Traumprinzen und Wetterfrösche: Ein Stephanie-Plum-Roman (German Edition)
er zurückkommt, verschwindet sie, oder?«
»Er ist schon seit zwei Stunden weg. Es könnten ebenso gut zwei Tage sein. Er ist weg.«
»Hast du versucht, sie zum Gehen zu überreden?«
»Ja. Sie hat gesagt, ich solle abhauen.«
»Du bist Polizist. Du zerrst bestimmt ständig nackte Frauen aus irgendwelchen Schlafzimmern.«
»So gut wie nie. Und das ist mein Schlafzimmer. Und diese Frau wurde von meinem Bruder hier angeschleppt, der dazu noch verheiratet ist. Dabei sollte ich eigentlich dafür sorgen, dass er sich anständig benimmt. Wenn meine Schwägerin und meine Mutter davon erfahren, bin ich erledigt. Und was noch schlimmer ist – wenn ich diese Tussi anrühre, schlägt sie vielleicht Alarm und behauptet, ich hätte sie vergewaltigen wollen, oder unterstellt mir einen Polizeiübergriff oder weiß der Teufel was.«
»Du willst also, dass ich sie für dich loswerde.«
»Ja.« Morelli grinste mich wieder an. »Wenn du das für mich tust, werde ich mich sehr nett bei dir bedanken. Sehr nett.«
»Und dann? Müsste ich dann auch sehr nett zu dir sein?«
»Nein. Du könntest einfach gehen. Adíos. Sayonara. Gute Nacht.«
Das hatte ich schon einmal gehört. Wenn Morelli einmal in Fahrt war, ging niemand einfach weg. Niemand wollte dann weggehen. Wenn Morelli nackt war, glich er einer Naturgewalt. Natürlich hätte ich ihn bitten können, seine Klamotten anzubehalten, aber das wäre dann doch ein wenig eigenartig gewesen.
»Und was ist mit deinem Bruder?«
»Ich werde die Türen absperren.«
»Hat er keinen Schlüssel?«
Morelli stellte die Mülltüte auf den Boden und stemmte die Hände in die Hüften. »Wirst du mir diesen Gefallen jetzt tun, oder nicht?«
»Klar. Weißt du, wie sie heißt?«
»Ich weiß nur, dass sie nackt ist – und giftig wie eine Schlange.«
Ich stieg die Treppe hinauf, klopfte an Morellis Schlafzimmertür und stieß sie auf. Auf seinem Bett saß tatsächlich eine nackte Frau, und sie wirkte wütend. Sie hatte ihre Arme über ihren großen Brüsten verschränkt und kniff die Augen zusammen. Ihr viel zu oft blondiertes Haar war wild nach oben toupiert und glich einem Rattennest. Sie war Anfang vierzig und ihre Haut so stark solariumgebräunt, dass jeden Moment Krebsgeschwüre hervorbrechen konnten. Ihre Lippen waren von jemandem aufgespritzt worden, der nicht sehr viel davon verstand. Und auf ihrem Arm war eine Spinne tätowiert.
»Was ist los?«, fauchte sie.
»Du liegst im Bett meines Freundes.«
»Er hat gesagt, er sei nicht gebunden. Bist du seine durchgeknallte Ex?«
»Nein. Ich bin seine derzeitige Freundin. Dieses Haus gehört Joe Morelli, und du wartest auf seinen nichtsnutzigen, verheirateten Bruder Anthony.«
»Machst du Witze? Anthony hat mir gesagt, das sei sein Haus.«
»Anthonys Haus liegt etwa eine Viertel Meile von hier entfernt, und dort wohnt seine Frau.«
»Woher soll ich wissen, dass du mir die Wahrheit sagst? Und was tut Anthony hier? Er hat einen Schlüssel zum Haus.«
»Seine Frau hat ihn rausgeworfen, und er sitzt hier fest, bis sie ihn wieder reinlässt.«
»Dann ist er in gewisser Weise doch ungebunden«, meinte sie.
»Er ist verheiratet! Und er hat fünf Kinder.«
»Ja, aber sie hat ihn rausgeworfen.«
Ich hatte das Gefühl, dass wir so nicht weiterkamen. Es wurde Zeit zu improvisieren.
»Ehrlich gesagt wäre seine Frau viel besser dran, wenn du ihn ihr abnehmen würdest«, erklärte ich. »Er kommt jeden Abend besoffen nach Hause und verprügelt sie und die Kinder mit einem Soßenlöffel.«
»Meine Güte«, keuchte sie. »Das ist schrecklich.«
»Und da er immer wieder seinen Job verliert, muss seine Frau nachts in der Knopffabrik arbeiten«, fügte ich hinzu.
»Ich wusste gar nicht, dass sie nachts dort Knöpfe herstellen.«
»Sie putzt dort. Wischt die Böden, macht die Toiletten sauber und solche Sachen.«
»Igitt. Das ist ja noch schlimmer als mein Job.«
»Was machst du denn?«
»Ich arbeite für ein Bauunternehmen. Dort arbeiten nur Arschlöcher.«
»Du hast ihm doch kein Geld gegeben, oder?«
»Doch, ich habe ihm etwas für die Pizza und den Biernachschub gegeben«, erwiderte sie.
»Das war keine gute Entscheidung. Wahrscheinlich hat er das Geld für eine Nutte ausgegeben.«
»Na, ich weiß nicht. Er sah nicht mehr so munter aus, als ich mit ihm fertig war.«
»Mag sein, aber er ist sexsüchtig. Deshalb hat er sich auch schon einige Krankheiten eingehandelt. Er hat ein Kondom benützt, oder? Ich meine, du hast ihn doch
Weitere Kostenlose Bücher