchmal schwenkte Arkady seitwärts auf die Melonen ab, um einem nach Süden fahrenden Lastzug auszuweichen. Die Lastzüge hatten drei Anhänger. Sie verlangsamten ihre Geschwindigkeit nicht, sondern kamen aus der Luftspiegelung der Hitze unaufhaltsam näher und fuhren rücksichtslos in der Mitte der Straße.
Alle paar Meilen kamen wir an den Toren einer Rinderfarm oder an einer Windpumpe vorbei, um die sich Vieh drängte. Es gab eine Menge toter Tiere, die mit ausgestreckten Beinen und aufgeblähten Bäuchen dalagen und auf denen Krähen hockten. Der Regen ließ seit zwei Monaten auf sich warten.
»Marginales Land«, sagte Arkady.
Fast alles gute Weideland war von Ausländern aufgekauft worden: von den englischen Vesteys, von dem Texaner Bunker Hunt und anderen mehr. Kein Wunder, daß sich die Territorianer betrogen fühlten!
»Das Land ist gegen sie«, sagte er. »Die Politiker sind gegen sie. Die internationalen Konzerne sind gegen sie. Die Abos sind gegen sie. Aber dieses Land ist natürlich nur für Abos gut genug!«
Er erzählte, daß einmal, als sie in der Nähe von Mount Wedge einer Songline nachgingen, der Besitzer angefahren kam, eine Schrotflinte schwenkte und brüllte: »Runter von meinem Land! Schafft die Nigger von meinem Land!« Arkady, der dem Mann bereits fünf Briefe geschrieben hatte, ohne je eine Antwort zu erhalten, erklärte ihm daher die Verordnungen der Landrechtegesetzgebung, wonach »traditionellen Besitzern« der Besuch ihrer Stätten gestat tet war.
Da wurde der Viehzüchter fuchsteufelswild: »Es gibt keine heiligen Stätten auf meinem Land.«
»O doch, und ob es sie gibt«, sagte einer der anwesenden Aborigines.
»O nein, bestimmt nicht.«
»Sie stehen gerade auf einer, Mann.«
Die Straße machte eine Kurve und führte durch ein Flußbett, und auf der anderen Seite zeigte Arkady nach Osten auf eine Zickzacklinie hellbrauner Berge, die sich wie Pappkulissen aus der Ebene erhoben.
»Sehen Sie den kleinen Berg dort?« fragte er.
»Ja.«
Es war ein kleinerer, kegelförmiger Berg, der mit den anderen durch einen niedrigen Gebirgsausläufer verbunden war.
»An dieser Stelle«, sagte er, »wollten die Leute von der Eisenbahn einen Einschnitt machen. Auf diese Weise wäre die Strecke um mindestens zwei Meilen verkürzt worden.«
Die Berge lagen am nördlichen Rand des Aranda- Landes; doch als Arkady über die üblichen Kanäle die Nachricht verbreiten ließ, wollte keiner Anspruch auf sie erheben. Er hatte schon angenommen, daß es keine »Besitzer« gebe, als eine Aranda-Sippe in seinem Büro erschien … und sich als Besitzer bezeichnete. Er fuhr mit fünf Männern in die Berge, wo sie Trübsal bliesen und mit schreckgeweiteten Augen herumsaßen. Immer wie der fragte er: »Wie lauten die Lieder für diese Stelle?« oder: »Welche Traumzeitgeschichte gibt es hier?« Sie machten den Mund nicht auf und sagten kein einziges Wort.
»Ich hatte keine Ahnung, was los war«, sagte er. »Also erzählte ich ihnen von dem Einschnitt, und dann legten sie los. Sie begannen alle zu jammern: ›Schwarzer Mann stirbt! Weißer Mann stirbt! Alle Menschen sterben! Aus mit Australien! Aus mit der Welt! Vorbei!«
»Nun, ganz offensichtlich«, sagte Arkady, »mußte das etwas Schlimmes bedeuten. Deshalb fragte ich den Ältesten, der am ganzen Körper zitterte: ›Was habt ihr denn dort hinten?‹ Und er hält seine eine Hand an mein Ohr und flüstert: ›LARVEN-MACHT!‹«
Das Lied, das längs der Bergkette verlief, erzählte von einem Ahnen der Traumzeit, dem es nicht gelungen war, das richtige Ritual zu vollziehen, um den
Weitere Kostenlose Bücher